6. “Colloquium Syriacum”: “Es war eine tiefe Freude”

25-Jahr-Jubiläum des “Syrischen Dialogs” von “Pro Oriente” – Wortlaut der Schlusserklärung des “Colloquiums” – “Hilfe für die Christen der syrischen Tradition, ihr reiches Erbe gemeinsam besser zu bewahren”

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Foto: © Peter Gugerell (Quelle: Wikimedia, Lizenz: public domain)

Wien, 30.11.19 (poi) “Es war eine tiefe Freude”: So definierte “Pro Oriente”-Generalsekretär Bernd Mussinghoff das 6. “Colloquium Syriacum” von “Pro Oriente”, an dem Repräsentanten und Repräsentantinnen von zehn Kirchen der Syrischen Tradition im Wiener Pallotti-Haus teilnahmen. Das 6. “Colloquium Syriacum” mit dem Titel „Mit Hoffnung in die Zukunft – Miteinander und gemeinsames Zeugnis der Kirchen der Syrischen Tradition“ stand zugleich im Zeichen des 25-Jahr-Jubiläums des „Syrischen Dialogs“ von „Pro Oriente“ (der ersten und einzigen Initiative, bei der Vertreter aller Kirchen der Syrischen Tradition an einem Tisch sitzen). Der „Pro Oriente“-Informationsdienst (poi) veröffentlicht die Schlusserklärung des 6. „Colloquium Syriacum“ im Wortlaut:

  1. Das 6. „Colloquium Syriacum“ von „Pro Oriente“ fand von 25. bis 28. November 2019 im Pallottihaus in Wien aus Anlass des 25-Jahr-Jubiläums des „Syrischen Dialogs“ von „Pro Oriente“ statt. Um die ökumenischen Beziehungen zu erleichtern und die Solidarität zwischen den Kirchen zu stärken, lud „Pro Oriente“ Mitglieder aus den verschiedenen Kirchen der syrischen Tradition ein: Assyrische Kirche des Ostens, Syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien, Malankarisch orthodox-syrische Kirche, Chaldäisch-katholische Kirche, Maronitische Kirche, Syrisch-katholische Kirche, Syro-malabarische Kirche, Syro-malankarische Kirche und Malankarische Mar-Thoma-syrische Kirche. Der Vertreter der Alten Kirche des Ostens konnte leider nicht teilnehmen. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler verschiedener Universitäten und des Nahöstlichen Kirchenrates (MECC) sowie ein Vertreter von „Missio“-Aachen und ein Beobachter des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

    2. Jede Sitzung begann mit einem kurzen Gebetsgottesdienst, der auf dem für die Gebetswoche für die Einheit der Christen vorbereiteten Material beruhte. Bei der Eröffnungssitzung wurden Gruß- und Unterstützungsschreiben von Kardinal Christoph Schönborn (Erzbischof von Wien), Katholikos-Patriarch Mar Gewargis III. Sliwa (Assyrische Kirche des Ostens), Patriarch Moran Mor Ignatios Aphrem II. (Syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien), Kardinal-Patriarch Mar Louis Raphael I. Sako (Chaldäisch-katholische Kirche), Metropolit Joseph Mar Thoma (Malankarische Mar Thoma-syrische Kirche) und Kardinal Kurt Koch (Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen) vorgelesen. „Pro Oriente“-Präsident Dr. Alfons M. Kloss begrüßte die Teilnehmenden aus Australien, Österreich, Deutschland, Großbritannien, Indien, Jordanien, Jerusalem, dem Libanon, den Niederlanden, Syrien, den USA und dem Vatikan herzlich. Er betonte den Reichtum der syrischen Tradition und die Einzigartigkeit des syrischen Dialogs von „Pro Oriente“, indem er sich an den Beginn im Jahr 1994 erinnerte. U.a. verwies er auf den maronitischen Metropoliten von Beirut, Boulos Matar, P. Geevarghese Chediath von der Syro-malankarischen Kirche und P. Frans Bouwen M.Afr. sowie auf den schmerzlich vermissten syrisch-orthodoxen Metropoliten von Aleppo, Mor Gregorios Youhanna Ibrahim, als Gründungsmitglieder der „Syrischen Kommission“ von „Pro Oriente“ vor 25 Jahren.

