Kardinal Sandri inaugurierte die neue katholische Eparchie „St. Johannes XXIII. in Sofia“

Bisher gab es nur ein katholisches Exarchat des byzantinischen Ritus – Die Erinnerung an Johannes XXIII., der von 1925 bis 1934 als Apostolischer Visitator in Sofia gewirkt hatte, ist nach wie vor sehr lebendig

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Foto: © Voventurestm (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Sofia, 07.12.19 (poi) Der Präfekt der vatikanischen Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri, hat am Samstag in der bulgarische Hauptstadt die päpstliche Bulle über die Errichtung der griechisch-katholischen Eparchie „St. Johannes XXIII. in Sofia“ präsentiert und in der Kathedrale bei der festlichen Göttlichen Liturgie den neuernannten Eparchialbischof Christo Projkow installiert (er war bisher nur Apostolischer Exarch). Papst Franziskus hatte am 11. Oktober – dem Fest des heilig gesprochenen Papstes Johannes XXIII. – die Bulle über die Errichtung der Eparchie unterzeichnet. In ähnlicher Weise waren auch die bisherigen katholischen Exarchate des byzantinischen Ritus in Serbien und Nordmazedonien zu vollgültigen Eparchien (sie entsprechen den Diözesen im lateinischen Ritus) erhoben worden.

Kardinal Sandri hatte am Freitagabend an einem Advent-Empfang des Apostolischen Nuntius in Sofia, Erzbischof Anselmo Guido Pecorari, teilgenommen. Bei der Göttlichen Liturgie am Samstag nahmen auch Staatspräsident Rumen Radew und Parlamentspräsidentin Zweta Karajantschewa teil. Eine kleine Delegation des bulgarisch-orthodoxen Patriarchats war sowohl beim Nuntius-Empfang als auch bei der Göttlichen Liturgie anwesend. Kardinal Sandri besuchte am Samstagnachmittag mehrere katholische Klöster in Sofia und Umgebung.

Die Erinnerung an Johannes XXIII. – der von 1925 bis 1934 als Apostolischer Visitator in Sofia gewirkt hatte – ist in Bulgarien auch heute sehr lebendig. Als Erzbischof Angelo Roncalli, der spätere Papst, in Sofia war, gab es noch keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen Bulgarien und dem Heiligen Stuhl. Aber Erzbischof Roncalli konnte sich nicht nur der kleinen katholischen Minderheit widmen, er musste auch schwierige diplomatische Fragen behandeln, vor allem im Zusammenhang mit der Eheschließung von Zar Boris III. mit Prinzessin Giovanna von Italien im Jahre 1930. Zar Boris IIII. hatte versprochen, in einer katholischen Kirche zu heiraten und die Kinder katholisch taufen und erziehen zu lassen. So wurde am 25. Oktober 1930 in Assisi die Hochzeit gefeiert, doch dann folgte kurz darauf in der orthodoxen Aleksander-Newskij-Kathedrale in Sofia eine zweite Trauung. Erzbischof Roncalli musste nun einen offiziellen Protest beim Zaren einlegen und hatte zudem Vorwürfe katholischer Hardliner auszuhalten, er trage die Schuld an der zweiten Eheschließung, weil er sich nicht ernsthaft bemüht hätte, sie zu verhindern. Königin Giovanna war die Leidtragende dieser Entwicklungen, fand aber in Erzbischof Roncalli einen verständnisvollen Freund. Sie sagte ihm übrigens auch seine Wahl zum Papst voraus und hat ihn einige Tage nach der Wahl im Oktober 1958 mit ihren Kindern besucht.

1934 erfolgte die Ernennung von Erzbischof Roncalli zum Apostolische Delegaten für die Türkei und Griechenland. Damals versprach er, in seinem Fenster werde immer eine Kerze für Bulgarien brennen, und wenn irgendjemand aus Bulgarien – Katholik, Orthodoxer oder Muslim – vorbeikomme, werde er ihn empfangen. Für seine große Liebe zu Bulgarien spricht auch die Tatsache, dass er Papst Pius XI. bewegen konnte, ihm die Titularerzdiözese Nessebar/Mesembria an der bulgarischen Schwarzmeerküste zu verleihen. Bevor er Bulgarien im Januar 1935 verließ, sagte er in seiner letzten Predigt: „Jedes Mal, wenn ich unterschreiben soll, werde ich mit Giuseppe, Erzbischof von Mesembria, unterschreiben und mich an dieses schöne Land erinnern“.

In Bulgarien wurde auch die Haltung Roncallis bei der Pariser Friedenskonferenz 1947 nicht vergessen. Er war seit 1944 als Apostolischer Nuntius in Frankreich tätig und hatte sich dort bereits einen guten Ruf als Vermittler erworben. Bei der Friedenskonferenz begrüßte Nuntius Roncalli als Doyen des Diplomatischen Corps nicht zuerst die Vertreter der Siegermächte, sondern rief beim Erscheinen der bulgarischen Delegation „Viva Bulgaria“ aus. Diese Geste leitete einen Stimmungsumschwung zugunsten Bulgariens ein. Natürlich rief dies auch Verwunderung hervor, zeigte er doch als Vertreter des Heiligen Stuhls sein Wohlwollen gegenüber der damals bereits kommunistischen Regierung. Er tat dies aber, wie er betonte, nicht aus Sympathie für die Kommunisten, sondern weil er Bulgarien vor Annexionsbestrebungen der Siegerstaaten Griechenland und Jugoslawien schützen wollte. Bei der Seligsprechung von Papst Johannes XXIII. am 3. September 2000 in Rom war auch eine offizielle Delegation aus Bulgarien anwesend, der Vertreter der Regierung und der orthodoxen Kirche angehörten.

In orthodoxen Kreisen erinnert man sich noch heute, wie Erzbischof Roncalli reagierte, als ihn ein orthodoxer Priesteramtskandidat um Unterstützung für den Plan bat, zusammen mit anderen orthodoxen Kandidaten in Rom studieren zu können. In seinem Antwortbrief riet ihm Erzbischof Roncalli, in Sofia zu bleiben und an der orthodoxen Fakultät zu studieren, denn „Katholiken und Orthodoxe sind keine Feinde, sondern Brüder. Wir haben den gleichen Glauben und nehmen an den gleichen Sakramenten teil … Auch wenn wir auf verschiedenen Wegen gehen, werden wir uns später in der Einheit der Kirchen dadurch wiedertreffen, dass wir gemeinsam die wahre und einzige Kirche unseres Herrn Jesus Christus gestalten“.

In Bulgarien finden sich viele Erinnerungen an Erzbischof Roncalli. So wurde das geistliche Zentrum „Papst Roncalli“ in dem Gebäude in Sofia errichtet, in dem er sieben Jahre gewohnt hatte. Es ist ein Ort der Begegnung zwischen katholischen und orthodoxen Gläubigen und möchte damit den Geist der Ökumene fördern. Auch das neue Gebäude der Nuntiatur trägt den Namen „Villa Roncalli“. In Sofia ist dem heiligen Papst eine Kirche geweiht, die auf dem Grundstück steht, das er während seiner Tätigkeit in Bulgarien für den Bau eines Priesterseminars erworben hatte.