Bartholomaios I. begründet sein Eingreifen in der Ukraine

„Das Ökumenische Patriarchat kämpft dafür, dass die Orthodoxie vor den Gefahren des Nationalismus, des sterilen Konservativismus und der Zurückweisung des Dialogs mit der Welt bewahrt wird“ – „Vorrechte des Ökumenischen Patriarchats sind für die ganze Orthodoxie rechtlich bindend“

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Foto ©: Ökumenisches Patriarchat

Konstantinopel, 22.10.18 (poi) Das Ökumenische Patriarchat kämpfe dafür, dass die Orthodoxie vor den Gefahren des Nationalismus, der Autarkie, des sterilen Konservativismus und des Fundamentalismus, der Unterschätzung der Errungenschaften der heutigen Zivilisation und der Zurückweisung des Dialogs mit der Welt bewahrt wird: Dies betonte der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. am Sonntag bei der Göttlichen Liturgie, die aus Anlass des 150-Jahr-Jubiläums der Zwölf-Apostel-Pfarre im konstantinopolitanischen Bezirk Feriköy gefeiert wurde. Zugleich nahm Bartholomaios I. zur Ukraine-Frage Stellung: Es sei undenkbar, dass das Ökumenische Patriarchat „im Hinblick auf die Heiligen Kanones und die Verantwortung für Einheit und Stabilität der Orthodoxie“ angesichts der Tatsache gleichgültig bleibe, dass „ein orthododoxes Volk“ wie das ukrainische leidet und eine Lösung der kirchlichen Probleme sucht, die es „seit Jahrhunderten“ bedrängen. Dieses Volk habe sich an das Patriarchat gewandt, dort Hilfe und Schutz gesucht. Wörtlich fügte Bartholomaios I. hinzu: „Wir sind verpflichtet, auf der Basis von authentisch kirchlichen, wahrhaft universellen und übernationalen Kriterien einzugreifen, um der Wahrheit und der Tradition der Kirche, aber auch der Verteidigung der kanonischen Ordnung und der Identität der Orthodoxie willen. Wir tun dies zur Auferbauung des Leibes Christi und nicht um unseretwillen oder um weltliche Macht zu zeigen. Wenn wir nicht handelten, würden wir vor Gott und der Geschichte schuldig sein“.

Dem Ökumenischen Patriarchat gehe es um den Menschen und seine existenziellen Probleme, um auf der Grundlage der von Gott gestifteten Werte und der orthodoxen Tradition die großen Herausforderungen der Zeit zu bewältigen, fügte Bartholomaios I. hinzu. Es gehe nicht nur um die Lösung der interorthodoxen Probleme, sondern auch um die Förderung der globalen orthodoxen Kultur und der unverzichtbaren Werte der kirchlichen Tradition, die Verteidigung des geheiligten Charakters der menschlichen Person und der natürlichen Umwelt, der Solidarität und des Dialogs, der Einheit und der Zusammenarbeit, des Friedens und der Versöhnung. Die „große Kirche von Konstantinopel“ fördere nicht einfach nur die kostbaren Werte der orthodoxen Tradition, sondern beeinflusse in kreativer Weise auch die Zukunft der Kultur, sie bemühe sich um die Schaffung einer „Zivilisation der Gemeinschaft und der Nächstenliebe“. Das Ökumenische Patriarchat präge auf unauslöschliche Weise die Geschichte der Menschheit.

Unter Zitierung einer Formulierung des emeritierten Metropoliten Ioannis (Zizioulas) sagte Bartholomaios I., das Ökumenische Patriarchat sei eine Institution, die man erfinden müsste, wenn sie nicht „durch die Gnade Gottes in besonderer Weise unserer Nation anvertraut“ wäre. Die Vorrechte des Ökumenischen Patriarchats seien begründet in den Entscheidungen der Konzilien  und für die ganze Orthodoxie rechtlich bindend. Offensichtlich könnten „unsere slawischen Brüder“ den Primat des Ökumenischen Patriarchats und der griechischen Nation innerhalb der Orthodoxie nicht akzeptieren. „Ob es unseren russischen Brüdern recht ist oder nicht, bald werden sie sich hinter die Entscheidung des Ökumenischen Patriarchats stellen müssen, weil sie keine andere Wahl haben werden“, sagte der Patriarch wörtlich. Er sei sich aber wohl bewusst, dass von russischer Seite viel Geld für Artikel ausgegeben werde, um „hasserfüllte Propaganda“ und eine „schwarze Legende“ gegen das Ökumenische Patriarchat in Umlauf zu setzen.