  2. Am 26. November 2019 fand im Schottenstift ein öffentlicher Abend zum Thema „Lebendiges Kulturerbe in Gefahr. Das syro-aramäische Christentum zwischen Auswanderung und Assimilation“ statt. In seiner Begrüßungsansprache verwies der Präsident von „Pro Oriente“, Dr. Alfons Kloss, auf den ökumenischen Dialog zwischen den Kirchen der syrischen Tradition, der vor 25 Jahren von „Pro Oriente“ eingeleitet wurde und weitergeht. Danach erinnerte der emeritierte maronitische Erzbischof von Beirut, Mar Boulos Matar, der von Anfang an ein konstitutives Mitglied des Gründungskomitees des „Syrischen Dialogs“ war, an die Pionierrolle von Kardinal Franz König. Ebenso dankte er den früheren Präsidenten Alfred Stirnemann und Dr. Johann Marte. Die Vorträge wurden von den Professoren Dr. Martin Tamcke („Christsein in der arabischen Welt“) und Dr. Theresia Hainthaler („Die syrische Tradition und ihre Bedeutung für Theologie, Wissenschaft und Ökumene“) gehalten. Unter der Moderation von Prof. Dietmar W. Winkler diskutierten Bischof Mar Antoine Audo SJ, Bischof Mar Awa Royel, Dr. Erica C. D. Hunter und Dr. Wafa Goussous über „Christen im Nahen Osten: Herausforderungen und Zukunftsperspektiven“. Die Teilnehmer hatten auch die Möglichkeit, die Österreichische Nationalbibliothek mit einer exklusiven Ausstellung ausgewählter Manuskripte, Drucke und Faksimiles aus der syrischen Tradition am 28. November 2019 zu besuchen und an einem internationalen Symposion der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am 29. November 2019 zum Thema „Mittelalterliches Turfan – Eine Oase für das Christentum?“ teilzunehmen.

 

  1. Beim 6. „Colloquium Syriacum“ standen die konkreten pastoralen Realitäten und das Zusammenleben im Nahen Osten, in Indien und in der Diaspora im Vordergrund. Prof. Dietmar W. Winkler gab eine „Einführung in das 6. ‚Colloquium Syriacum‘ im Kontext des seit 25 Jahren bestehenden ‚Syrischen Dialogs‘ von ‚Pro Oriente‘“. Der emeritierte Metropolit Mar Boulos Matar präsentierte ein Papier mit dem Titel „Für die Bruderschaft der Menschen und den Frieden in der Welt und die soziale Harmonie zwischen ihren Völkern“, in dem die gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus und Großimam Ahmad Al-Tayyeb kontextualisiert wurde. In der Sitzung zum Thema „Ernten der Früchte: Bereits bestehende Pastoralvereinbarungen“ stellte P.. Frans Bouwen M.Afr. die Situation im Nahen Osten dar und P. Philip Nelpuraparampil jene  in Indien. In der Sitzung zum Thema „Ökumene des Lebens: Pastoralvereinbarungen und pastorale Praxis in Fallstudien“ präsentierte Dr. Wafa Goussous einen Vortrag zum Thema „Gemeinsames christliches Zeugnis und ökumenische Zusammenarbeit in Jordanien“, während Metropolit Mor Theophilos Kuriakose eine Fallstudie zu Indien vorlegte. Mor Polycarpus Augin Aydin stellte seine Studie über die Situation der europäischen Diaspora dar. In der Sitzung „Gemeinsame Herausforderungen und Chancen“ analysierte Bischof Mar Antoine Audo SJ die Situation in Syrien, P. Baby Varghese jene in Indien, Bischof Mar Awa Royel untersuchte die Diaspora in den Vereinigten Staaten. Diese wesentlichen Beiträge und die fruchtbaren Diskussionen werden kurz wie folgt vorgestellt:

    5. Prof. Dietmar W. Winkler beschrieb den beachtlichen Fortschritt des 25-jährigen syrischen Dialogs, wobei er drei Perioden unterschied: a) Christologie im historischen Kontext b) Sakramentale Theologie, c) Gemeinsames Anliegen und Seelsorge. Er unterstrich die inoffizielle Arbeit von „Pro Oriente“, das als „Labor für Einheit“ angesehen werden kann. Das Papier wies darauf hin, dass es einer Einheit der Kirchen bedarf, die den Reichtum der verschiedenen Traditionen erkennt und daher keine theologische und rituelle Einheitlichkeit haben muss. Er hob hervor, dass die Frage der Macht überholt sein sollte und keine kirchliche Unterordnung zu fordern sei.

