Ägypten: Ermordeter Bischof Epiphanios beigesetzt

Trauer um den weltweit geschätzten theologischen Wissenschaftler und spirituell einfühlsamen Abt des berühmten St. Makarios-Klosters im Wadi Natrun – Bisher keine Ergebnisse der Untersuchungen der ägyptischen Sicherheits- und Justizbehörden – Anba Epiphanios war mit „Pro Oriente“ freundschaftlich verbunden

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Foto: © (Quelle: Wikimedia; Lizenz: public domain)

Kairo-Salzburg, 31.07.18 (poi) Der am Sonntag ermordete koptisch-orthodoxe Bischof Epiphanios, Abt des berühmten St. Makarios-Klosters im Wadi Natrun, wurde am Dienstagmittag in seinem Heimatkloster beigesetzt (das rasche Begräbnis entspricht der orientalischen Tradition). Von Seiten der ägyptischen Sicherheits- und Justizbehörden wurde bisher noch keine Stellungnahme über den Tathergang veröffentlicht; am Sonntagmorgen waren Polizei und Justiz unmittelbar nach Bekanntwerden der Mordtat mit einer 60-köpfigen Truppe in das Kloster eingerückt, das für die nächsten 48 Stunden geschlossen blieb. Zwölf Beamten blieben über Nacht, um Gespräche mit möglichst vielen Mönchen und Mitarbeitern des Klosters zu führen. Die Leiche von Bischof Epiphanios wurde im Spital der Provinzhauptstadt Damanhur gerichtsmedizinisch untersucht. Papst-Patriarch Tawadros II. hatte sofort, nachdem er telefonisch über den Tod des Bischofs in Kenntnis gesetzt worden war, eine Bischofs-Delegation zusammengestellt und in das St. Makarios-Kloster entsandt. Im Gespräch mit dem koptischen TV-Sender CTV sagte P. Schenuda aus dem St. Makarios-Kloster, alle Szenarien seien möglich. Auf ägyptischen Websites war sofort von einem „terroristischen Akt“ die Rede, P. Schenuda sagte aber, die Mönche würden einen solchen Hintergrund der Bluttat ausschließen, „auf jeden Fall beten wir für den oder die Täter, auch wenn wir nicht wissen, wer es war“.

Im Kloster gebe es kein integriertes System von Überwachungskameras, berichtete P. Schenuda, nur an einzelnen exponierten Punkten seien Kameras installiert. Daher könne man sich von der Auswertung dieser Aufnahmen nicht zuviel erwarten. Für das Kloster sei die Ermordung des allseits beliebten Bischofs und Abtes unfassbar, sagte der Mönch: „So etwas hat es in der Geschichte unserer Kirche noch nie gegeben, dass ein Bischof auf diese Weise sterben muss. Wir leben hier in Frieden, Einfachheit und Schweigen. Wir haben nie ein vergleichbares Ereignis erlebt“.

Bischof Epiphanios hatte als Schüler des berühmten Mönchs und Erneuerers von St. Makarios, Matta al-Maskin (Matthäus der Arme), weit über Ägypten hinaus große Bedeutung. Er betreute u.a. die berühmte Bibliothek des Klosters, in der sich Manuskripte von außerordentlichem literarischen und historischen Wert in verschiedenen Sprachen befinden. Der Bischof war als theologischer Wissenschaftler weltweit hoch angesehen. U. a. brachte er eine direkt aus dem griechischen Text übersetzte arabische Fassung des Buches Genesis, des ersten Buchs der Heiligen Schrift, heraus, er publizierte aber auch die arabische Fassung der Basilius-Liturgie. Derzeit sind mehrere, von ihm herausgegebene und bearbeitete Werke im Druck: Eine arabische Fassung des Buches Exodus und der Klassiker der monastischen Literatur „Bustan al Rubaan“ (Der Garten der Mönche).

Die Beteiligung an regionalen und internationalen Symposien über koptische Studien war Bischof Epiphanios ein Herzensanliegen. Zuletzt hatte er Anfang Juli an dem Symposion „Die Kopten in der Moderne“ teilgenommen, das von der Theologischen Universität in Melbourne veranstaltet wurde. Bei diesem Symposion referierte er über das „einmalige Erbe“ von P. Matta al-Maskin für das christliche Leben und die theologische Wissenschaft. Papst-Patriarch Tawadros II. würdigte Anba Epiphanios in seinem Nachruf als „wahren Mönch“, dessen Leben von „Sanftmut und Demut“ geprägt war, aber auch als Wissenschaftler, dessen umfassende Kenntnisse eine Fülle von Entdeckungen und Veröffentlichungen in verschiedenen Bereichen kirchlicher Studien hervorbrachten.

