Bulgarien feiert 140. Jahrestag der „Befreiung vom osmanischen Joch“

Moskauer Patriarch Kyrill konzelebriert mit dem bulgarischen Patriarchen Neofit in der Gedenkkirche in Schipka

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Foto: © Администрация на Президента на Република България (Quelle: Wikimedia, Lizenz: Creative Commons Attribution 2.5 Generic)

Sofia-Moskau, 15.02.18 (poi) Mit starken kirchlichen Akzenten begeht Bulgarien am 3. März den 140. Jahrestag der „Befreiung vom osmanischen Joch“. Am 3. März 1878 wurde in San Stefano, einem westlichen Vorort von Konstantinopel, der „Vorfriede von San Stefano“ zur Beendigung des Russisch-Türkischen Kriegs von 1877/78 geschlossen. Dabei wurde auch die Selbständigkeit Bulgariens proklamiert, weswegen der 3. März bis heute der bulgarische Nationalfeiertag ist. Aus Anlass der 140-Jahr-Feiern wird der Moskauer Patriarch Kyrill I. mit einer großen Delegation Bulgarien besuchen. U.a. wird er mit dem bulgarisch-orthodoxen Patriarchen Neofit in der Christi-Geburt-Kirche in Schipka, wo sich die Gedenkstätte für die russischen Soldaten befindet, gemeinsam die Göttliche Liturgie feiern.

Bereits am 4. Jänner hatte Patriarch Neofit einen Dankgottesdienst für die Befreiung Sofias im Zug des Russisch-Türkischen Kriegs gefeiert. Dabei stellte er fest, dass sich „an diesem Gedenktag nicht nur die Bürger von Sofia, sondern alle Orthodoxen Bulgariens vor den zehntausenden von Soldaten – Russen, Bulgaren, Finnen, Rumänen, Weißrussen, Ukrainer – verneigen, die ihr Leben für die Freiheit der Menschen in Bulgarien gegeben haben“. Nach dem Dankgottesdienst führte der Patriarch eine feierliche Prozession durch die Straßen der Stadt; vor den Denkmälern für General Iosef W. Gurko, der Sofia am 4. Jänner 1878 erobert hatte, für den „Zar-Befreier“ Alexander II. und für die bulgarischen Freiwilligen wurden Gebete für die gefallenen Soldaten gehalten.

Der 3. März 1878 hatte eine komplizierte Vor- und Nachgeschichte. Nachdem die osmanische Regierung (die „Hohe Pforte“) 1876 einen Aufstand in Bulgarien blutig niedergeschlagen hatte, erklärten die autonomen Fürstentümer Serbien und Montenegro dem Osmanischen Reich den Krieg. Trotz des Widerstands der europäischen Mächte (vor allem der Briten und der Österreicher und Ungarn) unterstützte Russland die „slawischen Brudervölker“. Im folgenden Russisch-Türkischen Krieg eroberte Russland große Teile der Balkanhalbinsel, lediglich Konstantinopel wurde aus Rücksicht auf die „Mächte“ nicht eingenommen. Großbritannien und Frankreich schickten ihre Mittelmeerflotten an die Dardanellen, um Präsenz zu zeigen. Russland bemühte sich daraufhin, im Frieden von San Stefano schnell klare Verhältnisse zu schaffen, und das Osmanische Reich musste auf die russischen Maximalforderungen eingehen.  Der Frieden von San Stefano bestimmte die sofortige Unabhängigkeit von Serbien, Montenegro und Rumänien. Bulgarien sollte (einschließlich großer Teile von Mazedonien und Thrakien) zwei Jahre unter russischer Besatzung stehen und anschließend ein autonomes, aber dem Osmanischen Reich tributpflichtiges Fürstentum werden.

Die „Mächte“ wollten diese Regelungen aber nicht akzeptieren. Die drohende Kriegsgefahr konnte durch die Einberufung des „Berliner Kongresses“ gebannt werden, der den Frieden von San Stefano praktisch komplett zu Lasten Russlands und Bulgariens revidierte. Bereits damals zeigte sich, dass die mittel- und westeuropäischen Regierungen an den Lebensverhältnissen der orthodoxen Christen auf dem Balkan und in Anatolien keinerlei Interesse hatten, sondern nur ihren geopolitischen Konzeptionen folgten.