In Saloniki wurde bei der Liturgie der Name des Oberhaupts der neuen „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ genannt

Milde Reaktion aus Moskau - Ökumenischer Patriarch eröffnete in der nordgriechischen Metropole Ausstellung über den russisch-orthodoxen Arzt-Heiligen Lukas von Simferopol

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Foto: © Knop92 (Qielle: Wikimedia; Lizenz: public domain)

Athen, 19.10.19 (poi) Die Anerkennung der neugegründeten „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ durch die orthodoxe Kirche von Griechenland wurde am Samstag offiziell kundgetan: Bei der Konzelebration der Göttlichen Liturgie durch den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. und Erzbischof Hieronymos (Liapis) von Athen in der Acheiropoietos-Kirche in Saloniki wurde bei den großen Fürbitten nach den „Diptychen“ (den Ehrenlisten der Orthodoxie) ausdrücklich der Name des Oberhaupts der neuen ukrainischen Kirche, Metropolit Epifanij (Dumenko), genannt. Die Namensnennung bei den Fürbitten wird als Anerkennung der neugegründeten „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ interpretiert, die bisher – außer vom Ökumenischen Patriarchat – noch von keiner autokephalen orthodoxen Kirche anerkannt worden war.

Aus Moskau wurde am Samstag abgewiegelt: Der stellvertretende Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Erzpriester Nikolaj Balaschow, betonte, dass die Konzelebration von Erzbischof Hieronymos mit Patriarch Bartholomaios I. noch keine Anerkennung der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ und ihrer Autokephalie durch die Kirche von Griechenland bedeute. Patriarch Bartholomaios nenne Metropolit Epifanij bei jeder Liturgie in den großen Fürbitten. Erzbischof Hieronymos habe das bisher noch nie getan. Erst wenn Erzbischof Hieronymos dies bei einer von ihm als Hauptzelebranten geleiteten Liturgie tue oder die „ukrainischen Schismatiker“ auf andere Weise anerkenne, würden die vom Heiligen Synod des Moskauer Patriarchats am 17.Oktober beschlossenen Maßnahmen in Kraft treten.

Bartholomaios I. sagte bei dem Gottesdienst, er danke Erzbischof Hieronymos für dessen Haltung im Hinblick auf die Autokephalie der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“. Der Wunsch nach Autokephalie sei seit vielen  Jahren ein berechtigtes Anliegen vieler ukrainischer orthodoxer Christen gewesen. Der Ökumenische Patriarch betonte zugleich, dass „die Größe der griechischen Geschichte von unserer Zukunft abhängt. Die griechische Gemeinschaft kann in dieser Welt unter der Bedingung überleben, dass sie ihre Vergangenheit respektiert“. Bartholomaios I. bekundete seine Sorge über die niedrige Geburtenrate in Griechenland und über die Zunahme der Abtreibungsziffern: „Wir müssen das Lebensrecht der ungeborenen Kinder betonen“. Er verwies in  diesem Zusammenhang auf die Beschlüsse des jüngsten panorthodoxen Konzils auf Kreta. Metropolit Anthimos (Roussas) von Saloniki dankte dem Ökumenischen Patriarchen, dem Erzbischof von Athen und den sieben weiteren Metropoliten, die aus Anlass des Festivals „Thessalonique byzantine“ in die nordgriechische Metropole gekommen waren.

Am Freitag eröffnete der Ökumenische Patriarch im Papageorgiou-Krankenhaus in Saloniki aus Anlass von dessen 20-Jahr-Jubiläum eine Ausstellung über den Heiligen Lukas, den Arzt, einen der meistverehrten neuen Heiligen der russisch-orthodoxen Kirche. Der Heilige Lukas – Walentin F. Woino-Jassenetskij – wurde 1877 in der Ukraine in einer Adelsfamilie polnischer Herkunft geboren. Er studierte Medizin und begann 1903 als Landarzt in einem Spital am Baikalsee zu arbeiten. Hier heiratete er, der Verbindung entsprossen vier Kinder. Im Revolutionsjahr 1917 wurde er Chefarzt eines großen Krankenhauses in Taschkent, wo er zudem als Professor für Chirurgie an der Universität lehrte. Nach der bolschewistischen Machtergreifung nahm er oft an den Podiumsdiskussionen des „Verbandes der kämpferischen Gottlosen“ teil, wobei er offen und klug gegen den atheistischen Materialismus Stellung bezog. Damals empfing er auch die Priesterweihe und zelebrierte jeden Sonntag in der Kathedrale von Taschkent. Als 1923 das Schisma der vom KP-Regime unterstützten sogenannten „Lebendigen Kirche“ die russische Kirche in Bedrängnis brachte, musste der damalige Erzbischof von Taschkent fliehen, wobei er die Verwaltung seiner Eparchie Vater Walentin anvertraute. Da Walentins Frau schon einige Jahre vorher an Tuberkulose gestorben war und er seine Kinder in zuverlässige Obhut gegeben hatte, wurde er im selben Jahr unter dem Namen Lukas Mönch; im Mai 1923 wurde er von zwei exilierten Bischöfen im Gebiet von Samarkand in aller Heimlichkeit zum Bischof geweiht.