    6. Erzbischof Mar Boulos Matar stellte Reflexionen über die gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus und Großimam Ahmad Al-Tayyeb (Al-Azhar) in Abu Dhabi, die am 4. Februar 2019 unterzeichnet wurde. Dieses historische Dokument „„Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“.“ stellt eine reiche und vielversprechende neue Vision dar, indem erklärt wird, dass die menschliche Brüderlichkeit keine religiösen oder kulturellen Grenzen hat, sondern universell ist und nach dem Willen Gottes, dem Schöpfer von allem, verwirklicht werden muss. Die Erklärung fordert Muslime und Christen auf, gemeinsam für eine Kultur des Friedens und des Zusammenlebens einzutreten. Zwei praktische und historisch-theologische Aspekte wurden diskutiert. Erstens bieten die Kirchen der syrischen Tradition im besonderen historischen Fall des Libanon die gemeinsame Erfahrung eines nationalen Pakts der „Staatsbürgerschaft“ für alle, mit gleichen Rechten und Pflichten in der Regierung und in anderen Facetten des Lebens. Zweitens haben die jüngsten Forschungen zur Geschichte der muslimisch-christlichen Beziehungen zu den Ursprüngen des Islam geführt. In Medina erarbeitete Mohammed die erste islamische Verfassung, in der er feststellte, dass Christen und Muslime derselben „Nation“ (arab. „Umma“) angehörten. Die Verfassung von Medina wurde zwar nur kurz umgesetzt; aber umso mehr sollte ihre Existenz und Bedeutung hervorgehoben werden.

 

  1. P. Frans Bouwen sprach über bereits bestehende pastorale Vereinbarungen im Nahen Osten. Nachdem er sich kurz auf ihre zugrunde liegenden theologischen Prinzipien (Einheit im Glauben, Einheit in den Sakramenten und Einheit in der gemeinsamen Entscheidungsfindung oder im synodalen Leben) bezogen hatte, stellte er sechs pastorale Vereinbarungen zwischen verschiedenen Kirchen vor, die vor allem, aber nicht nur, Eucharistie, Buße und Krankensalbung betreffen. Alle Vereinbarungen beziehen sich auf die pastoralen Bedürfnisse. In diesem Zusammenhang wurde gefragt, ob wir heute nicht in einem ständigen Zustand der Not oder Dringlichkeit leben, und was das theologisch bedeutet. Das Papier unterstrich die Bedeutung des Lebens und der lebendigen Ökumene, wo praktische Erfahrungen der Gemeinschaft oft der offiziellen Anerkennung vorausgehen. Aufmerksamkeit wurde der „Ökumene des Blutes“ geschenkt, in der Glieder verschiedener Kirchen in ihrem Leib das österliche Geheimnis Christi leben. Sie würden jedoch nicht in der Lage sein, gemeinsam das sakramentale Zeichen dieses Geheimnisses, die Eucharistie, zu feiern. Während alle Getauften eine „vertikale“ Gemeinschaft im trinitarischen Leben leben können, sei die „horizontale“ Gemeinschaft unter Christen und Kirchen nicht sichtbar. Aus all diesen Gründen sind neue Formen der theologischen Reflexion, insbesondere ein dynamischet Ökumenismus, dringend erforderlich.

