Bartholomaios I.: „Ich wusste, dass Moskau traurig sein würde, aber ich konnte nicht anders handeln“

Ökumenischer Patriarch bekundete vor griechischen Pilgern seine Hoffnung, dass Moskau Verständnis zeigen und die Aufkündigung der Kommuniongemeinschaft mit Konstantinopel wieder zurücknehmen wird

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Foto: © Très Riches Heures du duc de Berry, Das Martyrium vom Heiligen Andreas (Quelle: Wikimedia; Lizenz: public domain/ United States public domain)

Konstantinopel-Moskau, 02.12.18 (poi) Vor griechischen Pilgern, die zum Andreas-Fest in den Phanar gekommen waren, hat Patriarch Bartholomaios I. neuerlich seine Beweggründe für die Zusicherung der Autokephalie an eine neue orthodoxe Kirche in der Ukraine benannt, wie die griechische Website „orthodoxia.info“ berichtet. Wörtlich sagte der Patriarch: „Als Ökumenisches Patriarchat glauben wir, das Richtige zu tun. Es ist ein Recht der ukrainischen Orthodoxen, ihre eigenständige unabhängige Kirche zu haben. Auch die Völker des Balkans – angefangen von Griechenland – haben ihre autokephalen Kirchen erhalten“. Es sei ihm bewusst gewesen, dass die russische Schwesterkirche „traurig sein“ würde, aber er habe nicht anders handeln können, so der Ökumenische Patriarch. Zugleich bekundete er seine Hoffnung, dass Moskau Verständnis zeigen und so wie beim Streit um die estnische Orthodoxie die Aufkündigung der Kommuniongemeinschaft mit Konstantinopel wieder zurücknehmen werde: „Unsere Kraft ist die Einheit im Glauben und der gemeinsame Kelch“.

Abschließend sagte der Patriarch: „Hat nicht die Kirche von Russland, eine große Kirche, eine geliebte Kirche trotz aller Probleme, im 16. Jahrhundert die Autokephalie von Konstantinopel angenommen? Weil sie das Recht dazu hatte. Jetzt muss sie dieses Recht auch anderen Völkern zugestehen“.

 

Diakonatsweihe für Ukrainer

Im Zeichen der Nähe zur Ukraine wurde bei der Göttlichen Liturgie zum Andreas-Fest in der Georgskathedrale im Phanar erstmals ein Ukrainer zum Diakon geweiht: Der 27-jährige Andrij Krochak, ein Schüler des Repräsentanten des Ökumenischen Patriarchats beim Weltkirchenrat in Genf, Erzbischof Job (Getcha). Krochak, der als Diakon an der Patriarchenkathedrale Dienst tun wird, stammt aus Saskatoon, einer stark ukrainisch geprägten kanadischen Stadt. Sein Vater ist ein orthodoxer Priester, der als Pfarrer der kanadischen ukrainisch-orthodoxen Kirche (unter dem Omophorion des Ökumenischen Patriarchen) in Calgary lebt. Krochak studierte Theologie in Saloniki und am Orthodoxen Zentrum des Ökumenischen Patriarchats in Chambesy. Derzeit arbeitet er an einer Dissertation über liturgische Theologe am Pariser Institut Catholique. Seit geraumer Zeit ist er auf Einladung von Bartholomaios I. im Phanar tätig. Am Tag vor der Diakonatsweihe durch den Patriarchen ließ Erzbischof Job seinen kanadischen Landsmann zu den Mönchsgelübden zu.

Das sogenannte „Kiewer Patriarchat“ hat inzwischen dringend um die Übermittlung des Entwurfs für das Statut der neuen orthodoxen Kirche ersucht, die in der Ukraine gegründet werden soll. Der Entwurf wurde bei der Tagung des Heiligen Synods von Konstantinopel in der Vorwoche verabschiedet. In der Erklärung des „Kiewer Patriarchats“ heißt es: „Wir hoffen, dass die gemeinsamen Anstrengungen aller an der Vorbereitung des ‚Vereinigungskonzils‘ Beteiligten bald erfolgreich beendet sein werden; das Konzil wird zusammentreten und die notwendigen Maßnahmen zur Vereinigung, zur Wahl des Primas der Kirche und zur Genehmigung des Statuts treffen. Danach wird – entsprechend den Ankündigungen des Ökumenischen Patriarchats – der Autokephalie-‚Tomos‘ dem Primas der Kirche übergeben werden“.

 

„Etwas ist schief gelaufen“

Im Hinblick auf das Fehlen einer Ankündigung des „Vereinigungskonzils“ im Abschlusskommunique des Heiligen Synods von Konstantinopel von Donnerstag, 29. November, sagte der stellvertretende Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Erzpriester Nikolai Balaschow, die kompromisslose Haltung der ukrainisch-orthodoxen Kirche (des Moskauer Patriarchats) habe verhindert, dass Konstantinopel in Sachen Autokephalie für die Ukraine Fortschritte machen konnte. Im Gespräch mit „Interfax“ sagte Balaschow: „Etwas ist schief gelaufen bei der Synodalsitzung. Die erwartete Entscheidung über das Datum des ‚Vereinigungskonzils‘ erfolgte nicht. Es wurde nur wiederholt, dass im Allgemeinen alles entschieden sei und das der ‚Tomos‘ näher gerückt ist. Wie das? Ich glaube, der Grund ist, dass ab dem Bischofsrat der ukrainisch-orthodoxen Kirche, der eine kompromisslos kanonische Haltung einnahm, allen klar geworden ist, dass das ‚Vereinigungskonzil‘, wenn es überhaupt jemanden vereinen kann, das nur bei den kürzlich rehabilitierten schismatischen Gruppierungen schaffen wird“. Aber die schismatischen Gruppierungen seien schwer zu behandeln, weil sie „nur gut beim Spalten, nicht aber beim Aussöhnen sind“. Auf keinen Fall werde es ein „rosiges Bild globaler Versöhnung und Vereinigung unter der Ägide von Konstantinopel“ geben. Eher werde die Wahrheit dessen unter Beweis gestellt werden, was die russisch-orthodoxe Kirche immer wieder sage: Dass der „Tomos“ nur die Legalisierung des Schismas bedeute – „und das gefällt den anderen autokephalen Kirchen nicht“.