Erfolgsgeschichte einer christlichen Flüchtlingsfamilie im Wiener Mozarthaus

Die drei Kinder der syrisch-orthodoxen Familie Thani brachten ihr außerordentliches musikalisches Talent als „Dankeschön“ für die Aufnahme und Unterstützung in Österreich zu Gehör

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Foto: © (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Attribution-Share Alike 4.0 International)

Wien, 18.06.19 (poi) Die Erfolgsgeschichte einer christlichen Flüchtlingsfamilie wurde am Montag im Wiener Mozarthaus in der Domgasse hörbar: Die drei Kinder der Familie Thani – die elfjährige Birolin, die 14-jährige Smithra und der 18-jährige Masad gaben bei einem „Familienkonzert“ Proben ihrer musikalischen Kunst; das Konzert kam unter der Leitung zweier Professoren der Musik-Universität – Anna Gutowska und Rudolf Pietsch – zustande. Die Journalistin Senta Ziegler, die seit sieben Jahren die Familie begleitet, sagte zur Motivation des Konzerts: „Die Familie Thani möchte sich bei allen Menschen bedanken, die sie in Österreich in den sieben Jahren seit ihrer Ankunft so herzlich aufgenommen haben“. Die Familie liebe Österreich, habe das Land zur neuen Heimat gewählt und wolle es nie mehr verlassen. Der Abend im Mozarthaus sei „ein kleines Konzert als großer Dank“. Die Familie wolle aber auch zeigen, dass die einstigen Flüchtlinge Österreich und seinen Menschen etwas Schönes schenken können. Die Thanis stellten mit ihren „drei musikalischen Kindern“ im besten Sinn des Wortes eine „Bereicherung für Österreich“ dar.

Senta Ziegler erinnerte an „diese richtige Erfolgsgeschichte der Integration“. Im November 2012 sei das Ehepaar Georg und Njoud Thani mit den drei Kindern als eine der ersten syrisch-christlichen Flüchtlingsfamilien aus Syrien gekommen. Die fünfköpfige Familie wurde durch P. Gottfried Wegleitner, den damaligen Guardian des Franziskanerklosters im 1. Bezirk, in einer der Wohnungen der Franziskaner aufgenommen. P. Gottfried starb jung mit 45 Jahren, die fünf Mitglieder der Familie Thani werden ihn immer als „ihren Engel“ verehren. Der Franziskaner hatte auch weitergedacht und seine Freunde aus dem „Grätzl“ gebeten: „Kinder, ich habe da eine syrische Flüchtlingsfamilie, bitte kommt und helft mir“. Senta Ziegler war eine der Helferinnen und ist es als Deutschlehrerin, Betreuerin, Begleiterin bei Behördenwegen „und vor allem als Freundin“ geblieben.

Flüchtlingen zu helfen ist nicht schwer, sagte die Journalistin im Mozarthaus: „Man braucht dazu keine Prüfungen ablegen, keine Vorbereitungen treffen, sondern nur das anbieten, was hier in Österreich eine jede, ein jeder einzubringen vermag: Deutsch sowieso, hartnäckig sein bei Behörden, Missverständnisse abbauen bei Elternsprechtagen, den Kindern schwimmen und eislaufen beibringen usw.. Die Flüchtlinge eben den österreichischen Alltag bewältigen lehren“.

George Thani besaß in Syrien einige Caféhäuser und ein Restaurant, eine Villa. Er hat alles zurückgelassen. Hier in Wien hat der geborene Unternehmer vor zwei Jahren mit Hilfe seiner syrisch orthodoxen Community eine Putzerei in der Singerstraße gekauft. Mit seiner Frau, die zuhause Lehrerin war, hat er den Kundenstock seither locker verdoppelt. Senta Ziegler: „Sie sind gut, zuverlässig, kompetent und beliebt“. Vor einigen Jahren gelang es auch, die Mutter und den Bruder von Njoud Thani nachzuholen. Der vielsprachige Bruder ist jetzt Mitarbeiter einer angesehenen Finanzberatungsfirma, er hat mittlerweile auch eine Familie gegründet, sein kleines Töchterchen ist die erste in Wien geborene Österreicherin aus der einstigen Flüchtlingsfamilie.

Senta Ziegler würdigte auch die syrisch-orthodoxe Marienpfarre im 21. Bezirk, der die Familie Thani angehört. Die ganze Familie ist in der Pfarre engagiert; die Gemeinde ist gerade mit Beharrlichkeit dabei, eine eigene Kirche zu bauen, ein Gotteshaus, das mesopotamische Tradition mit modernen Anklängen harmonisch verbindet.

Birolin, das jüngste Thani-Kind, war vier, als sie nach Wien kam. Heute ist sie im Musikgymnasium, dort kommt sie demnächst in die zweite Klasse. Im Unterschied zu ihren Geschwistern, die schon in Syrien Musikunterricht hatten, fing Birolin hier in der Musikschule mit dem Geigenunterricht erst an. Durch eine glückliche Fügung lernte die Professorin der Musik-Universität, Anna Gutowska, das kleine Mädchen kennen und holte sie zu den Hochbegabten an diese Uni. Smithra war sieben, als sie hier ankam. Sie kommt jetzt in die vierte Klasse im Musikgymnasium in der Neustiftgasse, besuchte von Anfang an auch die Musikschule, spielt heute in Konzerten und nimmt erfolgreich an internationalen Geigen-und Bratsche-Wettbewerben teil. Masad, der Älteste, war elf. Nächstes Jahr kommt er in die 7. Klasse Gymnasium, er schreibt in Latein und Deutsch Einser auf die Schularbeiten, studiert die Oud, die arabische Laute, und ist auch in Schach hochbegabt. Er will Arzt werden.

Das jüngste Thani-Kind spielte im Mozarthaus Geigen-Solo mit Klavierbegleitung (Werke von Pablo de Sarasate, Francois Franceur Kreisler, Charles-Auguste de Beriot und Henryk Wieniawski), Smithra brachte Werke von Leo Portnoff und Edvard Grieg zu Gehör und Masad, der Älteste, entlockte der Oud die Rhythmen der arabischen Musik. Fast noch mehr zur Vollform liefen die drei jungen Musiker auf, als sie gemeinsam mit Prof. Pietsch aus dem Repertoire spielten, das sie in Österreich gelernt haben: Volksmusik aus Dänemark, aus Belgien und aus Ägypten, aber auch aus dem Salzkammergut.

Namens der syrisch-orthodoxen Marienpfarre formulierte Israil Günel – der seinen Vater, einen emeritierten Chorbischof, aus Brüssel abgeholt hatte – ein großes Dankeschön an alle, die den Erfolg der Familie Thani möglich gemacht haben, „in erster Linie dem lieben Gott“. Das Ehepaar habe „richtig investiert“, „nicht in Immobilien, sondern in die Kinder“. Dass die drei Kinder so viel musikalisches Talent haben, sei für die ganze Gemeinde eine große Freude, „denn schließlich hat die Musik bei uns in Syrien begonnen“. Eine solche Familie stelle eine „Bereicherung für Österreich“ dar, „zu dem wir syrisch-orthodoxen Christen gern gehören“. Israil Günel ist der Initiator des Kirchenbaus beim Leopoldauer Platz; seine Hoffnung ist, „dass wir bald mit unseren österreichischen Freunden dort Gott loben können“.