Äthiopien: Kardinal würdigt regionale Friedensschlüsse

Lob für Ministerpräsident Ahmed Abiy – Katholische Minderheitskirche in Äthiopien engagiert sich massiv im Bildungsbereich und will dazu beitragen, dass die jungen Leute im Land bleiben können

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Foto: © cropped by User:Andrew Dalby (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic)

Addis Abeba, 04.11.18 (poi) Der Vorsitzende der äthiopischen katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Berhaneyesus Demerew Souraphiel, hat die Friedensschlüsse der äthiopischen Regierung mit der somalisch orientierten Befreiungsfront des Ogaden und mit der Nachbarrepublik Eritrea begrüßt. Im Gespräch mit dem Informationsdienst der französischen Sektion von „Kirche in Not“ sagte der Kardinal, er hoffe darauf, dass Ministerpräsident Ahmed Abiy das Land einen werde, in dem es durch das auf ethnischen Kriterien beruhende bundesstaatliche System immer wieder zu schweren Spannungen und ethnischen Konflikten in verschiedenen Regionen komme. Im Ogaden hatten sich noch unmittelbar vor dem Friedensschluss islamistische Attacken auf das Doppelkloster Debra Wogag Asebot ereignet.

Ahmed Abiy, ein Oromo mit einem muslimischen Vater und einer christlichen Mutter, der als junger Erwachsener der evangelisch-lutherischen Kirche beigetreten ist, sei ein „Mann der Einheit“, unterstrich der Kardinal. In den ersten sechs Monaten seiner Regierungstätigkeit habe der Ministerpräsident immer wieder in den Vordergrund gestellt, dass „die Leute einander vergeben, sich versöhnen und die Konflikte lösen müssen“. Abiys stärkste Motivation komme aus seiner Liebe zur äthiopischen Heimat. Aber zweifellos seien manche Repräsentanten des früheren Regierungsteams nicht glücklich über die Art und Weise, wie der Ministerpräsident seine Aufgabe wahrnehme: „Er hat Gegner“.

Als „friedlich“ bezeichnete der katholische Erzbischof von Addis Abeba die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen (nach Schätzungen stehen rund 65 Prozent Christen 30 Prozent Muslimen gegenüber). Kardinal Souraphiel erinnerte daran, dass das historische Gründe habe (obwohl es etwa im 16. Jahrhundert einen dramatischen Versuch zur Islamisierung des christlichen ostafrikanischen Landes gegeben habe): „Mohammed hat den Islam in Mekka gegründet, er wurde dort verfolgt und musste flüchten. Er hat seine Verwandten nach Äthiopien geschickt, die ersten Muslime, die in Äthiopien ankamen, waren Flüchtlinge“. Deshalb gebe es die muslimische Tradition, dass man Äthiopien nicht angreifen dürfe, weil das Land freundlich gegenüber den Muslimen gewesen sei, „als wir noch Flüchtling waren“. Die islamistische Machtentfaltung in vielen Teilen Somalias habe aber negative Auswirkungen auf Äthiopien.

Die katholische Kirche sei in Äthiopien eine kleine Minderheit, betonte Kardinal Souraphiel, aber sie sei in den Bereichen Bildung, Sozialarbeit, Gesundheitswesen sehr präsent, „sowohl in den Städten als auch auf dem Land“. Es gebe 400 katholische Bildungsinstitutionen im Land, der Kirche gehe es dabei auch um die Bildungsmöglichkeiten für die Mädchen. In den Städten würden sich viele katholische Schulen selbst erhalten, in den ländlichen Gebieten sei Unterstützung notwendig. Besonderer Wert werde auf die Berufsausbildung gelegt, das Bildungsangebot sei offen für Christen aller Konfessionen und für Muslime.

Der Kirche gehe es darum, die Jugend zum Verbleiben im Landes zu motivieren und ihr Chancen zu bieten, unterstrich der Erzbischof von Addis Abeba: „Wir fördern die Emigration nicht, und schon gar nicht die illegale Emigration“. Die jungen Leute, die sich auf so etwas einlassen, würden von den Schleppern, die sie entweder nach Saudiarabien oder über Libyen nach Europa schleusen, erbarmungslos ausgenützt.

Äthiopien habe selbst eine Million Flüchtlinge, vor allem aus Südsudan, aus Somalia und Eritrea, aufgenommen, erinnerte Kardinal Souraphiel: „Wir tun das, weil wir die christlichen Werte befürworten. Schließlich ist Äthiopien seit der Zeit der Apostel ein christliches Land“. Die Gastfreundschaft sei ein Teil des christlichen Erbes Äthiopiens. Ein Flüchtling oder ein Migrant sei vor allem anderen ein Mensch, „vielleicht ist er von Gott gesandt“, es sei ein biblisches Prinzip, diesen Menschen aufzunehmen und ihn gut zu behandeln. In diesem Sinn habe Äthiopien im Lauf der Geschichte Juden, Muslime, Armenier aufgenommen. Der Erzbischof von Addis Abeba fügte hinzu, auch Europa müsse seinem christlichen Erbe treu bleiben. Der Westen dürfe sich der großen christlichen Werte nicht schämen, „weder in Zeiten der Krise noch in Zeiten der Prosperität“.

Schon am Rande der jüngsten Bischofssynode hatte Kardinal Souraphiel in Rom darauf verwiesen, dass nur 20 Prozent der jugendlichen afrikanischen Auswanderer in den Nahen Osten oder nach Europa gehen, 80 Prozent würden in Afrika bleiben. Die Migrationsbewegung sei in erster Linie ein innerafrikanisches Phänomen. Der Mangel an „guter Regierungsführung“ sei die Ursache dafür, dass junge Afrikaner ihr Land verlassen. Daraus leiten sich seiner Ansicht nach auch die anderen Übel ab, unter denen die verschiedene Staaten des Kontinents leiden: „Korruption und Konflikte, die manchmal auch zu Bürgerkriegen führen“. Und wo Kriege stattfinden, so der Kardinal, gebe es den Waffenhandel, „ein großes Geschäft in Afrika für europäische, amerikanische, chinesische Konzerne und auch für einige Entwicklungsländer“.