Wien, 17.03.19 (poi) Die Ikonen sind ein „Markenzeichen der orthodoxen Spiritualität“. Dies betonte der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura am Sonntagabend bei der Predigt in der panorthodoxen Vesper zum „Sonntag der Orthodoxie“ in der rumänisch-orthodoxen Andreaskirche in Wien-Simmering. Am „Sonntag der Orthodoxie“ werde der Beschlüsse zugunsten der Ikonenverehrung gedacht, die vom 7. Ökumenischen Konzil im Jahr 787 gefasst wurden. Durchgesetzt werden konnten die Beschlüsse allerdings erst im Jahr 843, also mehr als 50 Jahre später. Seither werde der erste Sonntag der Großen Fastenzeit in allen orthodoxen Kirchen als „Sonntag der Orthodoxie“, als „Fest des Sieges“ des wahren Glaubens, begangen.
Die Verehrung der Ikonen gelte immer dem dargestellten Urbild, betonte der Bischofsvikar und zitierte die Aussage des Heiligen Basilius des Großen, wonach die „Ehre des Bildes auf das Urbild übergeht“. Die Ikonen seien das „Evangelium in Farben“, die „Glaubenslehre für die Augen“. Vor allem seien sie Zeugnis dafür, dass Gott in Jesus Christus tatsächlich Mensch geworden ist. Die Menschwerdung des Wortes Gottes bezeichnete Dura als das wesentliche theologische Argument für die Verehrung der Ikonen. Das Konzil von 787 habe diese Wahrheit über Christus und seine Menschwerdung durch die Verteidigung der heiligen Ikonen bestätigt.
„Die Ikonen sind die Fahnen der orthodoxen Kirche, das Erkennungszeichen gegenüber allen nichtorthodoxen Christen und den Bekennern anderer Religionen“, sagte der Bischofsvikar. Ikonen finde man in jedem Haus eines orthodoxen Gläubigen. Ikonen dürfte aber nicht auf beliebige Art und Weise gemalt werden. Vielmehr seien sie im Sinn des Evangeliums und im Einklang mit der jahrhundertelangen Erfahrung der heiligen Ikonenmaler zu „schreiben“, wie der orthodoxe Fachausdruck lautet. Dura: „Ikonen sind eine Offenbarung oder ein Fenster der Ewigkeit in der Zeit. Sie sind auch kein normales Porträt, das jeder Künstler machen kann. Es bedarf besonderen Feinsinns, des Glaubens und des Verständnisses, um eine Ikone herzustellen“. Die Ikone habe eine geistliche Mitteilung zu überbringen, „für die man eine geistliche Sprache braucht, um sie zu verstehen“, so der Bischofsvikar.
In seinem Grußwort zum Abschluss der Vesper betonte Metropolit Arsenios (Kardamakis), der Vorsitzende der orthodoxen Bischofskonferenz, die Bedeutung der Einheit der orthodoxen Kirche. Die orthodoxen Christen seien in Österreich eine allerdings stets wachsende Minderheit. Die Minderheitsposition müsse aber keine Sorge bereiten, „denn wie eine kleine Menge Sauerteig den ganzen Teig durchsäuern kann, so können auch wenige fromme Christen eine Gesellschaft durchdringen, verändern und erleuchten“. Das sei in der Geschichte der Christenheit oft geschehen. Um den Menschen die frohe Botschaft Christi überzeugend vermitteln zu können, müssten die Christen aber eins sein. Wörtlich sagte der Metropolit: „Unsere Einheit untereinander, unser Umgang miteinander, unsere gegenseitige Liebe, Geduld und oftmals auch unsere Bereitschaft, einander zu verzeihen, werden die Früchte bilden, anhand derer die Menschen erkennen, ob wir wirklich das Evangelium Christi verkünden oder nur wohlklingende Worte sprechen“. Am Verhalten der Christen werde es liegen, ob sie ein „Beispiel der Einheit in der göttlichen Liebe“ geben oder ein „Bild, in dem der Durst nach Macht oder Prestige“ kalt und gleichgültig werden lässt gegenüber dem Mitmenschen.
Metropolit Arsenios erinnerte daran, dass die Wichtigkeit der Einheit schon in den im Johannes-Evangelium überlieferten Abschiedsreden Jesu hervorgehoben werde. Die Väter des 2. Ökumenischen Konzils in Konstantinopel hätten im Jahr 381 im bis heute tagtäglich gebeteten Glaubensbekenntnis die Kirche als die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ definiert. Durch die Taufe werde der orthodoxe Christ Teil dieser einen Kirche und nicht „Teil der griechischen, rumänischen, russischen, serbischen oder einer anderen Kirche“. Für die orthodoxen Christen in der Diaspora, die in einer Situation leben, in der sich die Kirchenstrukturen überlappen, sei der „Sonntag der Orthodoxie“ deshalb schon seit vielen Jahren ein Anlass, die Einheit der einen und ungeteilten Kirche, des „einen und ungeteilten Leibes Christi“, in Erinnerung zu rufen, sie zu erleben und auszudrücken. Die Vielfalt der Orthodoxie mit ihren verschiedenen Traditionen, Sprachen und kulturellen Prägungen sei ein Schatz, eine Bereicherung der Kirche, „aber nur sofern sie eine Vielfalt innerhalb der Einheit ist“, so der Metropolit.
Die endgültige Beendigung des Bilderstreits in der Orthodoxie erfolgte unter dem Patriarchen Methodios von Konstantinopel. Er wird in der orthodoxen und der katholischen Kirche als Heiliger verehrt. Methodios stammte aus Syrakus. In jungen Jahren trat er in ein Kloster in Bithynien ein, 821 wurde er in Konstantinopel wegen seiner bilderfreundlichen Haltung verhaftet, 829 wurde er rehabilitiert. Am 4. März 843 wurde er Patriarch von Konstantinopel. Theodora II., die die Regentschaft für ihren dreijährigen Sohn Michael III. ausübte, hatte die Wahl beeinflusst, um mit Methodios die Bilderverehrung in der orthodoxen Kirche im oströmischen Reich wieder durchzusetzen. Bereits am 11. März 843, dem ersten Fastensonntag jenes Jahres, wurden in einem feierlichen Gottesdienst wieder Ikonen in die Hagia Sophia gebracht. Dieses Ereignisses wird seitdem in der orthodoxen Kirche am „Sonntag der Orthodoxie“ weltweit gedacht.