Begegnung zwischen Papst Franziskus und Präsident Putin in herzlicher Atmosphäre

Im Dialog ging es um die Klima-Krise, um Syrien, die Ukraine und Venezuela – Protokoll über Zusammenarbeit im Bereich der Kinderkrankenhäuser wurde unterzeichnet

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Foto: © Dnalor 01 (Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz CC-BY-SA 3.0/Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Vatikanstadt, 04.07.19 (poi) In überaus herzlicher Atmosphäre – trotz der einstündigen Verspätung des Moskauer Gastes – verlief am Donnerstag im Vatikan sichtlich die Begegnung zwischen Papst Franziskus und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Im Gespräch wurden – so Vatikan-Sprecher Alessandro Gisotti – u.a. die „ökologische Frage“ und „aktuelle internationale Probleme mit besonderem Bezug auf Syrien, die Ukraine und Venezuela“ behandelt. Ein Protokoll über die künftige Zusammenarbeit zwischen dem vatikanischen Kinderkrankenhaus „Bambino Gesu‘“ und den Kinderspitälern der Russischen Föderation wurde unterzeichnet. Die Begegnung in der Privatbibliothek des Papstes dauerte fast eine Stunde. „Danke für die Zeit, die Du mir gewidmet hast. Es war ein sehr substanzieller, interessanter Diskurs“, sagte Putin nach dem Austausch der Geschenke. Papst Franziskus schenkte dem russischen Präsidenten eine Darstellung des Petersdoms von 1739, „damit Du Rom nicht vergisst“, und die aktuelle Pontifikatsmedaille, die dem Thema Frieden gewidmet ist. Putin übergab dem Papst eine große Ikone der Heiligen Petrus und Paulus und eine Kopie des noch nicht öffentlich gezeigten Michelangelo-Films von Andrej Kontschalowskij, „einem unserer besten Regisseure“, wie der Präsident anmerkte. Am Ende der Privataudienz überreichte der Papst seinem Gast die Botschaft zum nächsten kirchlichen Weltfriedenstag – „ich habe sie eigens für Sie heute unterzeichnet“ – gemeinsam mit dem Dokument von Abu Dhabi über die weltweite Brüderlichkeit, seinem Brief „Gaudete et Exsultate“ über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute und seinem Schreiben „Christus vivit“ (Christus lebt) zur Jugendsynode. Für die Journalisten war auffallend, dass die Dialogpartner in beiden Sprachen zwischen dem Sie- und dem Du-Wort wechselten, was „Vatikanologen“ und „Kremlologen“ aller Art noch viel Kopfzerbrechen bereiten wird.

Es handelte sich bereits um die dritte Audienz Putins bei Papst Franziskus – zuvor war er am 25. November 2013 und am 10. Juni 2015 in den „Sacri Palazzi“ vom Papst empfangen worden. Aber bereits vor dem Amtsantritt von Papst Franziskus war der russische Staatschef Gast im Vatikan: Am 6. Juni 2000 und am 5. November 2003 traf er mit Papst Johannes Paul II. zusammen, am 13. März 2007 mit Papst Benedikt XVI.

 

Ein „Mann des Glaubens“

Unmittelbar nach der Privataudienz mit dem Papst konferierte Putin mit dem Päpstlichen Staatssekretär Pietro Parolin und mit dem vatikanischen „Außenminister“, Erzbischof Paul Richard Gallagher. Putin war direkt vom Flughafen Fiumicino mit einer Kolonne von 30 Fahrzeugen in den Vatikan gefahren. In der „Sala del Tronetto“ , wo er allein auf die Begegnung mit dem Papst wartete, musste Putin nur kurz verweilen, bis Franziskus erschien, um den russischen Präsidenten mit Handschlag und „Benvenuto“ (Willkommen) zu begrüßen. Papst Franziskus sei vom Beginn der Privataudienz an „entspannt und lächelnd“ erschienen, schrieb die italienische katholische Nachrichtenagentur SIR.

Nach der Begegnung mit Papst Franziskus fuhr Putin zum Quirinal – der einstigen Sommerresidenz der römischen Päpste – , um mit dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella ein Arbeitsessen zu absolvieren. Nach der Begegnung mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte im Palazzo Chigi war ein Auftritt Putins beim italienisch-russischen Dialogforum der Zivilgesellschaft im italienischen Außenministerium (der „Farnesina“) geplant. Auch dort war die Präsenz von kirchlichen Repräsentanten vorgesehen. Den Abschluss des Rom-Besuchs sollte am Donnerstagabend ein Arbeitsessen in der Villa Madama – in Anwesenheit auch der beiden stellvertretenden Ministerpräsidenten Matteo Salvini und Luigi Di Maio sowie von Außenminister Enzo Moavero Milanesi – bilden. Der russischen Delegation beim Rom-Besuch Putins gehörten u.a. auch Außenminister Sergej Lawrow und Industrieminister Denis Manturow an.

Bereits im Vorfeld des Putin-Besuchs hatte Kardinal-Staatssekretär Parolin in einem TASS-Interview zu verstehen gegeben, dass man den russischen Staatschef im Vatikan als einen „Mann des Glaubens“ sieht, mit dem man über die christlichen Werte reden könne. Im Gespräch mit „Vatican News“ sagte der Kardinal-Staatssekretär wörtlich: „Der russische Präsident wird als Mann des Glaubens betrachtet. Ich denke, er betrachtet die ihm wichtigen Werte als vom Papst verwirklicht“. Das Treffen am 4. Juli werde eine Möglichkeit bieten, sowohl „diese Fragen als auch die Konflikte in der Ukraine und in Syrien zu besprechen“.

Ebenfalls im Vorfeld hatte der russische Präsidentenberater Jurij Uschakow klar gemacht, dass eine allfällige Einladung von Papst Franziskus zu einer Russland-Reise nicht auf dem Programm stehe. Weder Moskau noch der Vatikan würden diese Frage ins Gespräch bringen, stellte Uschakow vor Journalisten in der russischen Hauptstadt am 3. Juli klar. Papst Franziskus sei nicht nur ein Staatsoberhaupt, sondern auch das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, daher könne eine solche Einladung nur gemeinsam mit den Repräsentanten der russisch-orthodoxen Kirche überlegt werden.

Uschakow ging aber auf andere Details des Dialogs von Papst und Präsident ein. In Syrien gehe es vor allem um den raschen Wiederaufbau der zivilen Infrastruktur, um die humanitäre Hilfe für die Opfer und um den Wiederaufbau der christlichen Denkmäler. Im Hinblick auf die Ukraine werde auch die Frage behandelt werden, wie man humanitäre Projekte der römisch-katholischen Kirche in allen Bereichen des Donbass implementieren könne.