Bartholomaios I. will Kirchen in Ukraine und Mazedonien in „Wahrheit und Gemeinschaft“ zurückführen

Wiener russisch-orthodoxer Erzbischof Antonij überbrachte zum Namenstag des Ökumenischen Patriarchen die Glückwünsche von Kyrill I.

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Foto: © Klearchos Kapoutsis from Santorini (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic)

Konstantinopel, 13.06.18 (poi) Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. hat feierlich bekundet, dass er es als Aufgabe seines Amtes ansieht, die schismatischen orthodoxen Kirchen in der Ukraine und in Mazedonien wieder in „die kanonische Gemeinschaft der orthodoxen Kirche“ zurückzuführen. Der Patriarch sagte bei der Liturgie zum Fest seines Namenspatrons, des Heiligen Bartholomäus, in der Georgskathedrale im Phanar wörtlich: „Die Tatsache eines Schismas kann kein Argument dafür sein, guten Gewissens eine ganze Nation außerhalb der Grenzen von Wahrheit und Kanonizität der Kirche zu belassen und damit die Verantwortung vor Gott und der Geschichte zu leugnen. Vielmehr geht es darum, diese Situation als Antrieb für die Suche nach heilenden und vereinenden Lösungen zu sehen“.

Wenn die „Mutterkirche“ von Konstantinopel „Pfade der Heilung für unsere Brüder in der Ukraine und in Skopje“ suche, erfülle sie ihre „apostolische Pflicht“, so der Patriarch. Es sei die Verantwortung der Kirche von Konstantinopel, diese Nationen in „die Wahrheit und in die kanonische Gemeinschaft“ der Kirche zurückzuführen. Die Kompetenzen, über die das Ökumenische Patriarchat verfüge, habe es für „das Heil der ganzen Welt“; das Patriarchat biete sie allen Völkern ohne Ausnahme an. In diesem Rahmen finde der innerkirchliche Dialog statt, der „in Liebe und Wahrheit“ zu geschehen habe. Im Verlauf der Geschichte habe die Kirche von Konstantinopel ihre Mission nie „zum eigenen Nutzen“ oder mit „expansionistischen oder kolonialistischen“ Absichten verfolgt, sie habe nie ethnische oder nationalistische „Ketten“ auferlegt, um die christianisierten Völker zu bedrücken oder zu entfremden.

In seiner Predigt erinnerte Bartholomaios I. daran, dass von Konstantinopel die Christianisierung der slawischen Völker, aber auch die der Goten, der kaukasischen Länder und Nubiens (heutiger nördlicher Sudan) ausgegangen war. Heute werde diese missionarische Arbeit durch die Metropolien des Ökumenischen Patriarchats in Korea, Hongkong, Singapur und Lateinamerika fortgesetzt. Ausdrücklich erwähnte der Patriarch, dass in den letzten Jahren auch mehrere der 1923 nach dem Vertrag von Lausanne aufgegebenen Metropolien in Ostthrakien und Kleinasien (wie Edirne/Adrianoupolis, Izmir/Smyrna, Bursa/Proussa) wiederhergestellt werden konnten.

Zum Abschluss der Göttlichen Liturgie in der Georgskathedrale verlas der russisch-orthodoxe Erzbischof von Wien und Budapest, Antonij (Sewrjuk; er ist zugleich Leiter der Verwaltung der Institutionen des Moskauer Patriarchats im Ausland), das Glückwunschschreiben des Moskauer Patriarchen Kyrill I. an Bartholomaios I. In dem Schreiben wurden die „guten Früchte“ der „apostolischen Predigt“ des Ökumenischen Patriarchen und seiner Vorgänger gewürdigt. Ein integraler Teil dieses Dienstes sei die „Bewahrung der Einheit des Geistes durch das Band des Friedens“ zu Gunsten des Wohles der Kirchen Gottes und der Einheit aller. Erzbischof Antonij überreichte als Geschenk eine kostbare „Panhagia“ und ein Brustkreuz. Später wurde der russische Erzbischof von Wien vom Ökumenischen Patriarchen in Privataudienz empfangen. Bereits am Vorabend des Bartholomäus-Festes hatte Erzbischof Antonij im Balukli-Kloster am Vespergottesdienst teilgenommen, wobei er von Bartholomaios I. vor allen Festgästen feierlich als Abgesandter des Moskauer Patriarchen begrüßt wurde. Am Sonntag hatte der Wiener russisch-orthodoxe Erzbischof in der konstantinopolitanischen Kirche St. Andreas zelebriert, einst ein beliebter Sammelpunkt der „weißen“ antikommunistischen russischen Flüchtlinge in den 1920er Jahren. Dabei unterstrich er die Dankbarkeit des Moskauer Patriarchats gegenüber der Kirche von Konstantinopel für die Möglichkeiten der russischsprachigen Seelsorge in der Bosporus-Metropole.

Der Ökumenische Patriarch ging bei seiner Predigt in Balukli (dem berühmten Wallfahrtsziel und Ort der Patriarchengräber, der 1955 beim antichristlichen Pogrom schwer beschädigt wurde) auf die existenziellen Fragen der Menschen von heute ein. Viele wüssten nicht über das Ziel des Lebens Bescheid, die vorherrschende säkulare Logik setze auf die Zahlen, sie kümmere sich um alles, „aber nicht um den eigentlichen Wert der Dinge“. So seien viele Menschen enttäuscht, ohne wahre Freude. Aber die Weisheit der Wüstenväter verweise darauf, dass jeder gerettet werden könne, der Sehnsucht habe und erkenne, dass nur im Namen Jesu Heil sei: „Christus ist das Alpha und das Omega, Anfang und Ende, er ist alles“.

 

Griechen und Russen

Im Zug der momentan überaus intensiven kirchendiplomatischen Tätigkeit der Patriarchate von Konstantinopel und Moskau kam es am Mittwoch in Moskau auch zu einer ausführlichen Begegnung zwischen Patriarch Kyrill I. dem griechischen Außenminister Nikos Kotzias. Kyrill I. betonte in seinen Begrüßungsworten die „besondere Beziehung“ zwischen Griechen und Russen. Der Faktor Kirche sei in diesem Zusammenhang sehr bedeutend, „weil Griechen und Russen der orthodoxen Kirche angehören“. Viele Russen, die aus geschäftlichen oder Urlaubsgründen nach Griechenland kommen, hätten Gelegenheit, in den griechischen Gotteshäusern am Gottesdienst teilzunehmen und zu beten, „das verbindet unsere Völker in besonderer Weise“. Wörtlich fügte der Patriarch hinzu: „Die Tatsache, dass wir Brüder im Glauben sind, begründet in großem Ausmaß das besondere Verhältnis unserer Völker zueinander“.

Außenminister Kotzias sagte seinerseits, Russen und Griechen seien in vielfacher Weise verbunden, vor allem aber durch die Spiritualität: „Wir haben eine gemeinsame Heimat, die Orthodoxie“. Die autokephalen orthodoxen Kirchen seien vor allem durch ihre „gemeinsame Botschaft an die Welt“ geeint. Im Hinblick auf die Verfolgung durch das atheistische Regime im 20. Jahrhundert und die „spirituelle Wiedergeburt“ in den drei letzten Jahrzehnten respektiere das griechische Volk die russische Kirche überaus.