Mostafa al-Feki, der Direktor der „Bibliotheca Alexandrina“ (BA), die sich um die moderne Fortführung der Tätigkeit ihrer berühmten antiken Namensgeberin bemüht, hob den „liebenswürdigen monastischen Geist“ des ermordeten Abtes und dessen wissenschaftliche Anstrengungen hervor, aber auch die Bereitschaft, Ereignisse im Hinblick auf koptische Studien oder interreligiöse Aktivitäten mitzugestalten. Anba Epiphanios war Vorstandsmitglied des BA-Zentrums für Koptische Studien. Im Hinblick auf das jüngste koptische Symposion in Melbourne würdigte der koptisch-orthodoxe Bischof der australischen Metropole, Anba Suriel, die „erstaunliche Demut dieses herausragenden Wissenschaftlers“ und seine „tiefe Liebe zur Kirche und ihrer Zukunft“. Die Leidenschaft von Anba Epiphanios sei die Entwicklung der theologischen Bildung in Ägypten, aber auch in der Diaspora gewesen. Die Ermordung des Bischofs stelle eine „außerordentlich schwerwiegende Tragödie“ dar, der man nicht nur im Kloster St. Makarios, sondern überall in der weltweiten koptischen Kirche und in der ganzen Christenheit gedenken werde.

Prof. Winkler: „Er war eine Hoffnung für den Dialog“

In Österreich war Prof. Dietmar W. Winkler, u.a. Ordinarius für Patristik und Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät Salzburg, Vorsitzender der Salzburger „Pro Oriente“-Sektion und Mitglied der offiziellen Kommission für den theologischen Dialog zwischen römisch-katholischer Kirche und der orientalisch-orthodoxen Kirchenfamilie, besonders mit Bischof Epiphanios verbunden, der seit heuer auch Mitglied der von Winkler geleiteten „Pro Oriente“-„Commission for Ecumenical Encounter between the Catholic Church and the Oriental Orthodox Churches“ war. Wörtlich sagte Prof. Winkler im Gespräch mit dem „Pro Oriente“-Informationsdienst: „Bei uns ist Anba Epiphanios als ökumenisch offener, theologisch weitsichtiger, zugleich tief in seiner koptischen Spiritualität verwurzelter Bischof eine Hoffnung für den Dialog gewesen“. Es sei ein „Zeichen besonderer Wertschätzung“ gewesen, dass Papst-Patriarch Tawadros II. gerade Anba Epiphanios in die „Pro Oriente“-Kommission entsandte. Bischof Epiphanios habe auch schon zuvor seine freundschaftliche Verbundenheit mit „Pro Oriente“ unter Beweis gestellt. So empfing er  im Oktober 2016 Kardinal Christoph Schönborn an der Spitze einer „Pro Oriente“-Delegation im Kloster St. Makarios. Bei dieser Gelegenheit  sprach er mit Prof. Winkler über die Möglichkeiten akademischer Ausbildung koptischer Christen (Mönche, Priester, Laien), weil er dies für seine Kirche als unbedingt notwendig erachtete. In der Folge schickte er einen verheirateten koptischen Priester nach Salzburg zum Studium der syrischen Theologie, der bei Prof. Winkler seine Master-Arbeit schrieb. Zur Sponsion im Herbst wollte Anba Epiphanios nach Salzburg kommen.

Prof. Winkler bestätigt die in vielen Nachrufen hervorgehobene ökumenische Gastfreundlichkeit des von Anba Epiphanios geleiteten Klosters. Der Bischof hatte keine Berührungsängste. So entsandte er auch einen seiner Mönche in die von Fr. Enzo Bianchi begründete ökumenische Gemeinschaft von Bose in Piemont. Im Nachruf der katholischen Nachrichtenagentur „Fides“ heißt es, der Abt von St. Makarios habe „intensive Beziehungen spiritueller Gemeinschaft“ mit Freunden und monastischen Gemeinschaften aus der katholischen Kirche gelebt.

Der aus Tanta stammende Anba Epiphanios war zum Zeitpunkt seiner Ermordung 64 Jahre alt. Im Februar 1984 war er Mönch geworden, 2002 wurde er zum Priester geweiht. Am 3. Februar 2013 wählten die mehr als 100 Mönche von St. Makarius Epiphanios zum Abt. Am 10. März jenes Jahres wurde er von Tawadros II. zum Bischof geweiht. Damit war für das St. Makarios-Kloster eine schwierige Phase zu Ende gegangen. Denn nach dem Tod von Matta al-Maskin 2006 hatte der damalige Papst-Patriarch Schenuda III. das Kloster direkt unter seine Jurisdiktion gestellt, die Mönche konnten keinen neuen Abt wählen. Erst nach dem Amtsantritt von Tawadros II. wurde dies möglich. Anba Epiphanios galt in den letzten Jahren auch im Hinblick auf seine ökumenische Offenheit als persönlicher Vertrauter und Berater des Papst-Patriarchen.