„Die Orthodoxie ist keine Ideologie“

Erzbischof Job (Getcha), der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats beim Weltkirchenrat, stellte am „Sonntag der Orthodoxie“ die Bedeutung von „Orthopraxis“, Synodalität und Tradition für das kirchliche Leben von heute klar

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Foto ©: Makarios75 (Quelle: Wikimedia, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Genf, 26.02.18 (poi) Die Orthodoxie ist nicht eine Ideologie, sondern „das Leben in Christus, ein Leben, das sich in der Kirche entwickelt, die durch die Sakramente genährt wird“: Dies betonte der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats beim Weltkirchenrat, Erzbischof Job (Getcha), in seiner Predigt bei der Liturgie zum „Sonntag der Orthodoxie“ im Orthodoxen Zentrum in Chambesy bei Genf, die vom Metropoliten der Schweiz, Jeremie (Caligiorgis), geleitet wurde. Dabei gehe es darum, Christus nicht nur rein intellektuell zu suchen, sondern – im Sinn der „Menschwerdung“ – auch durch die Tat und die Lebenspraxis, betonte der Erzbischof und Theologieprofessor. Denn die „Orthodoxie“ sei immer auch an die „Orthopraxis“ gebunden, die rechte Weise des Handelns. In diesem Sinn dürften die Gläubigen Christus nicht nur in den heiligen Ikonen verehren, sie müssten ihn vielmehr in jedem Menschen erkennen, „auch im Geringsten der Brüder und Schwestern“.

Das sei die eine Botschaft des „Sonntags der Orthodoxie“, an dem der endgültige Sieg der Ikonenverehrer über die häretischen Feinde der Ikonen (die Anhänger des „Ikonoklasmus“) im Jahr 843 gefeiert wird, erinnerte Erzbischof Job. Die zweite Botschaft dieses liturgischen Festes bestehe darin, dass die Lösung jedes Problems im kirchlichen Leben und die Überwindung jeglicher Herausforderung in der „Synodalität der Kirche“ zu suchen sei. Kein Problem könne gelöst werden, wenn auf einseitige Weise persönliche Ansichten und Ideen aufgedrängt werden, indem man sie über verschiedene Medien ausbreitet. Die Lösung sei vielmehr im synodalen Bewusstsein der Kirche zu suchen, ob das jetzt durch regionale oder ökumenische Konzilien oder durch das Heilige und Große Konzil der orthodoxen Kirche geschehe. Alle seien eingeladen, in der synodalen Stimme der Kirche die Stimme Gottes zu hören, „der zu uns spricht und uns einlädt zu allen Zeiten“. Diese Stimme zu hören, verlange freilich die entsprechende „Aufmerksamkeit, Demut und den Gehorsam“.

Der „Sonntag der Orthodoxie“ verweise aber auch auf die Bedeutung der Tradition in der Kirche, so Erzbischof Job. Dabei gehe es nicht um Tradition als etwas „Erstarrtes und Totes“, nicht um Traditionalismus oder engstirnigen Fundamentalismus, sondern um „die Erfahrung des auferstandenen Christus durch das Leben der Kirche, das von Generation zu Generation durch die Feier der Heiligen Mysterien weitergegeben wird“. Das Alter sei aber nicht das einzige Kriterium der Tradition. Denn in der Vergangenheit finde man auch viele Häresien und Irrtümer wie den „Ikonoklasmus“. Mit Recht sage der Heilige Cyprian von Karthago, dass „Alter ohne Wahrheit ein veralteter Irrtum“ sei. Treue zur Tradition könne nicht darauf reduziert werden, alte Elemente oder die Werte der Vergangenheit zu fördern.

Die Kirche lebe die Zeiten hindurch in verschiedenen Umgebungen, Kulturen und Völkern, erinnerte der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats. Sie stelle sich neuen Herausforderungen und neuen Umweltbedingungen, aber ihre Botschaft bleibe dieselbe. Was sie immer und überall auszeichne, sei die Treue zur heilbringenden Botschaft des Evangeliums, wie sie von den Aposteln und den Kirchenvätern übermittelt wurde.