Katholische und orthodoxe Bischöfe Österreichs tagten gemeinsam

Eine „Premiere“, es war „höchste Zeit“ – Zusammenarbeit zwischen orthodoxer und katholischer Kirche soll verstärkt werden – „Ist es überhaupt noch erlaubt, dass wir getrennt sind`?“

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Foto ©: Franz Johann Morgenbesser (Quelle: Wikimedia, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic)

Wien, 5.11. 19 (poi) Die katholische und die orthodoxe Kirche wollen ihre Zusammenarbeit in Österreich künftig verstärken. Die Vorsitzenden der beiden Bischofskonferenzen – Kardinal Christoph Schönborn und Metropolit Arsenios (Kardamakis) – betonten im Anschluss an die erste gemeinsame offizielle Begegnung am Montag, 4. November, im Gespräch mit „Kathpress“ die Bedeutung des Miteinanders und kündigten an, dass es künftig regelmäßige gemeinsame Beratungen auf Bischofsebene geben soll. Die Details bzw. Intervalle stünden freilich noch nicht fest. Die rund 600.000 bis 700.000 Christen östlicher Tradition in Österreich seien eine bedeutende Realität, die noch viel stärker in den Vordergrund gestellt werden müsse, erklärte Kardinal Schönborn: „Es war höchste Zeit, dass sich die Bischöfe einmal in dieser Form getroffen haben“. Das erste Treffen sei „ein ganz wichtiger Schritt“ hin zu mehr katholisch-orthodoxer Zusammenarbeit gewesen, eine „Premiere“.

Seit den 1960er-Jahren sei das Vertrauen zwischen orthodoxer und katholischer Kirche beständig gewachsen, sagte Kardinal Schönborn. Er erinnerte an die wegweisende Begegnung zwischen Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras im Jahr 1964 in Jerusalem. Inzwischen gehe es eigentlich nicht mehr um die Frage „Was hindert uns noch an der Gemeinschaft?“, sondern vielmehr um die Frage: „Ist es überhaupt noch erlaubt, dass wir getrennt sind?“ Auch wenn sich eine tausendjährige Geschichte der Trennung nicht in wenigen Jahren überwinden lasse, sei festzuhalten: „Heute ist das Verhältnis zwischen unseren Kirchen ein wirklich geschwisterliches. Wir sind Schwesterkirchen und wir haben nicht nur den Glauben gemeinsam, sondern auch viele Themen, die wir auch öffentlich gemeinsam vertreten“.

Als eine große gemeinsame Herausforderung für die Kirchen nannte der Kardinal die „Bewahrung der Schöpfung“. Hier spiele der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. seit Jahrzehnten eine Vorreiterrolle, wie auch Papst Franziskus in seinem Schreiben  „Laudato si“ ausdrücklich betont habe. „Das ist ein Bereich, wo wir gemeinsam unterwegs sind“.

Der Kardinal würdigte in besonderer Weise das Wirken des 2011 verstorbenen Wiener orthodoxen Metropoliten Michael (Staikos), unter dessen Vorsitz die orthodoxe Bischofskonferenz von Österreich 2010 gegründet wurde.

 

Metropolit Arsenios: „Historisches Treffen“

Von einem „historischen Treffen“ sprach auch Metropolit Arsenios im Anschluss an die Begegnung im Gespräch mit „Kathpress“. Es sei deutlich geworden, dass die orthodoxe und die katholische Kirche letztlich viele gemeinsame Themen, Probleme bzw. Herausforderungen hätten, beispielsweise im Bereich der Bildung, der Familie, der Seelsorge oder auch der Migration. Letztlich gehe es darum, „dass wir das Evangelium zu verkünden haben und das sollten wir gemeinsam tun“. Gerade für die orthodoxe Kirche in Österreich sei diese Begegnung auch eine Stärkung und Ermutigung gewesen. Er wolle diese Begegnung zwischen katholischen und orthodoxen Bischöfen auch als wichtigen Schritt auf dem Weg zur kirchlichen Einheit sehen, so der Vorsitzende der orthodoxen Bischofskonferenz: „Wir arbeiten an der Einheit, wir wollen es, wir beten und wir hoffen“.

Das Treffen der katholischen und der orthodoxen Bischofskonferenz fand am Montagnachmittag im Wiener Erzbischöflichen Palais statt. Mit allen Mitgliedern der katholischen Bischofskonferenz nahmen von orthodoxer Seite Metropolit Arsenios (Kardamakis), der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic) und der rumänisch-orthodoxe Bischof Serafim (Joanta) teil. Bei den Beratungen waren auch der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura, der antiochenische Erzpriester Nikola Wahbeh sowie Vertreter der konstantinopolitanischen Metropolis (Erzpriester Ioannis Nikolitsis und P. Athanasius Buk) anwesend.

