Patriarchenversammlung in Bagdad „vitale Botschaft“ für die orientalischen Christen

Kardinal-Patriarch Mar Louis Raphael Sako hofft, dass das erstmalige Treffen der unierten orientalischen Patriarchen in der irakischen Hauptstadt zu einem „Wendepunkt der Gnade und des Segens“ für die Christen und die anderen Menschen im vielfach heimgesuchten Nahen Osten wird

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Foto: © DoD photo by Navy Petty Officer 2nd Class Dominique A. Pineiro (Quelle: Wikimedia; Lizenz: public domain)

Bagdad, 29.11.18 (poi) Als eine „vitale Botschaft“ für alle Bürger des Irak und des Nahen Ostens hat der chaldäisch-katholische Patriarch, Kardinal Mar Louis Raphael Sako, das Treffen der unierten Patriarchen des Nahen Ostens (CPCO) bezeichnet, das noch bis einschließlich Freitag erstmals in Bagdad stattfindet. Diese Botschaft umfasse die Überwindung der Intoleranz, die Förderung des Dialogs, die Verbreitung der Werte des Friedens und der gleichen Bürgerrechte, die Konsolidierung der Prinzipien der Koexistenz durch Anerkennung und Respekt, was in den orientalischen Gesellschaft vielfach noch fehle.

Die Anwesenheit der Patriarchen der altehrwürdigen unierten Kirchen des Nahen Ostens in Bagdad sei ein Ausdruck der Solidarität, betonte der Kardinal-Patriarch. Dafür seien die Christen des Irak nach den Erfahrungen von Verfolgung, Vertreibung, Verlassenheit, erzwungener Emigration usw. in den letzten 15 Jahren besonders dankbar. Die Patriarchenversammlung zu diesem Zeitpunkt erfülle die Christen im Irak mit Hoffnung und ermutige Familien zur Rückkehr, um in der ursprünglichen Heimat Glaube, Identität, Ethik, Tradition und Sprache hochzuhalten. Er hoffe, dass die Versammlung in Bagdad zu einem „Wendepunkt der Gnade und des Segens“ für die Christen und die anderen Menschen im vielfach heimgesuchten Nahen Osten werden möge: „Wir setzen auf eine bessere Zukunft des Friedens, der Stabilität und des Wohlstands“.

Es gehe um eine „einheitliche Vision“ für einen strategischen Plan der orientalischen Christen, um ihre Existenz und Rolle im Nahen Osten zu festigen, unterstrich Mar Louis Raphael Sako. In diesem Zusammenhang müssten – bei allem Respekt für die unterschiedlichen Ideen und Meinungen –  auch die psychologischen und historischen Barrieren zwischen den einzelnen Kirchen überwunden werden. Die volle Verwirklichung der kirchlichen Einheit entspreche nicht nur dem Wunsch Christi in den Abschiedsreden, sondern sei auch wesentlich, um eine starke Präsenz der orientalischen Christen in der Zukunft angesichts der Herausforderungen von Emigration und religiös verbrämtem Extremismus zu sichern.

Im Geist der „wahren Erneuerung für eine bessere Zukunft“ hoffe er auch, dass die neue irakische Regierung einem „ernsthaften praktischen Plan“ für die Versöhnung der verschiedenen Religionsgemeinschaften und einer Strategie auf der Basis von Bürgerrechten, Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit prioritäre Bedeutung einräumt, sagte der Kardinal-Patriarch. Die Menschen im Irak hätten ein Recht auf ein Leben in Freiheit, Würde und sozialer Gerechtigkeit.

Das Treffen der Patriarchen hatte am Montagabend mit einem vom syrisch-katholischen Patriarchen Mor Ignatius Yousif III. Younan zelebrierten Gedenkgottesdienst für die Opfer des Terroranschlags vom 31. Oktober 2010 auf die syrisch-katholische Marienkathedrale der irakischen Hauptstadt begonnen. Dem islamistischen Terrorakt waren damals 50 Christen, unter ihnen zwei junge Geistliche, zum Opfer gefallen.

„Libanon kann Flüchtlinge nicht auf Dauer aufnehmen“

Der maronitische Patriarch, Kardinal Bechara Boutros Rai, hatte am Flughafen Beirut vor dem Abflug nach Bagdad vor Journalisten berichtet, beim Ad-limina-Besuch in Rom habe er feststellen können, wie sehr „der Libanon, der Nahe Osten und die Ostkirchen dem Papst am Herzen liegen“. Der Kardinal-Patriarch verwies auf das Papstwort über das „kreative Gleichgewicht von Christen und Muslimen“ im Libanon, das „stark wie eine Zeder“ sei. Der maronitische Patriarch unterstrich seine volle Übereinstimmung mit dem libanesischen Präsidenten Michel Aoun, die Bildung einer libanesischen Regierung  sei dringend notwendig und dürfe nicht durch „sektiererische Vetos und Parteiinteressen blockiert werden“.

Im Hinblick auf die dringende Frage der Rückkehr der Flüchtlinge nach Syrien betonte der maronitische Patriarch erneut, dass „internationale Akteure ihre eigenen Interessen verfolgen, wenn sie einen Krieg schüren, terroristische Organisationen unterstützen und sogar Söldner schicken. Es sollte allen  klar sein, dass es um politische und wirtschaftliche Interessen geht. Wenn die Rückkehr der Vertriebenen nicht gefördert wird, geschieht dies, weil man keinen Frieden will“. Patriarch Rai erinnerte daran, dass die internationale Gemeinschaft aufgerufen sei, „die politische Zukunft Syriens  von der Frage der Flüchtlinge und Vertriebenen zu trennen, da diese ein Anrecht darauf haben, in ihre Heimat zurückzukehren“. Wenn man einen Krieg durch Waffenlieferungen und Geld anheize, so Kardinal Rai, dann müsse es auch möglich sein, Flüchtlingen beim Wiederaufbau ihres Lebens zu helfen. Der Libanon könne die Last der syrischen Flüchtlinge nicht allein tragen, dies bedrohe das Land und destabilisiere es wirtschaftlich, politisch und demographisch. Wörtlich meinte der maronitische Patriarch: „Wenn man glaubt, mit den syrischen Flüchtlingen das tun zu können, was mit den Palästinensern gemacht wurde, die seit 70 Jahren unter verheerenden Bedingungen in Flüchtlingslagern leben, dann dürfen wir das nicht akzeptieren“.

Syrisch-katholischer Patriarch besucht Assad

Vor dem Abflug nach Bagdad hatte der syrisch-katholische Patriarch Mor Ignatius Yousif III. Younan mit Mitgliedern seines Heiligen Synods den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad aufgesucht, wie die katholische Nachrichtenagentur „Fides“ berichtete. Nach Angaben der syrischen staatlichen Nachrichtenagentur SANA gratulierte der Patriarch dem Staatschef „zum Sieg über die Terroristen“, die Syrien in den Jahren des Konflikts angegriffen hätten. Er hoffe, dass der Weg, den Terrorismus zu besiegen und Syrien gemäß den Erwartungen und Bedürfnissen des syrischen Volkes wiederaufzubauen, zu Ende gegangen werde, so der Patriarch.

Bei seinem Besuch in Damaskus traf Mor Ignatius Yousif III. Younan auch mit dem sunnitischen Großmufti  Ahmad Badr-ed-din Hassoun zusammen, dem gegenüber er die Syrer als Beispiel „authentischer Brüderlichkeit“ bezeichnete.