Einzelne konstantinopolitanische Gemeinden im Ausland bröckeln ab

Absetzbewegungen in der Toskana und in West Virginia – Manche Diaspora-Geistliche sehen durch die Entscheidungen des Heiligen Synods von Konstantinopel vom 11. Oktober die kanonische ukrainisch-orthodoxe Kirche der Verfolgung preisgegeben

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Foto: © sailko (Quelle: Wikimedia; Lizenz: GNU Free Documentation License)

Rom-Washington, 03.11.18 (poi) In der weltweiten orthodoxen Diaspora wird getrachtet, die Auseinandersetzung zwischen den Patriarchaten von Konstantinopel und Moskau in Sachen Ukraine möglichst zu überspielen. Trotzdem ist es vereinzelt schon zu Problemen gekommen. So wird die orthodoxe Pfarrgemeinde der Geburt Christi und des Heiligen Nikolaus in Florenz von der Jurisdiktion des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel zur russischen Auslandskirche (ROCOR) überwechseln. Die traditionsreiche orthodoxe Kirche in der toskanischen Hauptstadt wurde 1899 zu bauen begonnen. Ab 1927 war die Florentiner Gemeinde dem konstantinopolitanischen Exarchat für die russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa unterstellt.

Nach der Ukraine-Entscheidung des Heiligen Synods von Konstantinopel vom 11. Oktober kam es in Florenz zu einer Entscheidung der Gemeinde, auf Grund derer der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. in der Liturgie nicht mehr kommemoriert wird. Denn Bartholomaios I. habe durch die Entscheidung vom 11. Oktober die von Metropolit Onufrij geleitete ukrainisch-orthodoxe Kirche der Verfolgung preisgegeben, sagte der Pfarrer der Florentiner Gemeinde, George Blatinskij. Daher werde nach der Entscheidung der Gemeinde seit 28. Oktober jetzt der New Yorker Metropolit Hilarion (Kapral) als Ersthierarch der ROCOR in der Liturgie genannt (die ROCOR ist heute mit dem Moskauer Patriarchat in voller Einheit)…

Bereits zuvor hatte die Entscheidung des Rektors der orthodoxen Kirche im westvirginischen Bluefield, Mark Tyson, Aufsehen erregt. Die Kirche in Bluefield gehört zur sogenannten karpato-russischen nordamerikanischen Eparchie des Ökumenischen Patriarchats; die Eparchie war Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, als sich griechisch-katholische, aus der Karpato-Ukraine – und damit aus der ungarischen Reichshälfte der Doppelmonarchie – stammende unierte Immigranten nicht länger den zu diesem Zeitpunkt in Nordamerika tonangebenden irischstämmigen katholischen Bischöfen unterwerfen wollten. Tyson erklärte öffentlich, dass er nicht länger den Ökumenischen Patriarchen bei der Liturgie kommemorieren könne: „Ich habe mich entschieden, weg zu gehen und die ukrainisch-orthodoxe Kirche zu unterstützen, die durch die Aktionen von Patriarch Bartholomaios I. marginalisiert worden ist“. Vor wenigen Tagen habe der verehrte Patriarch, für den er seit mehr als 20 Jahren bei jeder Liturgie gebetet habe, den „noch nie dagewesenen Schritt“ gesetzt, den kanonischen Status einer „lästigen Gruppe von aus dem Priestertum entfernten früheren Klerikern in der Ukraine wiederherzustellen“, schrieb Tyson an seinen Bischof Grigorios (Tatsis). Die „unkanonischen Akte“ des Ökumenischen Patriarchen hätten Gewalttaten gegenüber der kanonischen Kirche in der Ukraine gefördert, so der Geistliche. Wörtlich stellte er fest: „Vor unseren Augen entwickelt sich ein geistlicher Bürgerkrieg…und unser Patriarch hat die offizielle Zustimmung gegeben. Die neue autokephale Kirche, deren Entstehung er ermöglicht hat, besteht aus Götzendienern. Sie beten nicht den dreifaltigen Gott an, sondern einen Götzen, der ‚freie Ukraine‘ genannt wird“.