 

  1. P. Philip Nelpuraparampil präsentierte pastorale Vereinbarungen mit Schwerpunkt auf Indien. Er befasste sich mit den Vereinbarungen zwischen der syrisch-orthodoxen und der katholischen Kirche, stellte die beiden Erklärungen von 1971 und 1984 vor und befasste sich mit der Frage der pastoralen Zusammenarbeit und insbesondere mit Vereinbarungen über die Eheschließung und die gemeinsame Nutzung von heiligen Stätten. In Bezug auf die Malankarische orthodox-syrische Kirche verwies das Papier auf die Bedeutung des Besuchs von Katholikos Baselios Marthoma Mathews I. bei Papst Johannes Paul II. in Rom 1983 und des Papstbesuches in Indien drei Jahre später, was schließlich 1989 zur Einrichtung einer gemeinsamen Kommission für den theologischen Dialog zwischen den beiden Kirchen führte. Diese Kommission trat zum ersten Mal in Kottayam zusammen und entwarf 1990 eine gemeinsame christologische Erklärung. Diese bestätigt den gemeinsamen Glauben mit dem gleichen Inhalt, bei der „Formulierung dieses Inhalts“ seien aber „Unterschiede in Terminologie und Betonung aufgetreten… Diese Unterschiede können in derselben Gemeinschaft koexistieren und müssen und sollten uns daher nicht trennen“. In den folgenden Sitzungen genehmigte die Kommission auf der Grundlage der Glaubensidentität Vereinbarungen zur gemeinsamen Nutzung von Kirchen und Friedhöfen (2011) und zur gemeinsamen Teilhabe an Eucharistie, Buße und Krankensalbung in bestimmten Notsituationen (2012).

    9. Dr. Wafa Goussous beschrieb die besondere Situation der Christen in Jordanien, wo trotz einiger fundamentalistischer Bedrohungen eine Atmosphäre relativer Freiheit und Sicherheit herrscht. Insgesamt haben die Kirchen in Jordanien und im Heiligen Land in den letzten Jahren der Herausforderungen, die derzeit die gesamte Region betreffen, von ihrer Einheit profitiert. Christen in Jordanien gehören verschiedenen Konfessionen an, hauptsächlich den Antiochenisch-Orthodoxen, aber auch Orientalisch-Orthodoxen, Katholiken und Evangelischen. Zur christlichen Gemeinschaft gehören irakische und syrische Flüchtlinge sowie ägyptische koptische Migranten. Ein besonderes Thema für Christen in Jordanien ist die Feier von Weihnachten und das Fest der Auferstehung (Ostern) nach verschiedenen Kalendern. Die Kirche hat eine Autonomie hinsichtlich des Familienrechts, mit Ausnahme des Erbschaft, das der Scharia folgt. Der orthodoxe Patriarch der Heiligen Stadt Jerusalem, Theophilos III., hat eine Kommission eingesetzt, die zum ersten Mal in der Geschichte Jordaniens versuchen wird, das byzantinische Familiengesetz zu reformieren, das bisher den Bereich Familie für die Christen der Levante geregelt hat. Diese Kommission hat ihre Arbeit aufgenommen; Ergebnisse sind in naher Zukunft zu erwarten.

    10. Metropolit Mor Theophilos Kuriakose verwies auf die pastoralen Vereinbarungen in Indien. Nach einer langen Zeit der Trennung begann nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine neue Ära der Ökumene zwischen der syrisch-orthodoxen und der katholischen Kirche. Zusammen mit den gemeinsamen Erklärungen der Oberhäupter der katholischen und der syrischen Kirche von 1971 und 1984 führte die Bildung einer regionalen bilateralen Dialogkommission 1990 zur Definition neuer Bereiche der Beziehungen und der Zusammenarbeit zwischen den beiden Kirchen und brachte viele Früchte. Dies betrifft insbesondere Fälle der gemeinsamen Teilhabe an einigen Sakramenten und heiligen Orten sowie der gemischtkonfessionellen Eheschließungen. Eine fruchtbare ökumenische Zusammenarbeit (insbesondere in Bezug auf Medien, Jugendprogramme und christliche Erziehung) findet zwischen syrischer und katholischer Kirche in Indien statt. In dieser Hinsicht ist die ökumenische Ausbildung von Geistlichen von hoher Relevanz.

