
Wien, 25.09.18 (örkö) Im Zeichen des Einsatzes für den Frieden stand am Montagabend in der Wiener Reformierten Stadtkirche der ökumenische Eröffnungsgottesdienst des Jahrestreffens der Generalsekretärinnen und -sekretäre der ökumenischen Kirchenräte der Länder Europas. Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), der evangelisch-reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, bezeichnete es als gutes Zeichen, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen Europas sich gerade jetzt in der Zeit der österreichischen EU-Präsidentschaft in Wien versammeln. Österreich zeichne sich durch ein gutes ökumenisches und interreligiöses Klima aus, das entspreche dem Thema des Wiener Treffens „Toleranz in den jüdisch-christlich-muslimischen Beziehungen“. Hennefeld leitete gemeinsam mit dem Wiener Weihbischof Franz Scharl, dem rumänisch-orthodoxen Bischofsvikar Nicolae Dura und der methodistischen Pastorin Esther Handschin, die das Treffen organisiert, den ökumenischen Gottesdienst. Von Seiten der evangelisch-reformierten Kirche war auch Erika Tuppy anwesend, die viele Jahre hindurch den ÖRKÖ bei den von der „Konferenz Europäischer Kirchen“ ermöglichten Jahrestreffen der Generalsekretärinnen und –sekretäre repräsentiert hat. Für die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes sorgte der „Albert Schweitzer-Chor“.
Esther Handschin stellte ihre Predigt unter das Zeichen des Friedens, für den sich gemeinsam Politik, Kirchen, Bildungsinstitutionen, Zivilgesellschaft und alle Kräfte einsetzen müssen, „denen Gerechtigkeit und Solidarität, Frieden und Wohlergehen wichtig sind“. Im Jesaja-Text, den die Christen mit den Juden teilen, seien Anweisungen und Gebote zu finden, die den Menschen unterschiedlichster Nationen helfen sollen, gut miteinander auszukommen. Manche von diesen Anweisungen seien auch im Koran, der Heiligen Schrift der Muslime, zu finden. Jerusalem, der Ort, von dem in der Vision Jesajas das Wort Gottes ausgeht, sei die Stadt, in der alle drei Religionen wichtige Stätten zur Erinnerung ihres Glaubens vorfinden. Es sei die Stadt, die in ihrem Namen den Frieden trägt und um die gleichzeitig aktuell viel gestritten wird und die schwer zu befrieden sei.
Bei Jesaja finde sich aber auch das starke Bild, das Schwerter zu Pflugscharen und Speere zu Winzermessern umgeschmiedet werden sollen, erinnerte Esther Handschin. Nicht umsonst befinde sich vor dem UNO-Hauptsitz in New York die eindrucksvolle Bronzeskulptur des russisch-ukrainischen Bildhauers Jewgenij W. Wutschetitsch, die diese Szene darstellt. Dieses Bild erinnere daran, was der Auftrag internationaler Organisationen sei: „Dem Frieden zu dienen und ein gutes Miteinander und Gerechtigkeit zu ermöglichen“. Im Epheser-Brief werde klargemacht, dass das dort genannte Schwert ausschließlich ein „Schwert des Geistes“ bedeutet, das im Wort Gottes zu finden ist.
Esther Handschin nahm in der Predigt aber auch auf die historischen Gedenktage des Jahres 2018 Bezug. In vielen Staaten Europas werde des Endes des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren gedacht, was in vielen Ländern auch eine politische Veränderung mit sich brachte. In Österreich müsse auch des Jahres 1938 gedacht werden, als der „Anschluss“ an das nationalsozialistisch beherrschte Deutschland erfolgte. „Viele haben dabei gejubelt, viele waren darüber entsetzt“, sagte die Pastorin und erinnerte an die Verfolgung der österreichischen Juden durch das NS-Regime.
2018 sei aber auch mit dem 400-Jahr-Gedenken des Ausbruchs des Dreißigjährigen Krieges verbunden. Viele verschiedene Mächte hätten an diesem Krieg mitgewirkt. Einerseits sei es um die Vorherrschaft in Europa gegangen, andererseits habe immer wieder die Ebene der Religion mit hineingespielt. Menschen seien auf Grund ihres Glaubens als Katholiken oder Protestanten mobilisiert und fanatisiert worden. Die Schwierigkeiten, nach diesem Krieg zur neuen Friedensordnung des Westfälischen Friedens zu finden, mache bewusst, dass in manchen Kriegen Politik, Religion und Kultur so ineinander verwoben sind, dass schwer allen Ansprüchen Rechnung zu tragen ist. Als Mahnmal dazu bezeichnete Ester Handschin den Kanon „Da pacem Domine“, der zuvor in der Reformierten Stadtkirche erklungen war. Er sei im Jahr 1629 entstanden, als die besten Chancen auf Frieden bestanden. Die Forderungen auf kaiserlicher Seite nach Restitution ehemals katholischer Gebiete seien aber so hoch gewesen, dass die protestantische Seite nicht mitgehen konnte. Das sei mit ein Grund gewesen, dass der schwedische König Gustav II. Adolf mit seinen Truppen eingriff und der Krieg noch einmal fast 20 Jahre länger dauerte.
Beim ökumenischen Gottesdienst wurde dann im gemeinsamen Fürbittgebet der Liturgen deutlich, wie sehr die Kirchen in Österreich schon zur Eintracht gefunden haben. Im Anschluss an den Gottesdienst fand im „Club Stephansplatz 4“ ein Empfang für die ökumenischen Gäste aus allen Teilen Europas statt, bei dem Weihbischof Scharl die Grüße von Kardinal Christoph Schönborn überbrachte.
Die Tagung der Generalsekretärinnen und -sekretäre ist bis Donnerstag angesetzt.