Jetzt offiziell: Kirche von Griechenland anerkennt neue „Orthodoxe Kirche der Ukraine“

Brief von Erzbischof Hieronymos von Athen an Metropolit Epifanij (Dumenko) – Scharfe Reaktion der ukrainisch-orthodoxen Kirche

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Foto: © Evripidis Stylianidis (Quelle: Wikimedia, Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic)

Athen-Kiew, 30.10.19 (poi) Das Oberhaupt der orthodoxen Kirche von Griechenland, Erzbischof Hieronymos (Liapis), hat in einem offiziellen Brief an Metropolit Epifanij (Dumenko) die Anerkennung der neugegründeten „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ durch die Kirche von Griechenland bestätigt. Der Brief des Athener Erzbischofs vom 28. Oktober ist formell die Antwort auf den „Friedensbrief“ vom 17. Dezember des Vorjahrs, in dem Metropolit Epifanij die Oberhäupter aller autokephalen orthodoxen Kirchen über seine beim Kiewer „Einigungskonzil“ am 15. Dezember 2018 erfolgte Wahl informiert hatte. Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios II. forderte seinerseits am 24. Dezember 2018 die Oberhäupter der autokephalen Kirchen brieflich auf, die mit der Autokephalie ausgestattete neue Kirche anzuerkennen. Die Kirche von Griechenland ist jetzt – neben dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel – die erste orthodoxe Kirche, die diesen Schritt gesetzt hat.

In dem Brief von Erzbischof Hieronymos heißt es, er habe bereits im Dezember die Nachricht über die „kanonische Wahl“ von Metropolit Epifanij „mit Freude“ aufgenommen und ihm namens seiner ganzen Kirche gratuliert. Wörtlich wird im Brief des Athener Erzbischofs festgestellt: „Wir freuen uns über die gute Nachricht, dass unsere gemeinsamen Bestrebungen und Handlungen von Erfolg gekrönt wurden und die Barriere, die zwischen Ihnen und uns stand, die wir Orthodoxe und Brüder in allem sind, endlich zerbrochen wurde. Diese Barriere, die uns getrennt hat, hat uns viele Sorgen bereitet, große Skandale und großen Schaden für die ganze Kirche und für das gemeinsame Zeugnis der Orthodoxie in der modernen Welt ausgelöst“. Der Dienst von Metropolit Epifanij möge „die Kirche der Ukraine völlig vom Wirrwarr befreien, der ihre Einheit zerstört hat und Frieden, Einheit und Ausdauer zur Ehre Gottes und der ganzen Orthodoxie wiederherstellen“.

Die Kirche von Griechenland hatte am 12. Oktober bei einer außerordentlichen Bischofsversammlung die Beschlüsse des ihres Ständigen Heiligen Synods vom August im Hinblick auf die Anerkennung der Befugnis des Ökumenischen Patriarchen zur Gewährung der Autokephalie und das Privileg des Athener Primas zur Behandlung der Frage der Anerkennung der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ bestätigt. Erzbischof Hieronymos sprach sich in seiner Erklärung vor der Bischofsversammlung ausdrücklich für die Anerkennung der neugegründeten ukrainischen Kirche aus, es erfolgte aber keine Abstimmung über diese Erklärung. Der Heilige Synod der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ beschäftigte sich am Dienstag ausführlich mit dem Brief aus Athen. Dabei wurde darauf verwiesen, dass Bartholomaios II. am 19. April bei der Göttlichen Liturgie in Saloniki – wo er mit Erzbischof Hieronymos konzelebrierte – in den großen Fürbitten den Namen von Metropolit Epifanij als Oberhaupt der 15. autokephalen orthodoxen Kirche genannt hatte. Der Heilige Synod machte sich die von Metropolit Epifanij am 12. Oktober nach Athen gesandte Dankbotschaft zu eigen und stellte fest, dass nun durch den Brief von Erzbischof Hieronymos „die volle kirchliche Gemeinschaft“ zwischen der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ und der orthodoxen Kirche von Griechenland als einer Gemeinschaft von zwei autokephalen orthodoxen Schwesterkirchen hergestellt sei.