Den liturgischen Abschluss fand das erste katholisch-orthodoxe Bischofstreffen am Montagabend mit einer Vesper in der griechisch-orthodoxen Dreifaltigkeitskathedrale am Fleischmarkt in der Wiener Innenstadt. Mit den orthodoxen und katholischen Bischöfen nahmen viele orthodoxe Geistliche und Gläubige beider Konfessionen teil. Nach der Vesper besuchten die Bischöfe die neue Johannes Chrysostomos-Kapelle am Hafnersteig, in der am Wochenende die deutschsprachigen orthodoxen Liturgien stattfinden. Die Kapelle wurde am 27. Februar 2018 vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. – im Beisein des Patriarchen von Alexandrien, Theodoros II., geweiht. Die in weißem Marmor ausgeführte Ikonostase der Kapelle zitiert die in ihrer heutigen Form aus dem 11. Jahrhundert stammende Kirche Panagia Kapnikarea im Herzen von Athen, die in ihrer Anlage auf einen Vorgängerbau aus dem 5. Jahrhundert zurückgeht.

 

Russischer Metropolit kam „privat“

Am Montagvormittag hatte die orthodoxe Bischofskonferenz in der rumänisch-orthodoxen Pfarre in Wien-Simmering ihre Vollversammlung abgehalten. Auf der Tagesordnung standen u.a. das jüngste Panorthodoxe Jugendtreffen, der Religions- und Ethikunterricht, die Militärseelsorge sowie ökumenische Aktivitäten. Die Bischöfe hielten u.a. fest, dass die orthodoxe Kirche in Österreich in Fragen der Aus-und Weiterbildung für Lehrkräfte aller Schulstufen zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Krems und der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien zusammenarbeitet und die entsprechenden Lehr- und Studienpläne mit diesen langjährigen Partnern im Bildungsbereich gezielt eingerichtet hat.

Unter dem Vorsitz von Metropolit Arsenios nahmen an der Vollversammlung der orthodoxen Bischofskonferenz der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic), der (in Nürnberg residierende) rumänisch-orthodoxe Metropolit Serafim (Joanta), der (in Köln residierende) antiochenisch-orthodoxe Metropolit Isaak (Barakat) sowie weitere Geistliche teil.

Metropolit Ioann (Roschtschin), der zuständige Bischof des Moskauer Patriarchates, konnte auf Grund des Beschlusses des Heiligen Synods seines Patriarchats vom 14. September 2018 nicht teilnehmen. Damals war auf Grund des Vorgehens des Patriarchats von Konstantinopel in der Ukraine u.a. festgelegt worden, dass sich die russisch-orthodoxe Kirche aus allen Gremien zurückziehen wird, in denen Konstantinopel den Vorsitz innehat. Zur „allgemeinen Freude“ nahm der Metropolit aber die Einladung zum Mittagessen in der rumänisch-orthodoxen Gemeinde an, sodass sich „Gelegenheiten zum Austausch zu aktuellen Fragen der Orthodoxie in Österreich und darüberhinaus“ ergaben. Metropolit Ioann habe zwar nicht an der Sitzung der orthodoxen Bischofskonferenz teilgenommen, man habe sich aber „privat getroffen“, berichtete auch Metropolit Arsenios: „Wir beten und arbeiten daran, die bestehenden Probleme zu lösen. Wir wollen nicht aufgeben“.

Die Gründung der Orthodoxen Bischofskonferenz von Österreich geht auf die 4. präkonziliare panorthodoxe Konferenz im schweizerischen Chambesy im Juni 2009 zurück. Mit dem Ziel, ihre Einheit zu stärken, beschlossen die orthodoxen Kirchen damals die Neuordnung ihrer Zusammenarbeit in der Diaspora, dies vornehmlich durch die Gründung regionaler Bischofsversammlungen. Es wurde festgelegt, dass jeweils der Repräsentant des Ökumenischen Patriarchats den Vorsitz innehaben sollte. Metropolit Michael (Staikos) veranlasste 2010 die Gründung der Orthodoxen Bischofskonferenz von Österreich.

Die Idee zu einer gemeinsamen Versammlung der orthodoxen und der katholischen Bischöfe war im November 2017 von Kardinal Schönborn und Metropolit Arsenios ins Gespräch gebracht worden. Dabei wurde auch auf die Begegnung von katholischen Bischöfen und evangelischen Superintendenten im Herbst 2016 in Eisenstadt Bezug genommen.