 

  1. 11. Metropolit Mor Polycarpus Augin Aydin bot eine Fallstudie zur Diaspora in Europa. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts wurde die syrisch-orthodoxe Gemeinschaft in der Diaspora größer als die Kirche in der historischen Heimat. Die bemerkenswerten ökumenischen Erklärungen von 1971 und 1984 haben auch erhebliche ökumenische Auswirkungen auf die Diaspora. Die Diaspora konnte durch Bildungsprogramme und pastorale Zusammenarbeit Fortschritte machen, Mischehen und die Integration in die westlichen Gesellschaften machen deutlich, wie das ökumenische Leben im Westen fortgeschritten ist. Darüber hinaus hätten die gegenwärtigen Kriege im Nahen Osten die Gemeinschaft in der Diaspora ermutigt, sich solidarisch mit den Flüchtlingen und den Gemeinschaften im Heimatland zu zeigen.

    Bischof Mar Antoine Audo SJ behandelte die Herausforderungen und Chancen für die Christen in Syrien. In Bezug auf die soziale Situation dort beobachtet er den starken Einfluss der Globalisierung und der Moderne auf die Gesellschaften des Nahen Ostens, was religiöse und kulturelle Veränderungen verursacht hat. Die Mehrheit der muslimischen Bevölkerung Syriens respektiert und schätzt die christliche Präsenz. Christliche Konfessionen rücken aufgrund der Globalisierung und der gemeinsamen Erfahrung des Zusammenlebens mit Muslimen näher zusammen. Angesichts des stetigen Rückgangs ihrer Zahlen im Nahen Osten besteht die größte Herausforderung für die Christen in dieser Region darin, zu überleben. Innerhalb der christlichen Gemeinschaften wird die kirchliche Hierarchie durch den gesellschaftlichen Trend zur Säkularisierung herausgefordert. Die Emigration in den Westen übt eine starke Anziehungskraft auf alle Syrer aus. Vor diesem Hintergrund wird eine „Theologie der Religionen“ für die Christen im Nahen Osten notwendig. Als Grundlage für diesen Ansatz dient Paul Tillich – in der Interpretation von Bischof Jean-Marc Aveline. Nach Tillichs Ansatz sollte das Christentum die „Religion“ überschreiten, um „geistige Freiheit zu erlangen, die ihm eine Vision der Gegenwart des Göttlichen in anderen Ausdrucksformen der letztendlichen Bedeutung der menschlichen Existenz“ in der Begegnung mit anderen Religionen gibt. Audo plädiert für eine positive Bewertung der Moderne, insofern sie dazu beiträgt, die Beziehung zwischen verschiedenen religiösen und ethnischen Gemeinschaften zu verbessern. Die auf die arabische Literatur, die Koranexegese und die mystische Tradition angewandten Humanwissenschaften sind alle Denkanstöße, mit denen Christen zur Förderung der Gewissensfreiheit, des Gemeinwohls, der Staatsbürgerschaft und des Friedens beitragen können.

 

  1. P. Baby Varghese berichtete über die Arbeit der Kommission für den 1988 gestarteten Dialog zwischen der katholischen Kirche und der Malankarischen orthodox-syrischen Kirche, die seit 1989 ökumenische Dialoge im Geiste der Liebe und des gegenseitigen Respekts führte und zum Aufbau gegenseitigen Vertrauens beitrug. Die Führungspersönlichkeiten der verschiedenen Kirchen treffen zusammen, wenn ihr gemeinsames Interesse bedroht ist. Die größte Herausforderung für die christlichen Kirchen in Indien ergibt sich aus der Tatsache, dass Christen in Indien eine Minderheit sind und Teile der hinduistischen Mehrheit derzeit eine eher intolerante und nationalistische Haltung einnehmen. Weitere Herausforderungen ergeben sich aus demografischen Faktoren: Das Bevölkerungswachstum der Christen liegt unter dem nationalen Durchschnitt, und insbesondere in Kerala ist das Bevölkerungswachstum der Christen rückläufig. Ein weiterer Verlust, den die Kirchen der syrischen Tradition in Indien (insbesondere die nicht-katholischen Kirchen) erleiden, ist die Hinwendung einer beträchtlichen Anzahl syrischer Christen zu pfingstlichen und evangelikalen Gruppen, was teilweise mit sozialen Problemen zusammenhängt. Die Gemeinsame Kommission hat vorgeschlagen, die ökumenische Zusammenarbeit zu stärken (z. B. eine ökumenische Übersetzung der Bibel, die Übersetzung ausgewählter liturgischer Texte und die Kooperation im Bildungsbereich). Die Arbeit ist im Gange.