Unmittelbar nach Bekanntwerden des Briefes von Erzbischof Hieronymos veröffentlichte das Außenamt der von Metropolit Onufrij (Berezowskij) geleiteten ukrainisch-orthodoxen Kirche eine Erklärung, in der es wörtlich heißt: „Wir bedauern die Entscheidung aus Athen, die den heiligen Kanones und Traditionen der Kirche widerspricht und einen schweren Fehler darstellt, der die Orthodoxie in der Ukraine ebenso wie die panorthodoxe Einheit verletzt. Die Entscheidung stellt einen Dolchstoß in den Rücken der kanonischen ukrainisch-orthodoxen Kirche dar, die seit Jahren durch das kirchliche Schisma gelitten hat und weiterhin durch die Hand der Schismatiker leidet“.

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche habe ihre Position wiederholt dem Primas und der Hierarchie der Kirche von Griechenland mitgeteilt und über die „reale Situation“ im kirchlichen Umfeld der Ukraine informiert, wird in der Erklärung festgestellt. Leider habe sich die Kirche von Griechenland den „irrigen Aktionen“ des Patriarchats von Konstantinopel angeschlossen. Es sei bedauerlich, dass im Interesse dieser „griechischen Solidarität“ Manifestationen des „Ethnophyletismus“ (Bezeichnung für das Eindringen nationalistischer Ideen im kirchlichen Bereich, das 1872 von einem Konzil in Konstantinopel scharf verurteilt wurde, Red.) gegenüber dem Interesse der Gesamtorthodoxie die Oberhand behalten haben. Geopolitische und politische Faktoren hätten dazu geführt, dass die orthodoxe Kirche von Griechenland „äußerem Druck“ nachgegeben habe. In der Erklärung wird zugleich jenen griechischen Bischöfen, Priestern, Mönchen und Laien gedankt, die ihre Stimme erhoben hätten, um Erzbischof Hieronymos von überhasteten Entscheidungen abzuhalten. Sie hätten damit „mutig Zeugnis für die kanonische Ordnung der Kirche gegeben“. In der Kirchengeschichte habe es immer wieder „kurzfristige Siege“ von Anhängern von Häresie und Schisma gegeben. Früher oder später habe aber immer „die Wahrheit Christi“ triumphiert. Das werde auch jetzt wieder der Fall sein, auch „wenn es lang dauert“. Da die Kirche von Griechenland in „liturgische Gemeinschaft mit Personen getreten ist, die nicht geweiht sind“, gebe es Sorge im Hinblick auf die Zukunft der „eucharistischen Gemeinschaft“ mit Athen. Die Letztentscheidung über die Weiterführung der „eucharistischen Gemeinschaft“ und der Konzelebration mit dem Klerus der griechischen Kirche werde der Heilige Synod der ukrainisch-orthodoxen Kirche zu treffen haben.

 

Metropolit Hilarion: „Trauriges Beispiel“

„Die russische Kirche hofft, dass keine andere autokephale orthodoxe Kirche dem traurigen Beispiel der Kirche von Griechenland folgen wird“, sagte der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion (Alfejew), am Mittwoch bei der Vollversammlung des Christlichen Interkonfessionellen Konsultativkomitees in der russischen Hauptstadt im Hinblick auf die offizielle Aufnahme der Kirchengemeinschaft zwischen der orthodoxen Kirche von Griechenland und der neugegründeten „Orthodoxen Kirche der Ukraine“. „Wir bedauern, dass die Kirche von Griechenland diese Entscheidung getroffen hat, aber wir verstehen, dass sie nicht unabhängig ist, weil fast die Hälfte ihrer Bischöfe Hierarchen des Patriarchats von Konstantinopel sind“ (in den „neuen Gebieten“ im Norden Griechenlands, auf Kreta und im Dodekanes), fügte der Metropolit hinzu. Die Kirche von Griechenland habe keine eigene Außenpolitik, sondern folge immer dem Patriarchen von Konstantinopel.

Dem Christlichen Interkonfessionellen Konsultativkomitee gehören Repräsentanten der orthodoxen, der katholischen und der evangelischen Kirche aus den GUS-Staaten und den baltischen Ländern an.