„Wir freuen uns auf den Besuch des äthiopisch-orthodoxen Patriarchen“

„Pro Oriente“-Präsident Kloss unterstreicht positive Konsequenzen der ersten wissenschaftlichen Konferenz über die Beziehungen zwischen äthiopisch-orthodoxer und römisch-katholischer Kirche

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Foto: © Mark Neyman / Government Press Office (Israel) (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Wien-Addis Abeba, 10.05.19 (poi) „Wir freuen uns auf den Wien-Besuch des äthiopisch-orthodoxen Patriarchen Mathias I.“: So umreißt „Pro Oriente“-Präsident Alfons M. Kloss eines der greifbaren Ergebnisse der jüngsten ökumenischen wissenschaftlichen Konferenz über die Beziehungen zwischen äthiopisch-orthodoxer und römisch-katholischer Kirche. Bei der Konferenz in Addis Abeba in den ersten Mai-Tagen wurden die beiden historischen Entwicklungen analysiert, die bis heute die Beziehungen der beiden Kirchen überschatten: Die Unionsversuche des 16./17. Jahrhunderts und die Haltung der katholischen Kirche zum Eroberungskrieg Mussolinis im 20. Jahrhundert. Präsident Kloss und der Salzburger Ostkirchenexperte Prof. Dietmar W. Winkler – der unter dem Titel „Auf dem Weg zu Versöhnung und Einheit“ in Addis Abeba eines der zentralen Referate hielt – waren zum Abschluss Gäste des äthiopisch-orthodoxen Patriarchen. Dabei wurde deutlich,  dass man in Addis Abeba sehr daran interessiert ist, der 2016 von einer österreichischen Delegation unter Leitung von „Ökumene-Bischof“ Manfred Scheuer überbrachten Einladung von Kardinal Christoph Schönborn so bald wie möglich zu entsprechen. Patriarch Mathias I. habe sowohl die Wertschätzung der globalen Rolle der katholischen Kirche mit Papst Franziskus an der Spitze als auch die Verbundenheit mit „Pro Oriente“ betont, so Kloss.

Als ebenso wichtig erachtet der „Pro Oriente“-Präsident die Tatsache, dass bei der – insbesondere auf Initiative des katholischen Erzbischofs von Addis Abeba, Kardinal Berhaneyesus D. Souraphiel, zustande gekommenen – Konferenz ausdrücklich beschlossen wurde, die Arbeit zur historischen Klärung der „Verwerfungen“ im Verhältnis von äthiopisch-orthodoxer und römisch-katholischer Kirche durch eine „Steering group“ fortzusetzen. Dies könne ein erster Schritt im Hinblick auf eine „Kommission für eine gemeinsame Interpretation der äthiopischen Kirchengeschichte“ sein, die Prof. Winkler in seinem Referat angeregt hatte. Eine solche Kommission müsse vor allem von orthodoxen und katholischen Historikern und Theologen aus Äthiopien getragen werden, die auch durch „Wissenschaftler von außen“ unterstützt werden könnten. „Pro Oriente“ habe Erfahrung mit solchen Initiativen, etwa im Hinblick auf die Einbeziehung von kroatischen Katholiken und serbischen Orthodoxen in die Jugoslawien-Kriege der 1990er-Jahre oder im Zusammenhang mit den Studien über die Kirchenunionen in Rumänien und der Ukraine. Neben wissenschaftlichen Kenntnissen benötige eine solche Kommission vor allem „Geduld, Ausdauer, gemeinsames Verständnis und den Willen zur Versöhnung“.

Prof. Winkler habe in Addis Abeba deutlich herausgearbeitet, dass der ökumenische Dialog nicht nur „isoliert theologisch“ gesehen werden dürfe, ebenso wichtig sei der Kontext der „nichttheologischen Faktoren“ wie gegenseitige Besuche, vertrauensbildende Maßnahmen, Beachtung des wechselnden historischen und politischen Kontexts. Das letzte Ziel der völligen Einheit sei nicht durch einen „linearen Prozess theologischer Diskussionen und gemeinsamer Kommuniques“ erreichbar, sondern hänge auch von sehr praktischen Errungenschaften auf lokaler und regionaler Ebene ab. Mit Recht habe Prof. Winkler darauf hingewiesen, dass es einen dringenden Bedarf nach ökumenischen pastoralen Lösungen „vor der Entdeckung der vollen Gemeinschaft“ gebe. In diesem Sinn sei auch das Plädoyer des Salzburger Ostkirchenexperten für ein lokales „Äthiopisches Ökumenisches Konzil“ zu verstehen, um zu ergründen, wo gemeinsames Zeugnis und pastorale Zusammenarbeit möglich sind „oder um zumindest einander besser kennen zu lernen“.

Als wesentlich für den Erfolg der Konferenz in Addis Abeba bezeichnete der „Pro Oriente“-Präsident die Präsenz von Erzbischof Silvano Tomasi (der viele Jahre Apostolischer Nuntius in der äthiopischen Hauptstadt war, ehe er bis zu seiner Emeritierung Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UNO in Genf wurde) und von Kurienerzbischof Cyril Vasil, dem Sekretär des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen. Erzbischof Vasil habe eine wichtige Botschaft von Papst Franziskus überbracht. Alle seien sich einig gewesen, dass die „Heilung der historischen Wunden“ von größter Bedeutung sei und dass sich vor der Versöhnung der „Wille zur Wahrheit“ durchsetzen müsse.