Ausstellung „Christen des Orients. 2.000 Jahre Geschichte“ in Paris eröffnet

Die Staatspräsidenten Macron (Frankreich) und Aoun (Libanon) nahmen die Eröffnung im „Institut du monde arabe“ gemeinsam vor – „Eine Weltpremiere“

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Foto ©: L’Institut du monde arabe

Paris, 27.09.17 (poi) Die großartige Ausstellung „Christen des Orients. 2.000 Jahre Geschichte“ ist seit Montag im „Institut du monde arabe“ (IMA) in Paris zu sehen (bis 14. Januar). Die von den beiden Staatspräsidenten Emmanuel Macron (Frankreich) und Michel Aoun (Libanon) gemeinsam eröffnete Ausstellung zeichnet an Hand von Kunstwerken, von denen die meisten noch nie in Europa zu sehen waren, die Geschichte des Christentums im Nahen Osten nach. „Das ist eine Weltpremiere“, sagte der Präsident des IMA (und frühere französische Kulturminister), Jack Lang. Zum ersten Mal seien die orientalischen Christen im Mittelpunkt einer Ausstellung, die im Hinblick auf Reichtum und Zahl von noch nie gezeigten Exponaten zu den kulturellen Großereignissen der Gegenwart zähle. Das IMA, das sich dem „Kampf gegen die Unwissenheit und die falschen Cliches“ verschrieben habe, öffne mit dieser Ausstellung seine Tore dem orientalischen Christentum, das ein wesentlicher Bestandteil der arabischen Welt sei, so Lang.

Im Zusammenhang mit der Eröffnung der Ausstellung erinnerte Msgr. Pascal Gollnisch, der Direktor des französischen „Oeuvre d’Orient“, daran, dass das Evangelium im heutigen Frankreich (dem damaligen Gallien) in den frühen Jahrhunderten des Christentums von orientalischen Christen verkündet worden sei. Das Mönchtum des Westens sei von den ägyptischen und syrischen Wüstenvätern inspiriert. Auch die christliche Liturgie stamme aus dem Orient. Wörtlich fügte Msgr. Gollnisch hinzu: „Wir sehen die orientalischen Christen heute als Verfolgte, was stimmt, als Migranten, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, was nicht falsch ist, aber manche Leute wollen sie als fünfte Kolonne des Westens im Orient darstellen, was absurd ist: Sie sind seit 2.000 Jahren im Orient zu Hause, sie sind die ursprünglichen Bewohner“.

Eine der Kuratorinnen der Ausstellung, Elodie Bouffard, erläuterte vor Journalisten das Gestaltungsprinzip der Exposition: Es gehe darum, ein Gesamtbild der Geschichte des orientalischen Christentums über 2.000 Jahre hinweg zu zeichnen. Das Publikum könne an Hand exquisiter Exponate – von den berühmten Fresken der Hauskirche in Dura Europos bis hin zu einer kompletten Bibel in aramäischer Sprache – gleichsam mitverfolgen, wie sich im ganzen Orient vom Nil bis zum Oxus dank der Klöster, der Pilgerfahrten, der Verehrung der Märtyrer das Christentum rasch ausgebreitet habe. Auch die islamische Eroberung habe diese Ausbreitung zunächst nicht stoppen können. Erst viel später sei durch die diskriminierende Behandlung der Christen (und Juden) als „Dhimmi“ („schutzbefohlene“ Bürger zweiter Klasse) der Anteil der Christen an der Bevölkerung der nahöstlichen Gebiete gesunken.

Aber auch in osmanischer Zeit habe der kulturelle Einfluss der orientalischen Christen angedauert, betonte Elodie Bouffard, die zweieinhalb Jahre an der Vorbereitung der Ausstellung gearbeitet hat. Eine besondere Rolle hätten zum Beispiel die orientalisch-christlichen Kaufleute gehabt, die in den wichtigen Städten der Levante ihre Kontore unterhielten. Diese gebildete Händlerklasse habe auch eine kulturelle Brückenfunktion wahrgenommen und etwa den Buchdruck im Nahen Osten etabliert. Am Ende des 19. Jahrhunderts hätten diese Christen dann in der „Nahda“, der literarischen und kulturellen Renaissance der arabischen Welt, eine zentrale Rolle gespielt.

In der Ausstellung wird auch die Gegenwart der orientalischen Christen ins Bild gebracht. So sammelte der Korrespondent des „Oeuvre d’Orient“ im Libanon, Vincent Gelot, zwei Jahre lang – von 2012 bis 2014 – Zeugnisse der orientalischen christlichen Gemeinschaften, die ihre Treue zum Evangelium oft mit dem Martyrium bezahlen mussten. Diese Zeugnisse, die den ganzen nahöstlichen Raum umfassen, vom Libanon bis nach Zentralasien, vom Jemen bis nach Ägypten, sind nicht nur in der Ausstellung zu sehen, sie erschienen zugleich als Buch unter dem Titel „Chretiens d’Orient“.

Beeindruckt von der Ausstellung im IMA – nur wenige Schritte von Notre-Dame entfernt – zeigte sich auch der syrisch-orthodoxe Patriarch Mar Ignatius Aphrem II. Zum ersten Mal werde in der großen Öffentlichkeit Licht auf die Geschichte der orientalischen Christenheit geworfen und auf die außerordentliche Rolle, die sie im Nahen Osten im religiösen, politischen, kulturellen und sozialen Bereich gespielt habe und weiterhin spiele. Das syrisch-orthodoxe Patriarchat von Antiochien hat für die Ausstellung kostbare illuminierte Bibelhandschriften zur Verfügung gestellt.