
Paris-Bagdad, 08.01.18 (poi) In Frankreich wird die Hilfe für die irakischen Christen verstärkt, auch durch Information über das, was im Zweistromland geschehen ist. Am 17. Januar berichtet der irakische Dominikanerpater Michael Najeeb in Alencon in der Normandie über seine große Rettungsaktion für „Menschen und Manuskripte“ im Sommer 2014. Unter Lebensgefahr verhalf der Dominikanerpater, der aus Mosul stammt und 1987 von dem 1996 als Märtyrer gestorbenen algerischen Bischof Pierre Claverie zum Priester geweiht wurde, nicht nur zahlreichen christlichen Familien beim Einmarsch der IS-Terroristen zur Flucht, er rettete auch tausende kostbare christliche Handschriften, deren Verbrennung die Dschihadisten lauthals angekündigt hatten. Manche dieser Handschriften sind mehr als 1.000 Jahre alt. Für die Flüchtlinge und für die Manuskripte schuf P. Najeeb in Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Region, einen „sicheren Hafen“. In Erbil brachte der Dominikaner die Flüchtlinge unter, verköstigte und ermutigte sie; die Handschriften, die unschätzbare Zeugnisse von Theologie und Frömmigkeit enthalten, wurden von ihm gereinigt, restauriert und behütet. Seine Erfahrungen und Erlebnisse hat P. Najeeb in dem Buch „Sauver les livres et les hommes“ (Die Bücher und die Menschen retten) zu Papier gebracht.
Der Heroismus von P. Najeeb bei der Rettung der Handschriften und seine organisatorischen Fähigkeiten werden als „großartiger Beitrag zur Bewahrung eines wesentlichen Bestandteils des kulturellen Erbes der Menschheit“ betrachtet. Zum Erfolg der Rettungsaktion des Dominikaners trug bei, dass er schon zehn Tage vor dem Ansturm der IS-Terroristen damit begann, aus den Gotteshäusern von Baghdida und anderen Kleinstädten die kostbaren Manuskripte und Ikonen zu bergen. Später berichtete er: „Ich hatte das Gefühl, dass wir in einer gefährlichen Situation waren und dass die IS-Terroristen unsere Städte und Dörfer angreifen würden. Deswegen charterte ich einen großen Lastwagen und sammelte alles ein, um es in Sicherheit zu bringen: Tausende Manuskripte, umfangreiches Archivmaterial und kostbare Sakralgeräte“. Aber P. Najeeb begnügte sich nicht mit der materiellen Sicherung der Manuskripte, er startete auch mit Hilfe von Studenten eine große Aktion zur photographischen und digitalen Erfassung der kostbaren Schriften.
Eine der großen französischen Hilfsaktionen für die mesopotamischen Christen – „Fraternite en Irak“ – zeigt in Paris ab 18. Januar die Ausstellung „Exodus & Hope“. Die Ausstellung in der Galerie des 7. Pariser Bezirks in der rue de Grenelle wurde erstmals im November 2016 in Erbil gezeigt. Sie umfasst mehr als 30 Werke von Flüchtlingen aus der Ninive-Ebene. „Fraternite en Irak“ möchte mit der Ausstellung einen Beitrag leisten, damit die „Hoffnung der Vertriebenen durch die Präsentation ihrer Kunst wiederkehrt“.
„Fraternite en Irak“ hat sich vorgenommen, 2018 den Wiederaufbau in der Ninive-Ebene zu beschleunigen. Zugleich dokumentiert die Aktion, was sie 2017 nach der Vertreibung der IS-Terroristen aus der Ebene Monat für Monat dazu beitragen konnte, den Vertriebenen die Rückkehr in ihre Heimatorte zu ermöglichen. Im Januar 2017 ging es für „Fraternite en Irak“ vor allem darum, die Flüchtlinge im Lager Nashtiman in Erbil und in Kirkuk zu besuchen. Im Februar half die „Fraternite“ bei der Konstituierung eines Wiederaufbaukomitees in Telskof und engagierte sich bei der Errichtung einer Krankenstation. Im März wurde in einem Flüchtlingslager in Erbil die Errichtung einer Werkstätte zur Produktion von Sesampaste finanziert, womit Arbeitsplätze geschaffen wurden. Im April lag der Schwerpunkt auf der Unterstützung von Handwerkern und Händlern, um sie bei der Wiederaufnahme ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten in den Orten der Ninive-Ebene zu unterstützen. Im Mai wurde geprüft, wie weit die im Herbst 2016 gestartete große Entminungsaktion gediehen ist. Im Juni stellte die „Fraternite“ die erfolgreiche Tätigkeit des Tischlers Adnan, des Bauern Thamir und des Bäckers Nadjah in einem Video dar. Im Juli wurde in der Schule von Bozan, wo die „Fraternite“ jesidischen Kindern seit 2015 den Schulbesuch ermöglicht, eine neue Initiative gestartet: Alphabetisierungskurse für jesidische Frauen in den Ferienmonaten. Im August ging es um den Beginn des Wiederaufbaus des aus der Antike stammenden Klosters Mar Behnam. Im September wurde in Suleimaniya die dritte Bäckerei der „Fraternite“ eröffnet, in der vor allem Vertriebene beschäftigt werden. Zugleich war festzustellen, dass das Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft greift und viele Familien nach Baghdida (Qaraqosh), Bartella und Bashiqa zurückkehren. Im Oktober wurden von der „Fraternite“ zwei neue Schulen eröffnet. Im November konnte die Notfallambulanz des Krankenhauses in Baghdida – dank der Spenden der Leserschaft der französischen katholischen Zeitschrift „Le Pelerin“ – den Betrieb wiederaufnehmen, in Kirkuk wurde die Kinderkrebsstation ausgebaut. Im Dezember schließlich wurden 200 Wohnungen in Baghdida renoviert, um besonders benachteiligten Familien eine Wohnmöglichkeit zu bieten.