Zehn Tage nach seiner Rückkehr nach Taschkent und seiner ersten Liturgie als Hierarch wurde er verhaftet und zu zwei Jahren Verbannung in Sibirien verurteilt. Auch dort war er als Arzt tätig und pflegte die Kranken trotz Verbots durch die „Organe“ vor der Operation zu segnen und für sie zu beten. Deswegen wurde er in am Ufer des Arktischen Meeres gelegene Weiler verbannt. 1926 konnte er nach Taschkent  zurückkehren, 1930 wurde er neuerlich verhaftet und landete in Archangelsk, wo er wieder als Chirurg im örtlichen Krankenhaus diente. Zu neuen Verhören nach Moskau beordert, machte man ihm verlockende Angebote zur Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Arbeiten über die Lokalanästhesie und die chirurgische Behandlung eiternder Wunden, unter der Voraussetzung, dass er das Priestertum aufgebe, was er entschieden ablehnte. 1933 entlassen, kehrte er nach Taschkent zurück, wo er in einem kleinen Spital arbeiten konnte. Während seiner Arbeit in Taschkent wurde er von einer Tropenkrankheit befallen, die eine Ablösung der Augennetzhaut bewirkte. Dennoch setzte er seine chirurgische Tätigkeit bis 1937 fort. Während der stalinistischen „Großen Säuberung“ („tschistka“) 1936/38 wurde er gemeinsam mit anderen Klerikern wieder verhaftet und endlosen Verhören unterworfen, bis er ein „Geständnis“ unterschrieb, das seine neuerliche Verbannung nach Sibirien, diesmal nach Krasnojarsk, zur Folge hatte. Auch dort wirkte er wieder als Chirurg und vermochte auch seine Forschungen fortzusetzen. Nach dem deutschen Überfall 1941 wurde er zum Chefarzt des Spitals von Krasnojarsk ernannt, gleichzeitig diente er als Bischof der Region, wo sich die Kommunisten gerühmt hatten, alle Kirchen außer Betrieb gesetzt zu haben. 1943 nahm er am Moskauer Konzil teil, das Metropolit Sergij zum Patriarchen wählte, und wurde zum Mitglied des ständigen Heiligen Synods ernannt. Da die antireligiöse Verfolgung im Krieg abgeflaut war, konnte er in Krasnojarsk ein Programm geistiger Erneuerung beginnen, er hielt mehr als 1.250 Predigten, wovon 700 aufgezeichnet und in Buchform herausgegeben wurden. Als das Spital von Krasnojarsk 1944 nach Tambow ins europäische Russland verlegt wurde, zog er in diese Stadt und übernahm auch die Leitung der orthodoxen Eparchie. 1946 wurde er auf die Krim versetzt und zum Erzbischof von Simferopol ernannt. Wegen einer Herzkrankheit und dem schwindenden Augenlicht musste er nun mit der chirurgischen Tätigkeit aufhören, blieb aber weiterhin aktiv, indem er unentgeltliche Konsultationen gab und die Ärzte der Gegend beriet. 1956 erblindete Erzbischof Lukas vollständig, zelebrierte aber weiterhin die Göttliche Liturgie, predigte und leitete seine Eparchie, wobei er sich mutig den Kirchenschließungen und anderen Verfolgungsmaßnahmen entgegenstellte. Am 11. Juni (29. Mai) 1961 starb der Erzbischof und wurde im Beisein des ganzen Klerus und einer großen Volksmenge in Simferopol bestattet. Sein Grab wurde bald zur Pilgerstätte.