“Verhältnis von Primat und Synodalität neu denken”

“Gemeinsamer orthodox-katholischer Arbeitskreis St. Irenäus” verabschiedete in Graz wesentliches ökumenisches Dokument über “Dienst an der Gemeinschaft”

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Foto: © de:user:Dr. Marcus Gossler (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Graz, 24.10.18 (poi) Auf Einladung der Diözese Graz-Seckau und der Universität Graz kam der „Gemeinsame orthodox-katholische Arbeitskreis St. Irenäus“ von 17. bis 21. Oktober in Graz  zu seiner 15. Jahrestagung zusammen. Am 18. Oktober verabschiedete der Arbeitskreis einstimmig das Dokument „Im Dienst an der Gemeinschaft. Das Verhältnis von Primat und Synodalität neu denken“, das während der letzten Jahre erarbeitet worden ist. Der Irenäus-Arbeitskreis hofft, dass dieser Text einen Beitrag zum theologischen Dialog zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche leisten wird. Am selben Abend fand die öffentliche Präsentation des Dokuments im Meerscheinschlössl der Universität Graz statt. Nach Grußworten des Grazer Bischofs Wilhelm Krautwaschl und des Vizedekans der Grazer Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Rainer Bucher, gab es zwei Vorträge des Wiener serbisch-orthodoxen Bischofs Andrej (Cilerdzic) und von Bischof Gerhard Feige (Magdeburg). Die englische Fassung des neuen St. Irenäus-Dokuments ist online verfügbar unter: http://www.moehlerinstitut.de/pdf/texte/kommuniques/2018_graz_serving_communion.pdf.

Während ihrer Tagung hatten die Mitglieder Gelegenheit, Kollegen und Studenten der Theologischen Fakultät und Vertreter des Ökumenischen Forums Christlicher Kirchen in der Steiermark zu treffen. Der Arbeitskreis erörterte Möglichkeiten, das gerade verabschiedete Dokument in wissenschaftlichen Kreisen und unter den Kirchen bekannt zu machen. Die Gruppe entschied, gedruckte Broschüren der englischen, deutschen und französischen Fassungen des Dokuments zu erstellen und so bald wie möglich für Übersetzungen in verschiedene andere (vor allem östliche) Sprachen zu sorgen.

Die Mitglieder des Irenäus-Arbeitskreises tauschten sich über zwei Vorträge aus, die sich noch einmal mit der Frage von Synodalität und Primat befassten, um die bisherige Arbeit weiter zu vertiefen. Den ersten Vortrag hielt Nikolaos Loudovikos unter der Überschrift „Christologischer oder analogischer Primat: Kirchliche Einheit und universaler Primat in der Orthodoxen Kirche“. Loudovikos unterstrich den einzigartigen Primat Christi und sein Verhältnis zu den ekklesiologischen Begriffen des Primats und der Konziliarität. Der zweite Vortrag von Thomas Bremer trug den Titel „Synodalität in der katholischen Kirche. Realität und Perspektiven“. Bremer erörterte die synodale Struktur in der katholischen Kirche und stellte Überlegungen zu den möglichen Auswirkungen der Änderungen an, die Papst Franziskus in Bezug auf die Bischofssynode eingeführt hat.

Ausführlich wurde über die aktuelle Krise in der Orthodoxie zwischen den Patriarchaten von Konstantinopel und Moskau wegen des Ukraine-Konflikts diskutiert. Der Austausch fand in einer sehr aufgeschlossenen und brüderlichen Atmosphäre statt. Danach ging es um die künftige Tätigkeit des Irenäus-Arbeitskreises. Es wurde beschlossen, sich auf Fragen der Einheit und des Schismas zu konzentrieren und diesbezüglich Fallstudien durchzuführen und verschiedene Einheitsmodelle sowie die relevante Terminologie zu erforschen.

Dem orthodox-katholischen Arbeitskreis St. Irenäus gehören 26 Theologen an, 13 Orthodoxe und 13 Katholiken aus mehreren europäischen Ländern, dem Nahen Osten und Nord- und Südamerika. Er wurde 2004 in Paderborn (Deutschland) gegründet und hat sich seither in Athen (Griechenland), Chevetogne (Belgien), Belgrad (Serbien), Wien (Österreich), Kiew (Ukraine), Magdeburg (Deutschland), St Petersburg (Russland), Bose (Italien), Saloniki (Griechenland), Rabat (Malta), Chalki (Türkei), Taizé (Frankreich) und Caraima (Rumänien) getroffen. In Graz wurde beschlossen, die Einladung der serbisch-orthodoxen Diözese von Zahum und Hercegovina anzunehmen, im Oktober 2019 im bosnisch-hercegovinischen Trebinje zusammenzutreffen.

Das Treffen im diözesanen Bildungshaus Mariatrost wurde von dem katholischen Ko-Präsidenten des Arbeitskreises, Bischof Gerhard Feige von Magdeburg, und seinem neuen orthodoxen Ko-Präsidenten, dem rumänischen Metropoliten Serafim (Joanta) von Zentraleuropa, geleitet. Bei der Eröffnungssitzung im Rathaus der Stadt Graz am Mittwochabend, 17. Oktober, wurde der Irenäus-Arbeitskreis von Peter Piffl-Percevic (Mitglied des Grazer Stadtrats und Vorsitzender der Sektion Graz der Stiftung „Pro Oriente“) willkommen geheißen. Im Verlauf der Tagung nahmen die Mitglieder des St. Irenäus-Kreises an Morgengebeten in beiden Traditionen teil. Am Samstagabend, 20. Oktober, feierte Bischof Gerhard Feige die Heilige Messe in der Wallfahrtsbasilika Mariatrost, am Sonntag besuchten die Teilnehmer die von Metropolit Serafim geleitete Göttliche Liturgie in der rumänisch-orthodoxen Pfarrgemeinde Graz.