    14. Bischof Mar Awa Royel beschrieb die verschiedenen Zeiten der Auswanderung assyrischer Christen aus dem Irak, dem Iran und Syrien, angefangen von den Massakern von Simele (Irak) im Jahr 1933 bis heute, die zur Entstehung einer Immigrantenkirche hauptsächlich in den USA und Kanada führten, in gewissem Umfang auch in Australien und Europa. Die Existenz der Kirche des Ostens als Immigrantenkirche in Nordamerika führt zu verschiedenen ernsten Herausforderungen, die sich in drei Hauptbereichen zusammenfassen lassen: 1) Die kulturelle Assimilation der jüngeren Generationen: Einerseits wollen die assyrischen Christen ihre assyrische Identität in der nordamerikanischen Diaspora erhalten, sowohl kirchlich als auch ethnisch. Andererseits möchten sie von der größeren demokratischen Gesellschaft der Vereinigten Staaten akzeptiert werden. Priester und andere Kleriker der Assyrischen Kirche in Nordamerika wurden hauptsächlich aus dem Nahen Osten importiert. 1999 wurde der erste in Amerika geborene assyrische Priester geweiht. 2) Die Erhaltung der Umgangs- und liturgischen Sprache: Die Liturgie wird in einigen nordamerikanischen Pfarren auf Englisch gefeiert, obwohl es eigentlich nur assyrische Pfarren gibt. 3) Die Frage nach der Identität einer Ostkirche im westlichen Kontext bezieht sich auf die Herausforderung einer ethnischen Kirche, ihr Erbe in der Diaspora zu bewahren. Die Herausforderungen für die syrischen Kirchen können besser bewältigt werden, wenn der ökumenische Dialog zu starken kirchlichen Beziehungen zwischen den Kirchen der syrischen Tradition führt, die es ihnen ermöglichen, sich auf das zu konzentrieren, was sie gemeinsam haben, anstatt auf das, was sie unterscheidet.

 

  1. Auf der Grundlage dieser Papiere und Diskussionen schlägt das 6. „Colloquium Syriacum“ Folgendes vor:
    a) Entwicklung neuer theologischer Ansätze unter Berücksichtigung bereits bestehender pastoraler Vereinbarungen und der von den Gläubigen verschiedener Kirchen gelebten Realität.
    b) Entwicklung einer fundierten „Theologie der Religionen“, die die Erfahrungen im Nahen Osten und in Indien berücksichtigt.
    c) Verbreitung der bereits bestehenden Pastoralvereinbarungen unter Führungskräften und Multiplikatoren, z. Bischöfen, Klerikern, Lehrern, Seelsorgern und Studenten durch Vorträge, Veröffentlichungen, regionale Symposien und durch die Entwicklung von Strategien im „Social media“-Bereich.
    d) Einladung an die Kirchen der syrischen Tradition, gemeinsame Grundlinien in Sachen Ehe auf theologischer, kanonischer und pastoraler Ebene zu erarbeiten und dabei Ähnlichkeiten und Unterschiede aufzuzeigen.
  2. e) Das vielversprechende Potenzial des kirchlichen Austauschs zwischen der Assyrischen Kirche des Ostens und der Chaldäisch-katholischen Kirche unter der Schirmherrschaft eines inoffiziellen „Pro Oriente“-Komitees der ostsyrischen Tradition wiederzubeleben und dabei auch die Syro-malabarische Kirche und die Alte Kirche des Ostens einzubeziehen .
  3. Die Teilnehmenden des 6. „Colloquium Syriacum“ drückten ihre Wertschätzung für „Pro Oriente“ aus und ersuchten, diesen substanziellen und fruchtbaren Dialog der Kirchen der syrischen Tradition fortzusetzen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses bereichernde Unterfangen den syrischen Christen hilft, ihr reiches Erbe gemeinsam besser zu bewahren. Die Teilnehmenden daher „Pro Oriente“ empfohlen, ein Thema für ein 7. „Colloquium Syriacum“ zu bestimmen.

    Teilnehmende:

 

Aus den Kirchen der syrischen Tradition:
Mar Georges CASMOUSSA, Erzbischof, Apostolischer Visitator, SydneyAustralien (Syrisch-katholische Kirche)
Mar Boulos MATAR, emeritierter Erzbischof, Beirut/Libanon (Maronitische Kirche)
Mar Antoine AUDO SJ, Bischof, Aleppo/Syrien (Chaldäisch-katholische Kirche)
Mor Polycarpus Augin AYDIN, Metropolit, Dr., Glane/Niederlande (Syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien)
Mor Theophilos KURIAKOSE, Metropolit, Dr., Ernakulam, Kerala/ ndien (Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien)
Mar Joseph MOUAWAD, Bischof, Dr., Zahleh/Libanon (Maronitische Kirche)
Mar Awa ROYEL, Bischof, Dr., Modesto, Kalifornien/USA (Assyrische Kirche des Ostens)
Mgr. Georges MASRI, Patriarchal-Prokurator, Rom/Vatikan (Syrisch-katholische Kirche)
P.. Geevarghese CHEDIATH, Dr., Kattakada, Kerala/Indien (Syro-malankarische Kirche)
P. Cherian KARUKAPARAMBIL, Dr., Changanassery, Kerala/Indien (Syro-malabarische Kirche)
P. Philip NELPURAPARAMPIL, Dr., Changanassery, Kerala/Indien (Syro-malabarische Kirche)
P. Abraham THOMAS, Kottayam, Kerala/Indien (Malankarische orthodox-syrische Kirche)
P. Baby VARGHESE, Dr., Kottayam, Kerala/Indien (Malankarische orthodox-syrische Kirche)
George SIJO, Salzburg/Österreich (Malankarische Mar Thoma-syrische Kirche)

Eingeladene Vertreter/Fachwissenschaftler:
Wafa GOUSSOUS, Dr., Orthodoxe Initiative /Nahöstlicher Kirchenrat (MECC), Amman/Jordanien
Theresia HAINTHALER, Dr., Prof., Universität Sankt Georgen, Frankfurt am Main
Peter HOFRICHTER, DDr., Prof. em., Universität Salzburg/Österreich
Erica C. D. HUNTER, Dr., SOAS Universität London/Großbritannien
Ephrem A. ISHAC, Dr., Universität Graz/Österreich
Joachim JAKOB, Dr., Universität Salzburg/Österreich
Andreas SCHMOLLER, Dr., Universität Salzburg/Österreich
Martin TAMCKE, Prof., Dr. Dr. h.c. mult., Universität Göttingen (Deutschland)

Matthias VOGT, Dr., Missio Aachen (Deutschland)

Beobachter:
P. Hyacinthe DESTIVELLE OP, Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen (Rom/Vatikan)
Fr. Jobin MAMMEN CHERIAN, Universität Salzburg/Österreich

PRO ORIENTE:
Botschafter i.R. Alfons M. KLOSS, Dr., Präsident, Wien/Österreich
Pablo ARGÁRATE, Prof., Dr., Universität Graz/ sterreich
Fr. Frans BOUWEN M.Afr., Jerusalem
Gordian GUDENUS, Dr., Vorstandsmitglied, Leiter des Finanzausschusses, Wien/Österreich
Erich LEITENBERGER, Prof., Sprecher, Wien/Österreich
Johann MARTE, Dr., Präsident em., Wien/Österreich
Bernd MUSSINGHOFF, Generalsekretär, Wien/Österreich
Aho SHEMUNKASHO, Prof. Dr., Universität Salzburg/Österreich
Dietmar W. WINKLER, Prof. Dr., Wissenschaftlicher Leiter „Pro Oriente“-Syriac Studies, Universität Salzburg/Österreich