Konferenz Europäischer Kirchen tagt im serbischen Novi Sad

Bischof Irinej: Serbien versteht sich als Ort der Begegnung, des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Kirchen, Religionsgemeinschaften, Völkern und Kulturen - „Zeugnis für das Evangelium muss sich in Gerechtigkeit und Gastfreundschaft ausdrücken“

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Foto ©: Albin Hillert/CEC (Quelle: https://flic.kr/s/aHskCbGTwm, Lizenz: Erlaubnis der CEC)

Belgrad, 01.06.18 (poi/örkö)  Die Abhaltung der Generalversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (CEC) in Novi Sad stelle für Serbien eine Gelegenheit dar, seine jahrhundertealte Berufung als Ort der Begegnung, des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Kirchen, Religionsgemeinschaften, Völkern und Kulturen unter Beweis zu stellen. Dies betonte der serbisch-orthodoxe Bischof der Batschka, Irinej (Bulovic), bei der Eröffnung der CEC-Generalversammlung, die bis 6. Juni anberaumt ist. In Novi Sad, der zweitgrößen Stadt Serbiens, lebe die serbisch-orthodoxe Mehrheit in gegenseitigem Verständnis, Respekt und spiritueller Interaktion mit den Mitgliedern anderer religiöser und ethnischer Gemeinschaften. Die Stadt, in der Angehörige von 25 Nationalitäten präsent sind, betrachte sich als ein „Europa im Kleinen“; nächst den orthodoxen Gotteshäusern könne man römisch-katholische und reformatorische Kirchen finden, eine schöne Synagoge und eine Moschee. All dies sei ein Teil des Zeugnisses für Jesus Christus, betonte Bischof Irinej und erinnerte an das in der Apostelgeschichte überlieferte Wort des Heiligen Paulus in Athen: „Er hat aus einem einzigen Menschen das ganze Menschengeschlecht erschaffen, damit es die ganze Erde bewohne“. Daher müsse ein wahrer Christ in jedem Menschen – unabhängig von dessen Religion, Nationalität, Hautfarbe oder gesellschaftlichem Status – eine „lebendige Ikone Gottes“ sehen. Auch der Regierungschef der Vojvodina, Igor Mirovic, betonte, dass die christliche Kultur die Basis des gegenseitigen Respekts und des harmonischen Zusammenlebens in der serbischen Nordprovinz sei.

Der serbisch-orthodoxe Patriarch Irinej I. sagte in seinen Grußworten bei der Eröffnung, mehr denn je sei es für die Welt von heute notwendig, „die Stimme Gottes und die geeinte Stimme der Kirche“ zu hören. Der Patriarch erinnerte die rund 500 Teilnehmenden aus 114 reformatorischen, anglikanischen, altkatholischen und orthodoxen Kirchen Europas an das Leiden des serbisch-orthodoxen Volkes; er verwies auf die Zerstörung von orthodoxen Kirchen, Klöstern und Friedhöfen im Kosovo und in der Metochie und bat die Kirchenrepräsentanten aus allen Teilen Europas, gegen die „ungerechte und gewaltsame“ Inbesitznahme eines Territoriums der Republik Serbien die Stimme zu erheben.

Der Präsident der CEC, der anglikanische Bischof Christopher Hill, betonte bei der Eröffnung der Generalversammlung seine Überzeugung, dass interkonfessionelle Treffen zum Miteinander der christlichen Kirchen und zur Entwicklung positiver gesellschaftlicher Werte beitragen.  Auf der Tagesordnung in Novi Sad gehe es um eine Vision für Europa, „die nicht nostalgische Sehnsucht nach einer vergangenen Christenheit ist, sondern von den christlichen Tugenden der Gerechtigkeit und Gastfreundschaft geprägt wird“. Das Generalthema sei „Zeugnis“ (für das Evangelium), ein Zeugnis, das sich in einer Zeit des „insulären Rückzugs und des wieder erstarkenden Neo-Nationalismus“ umso mehr in Gerechtigkeit und Gastfreundschaft ausdrücken müsse. Zweifellos hätten in der Vergangenheit leider auch die christlichen Kirchen zur Entzweiung unter den Menschen beigetragen. Aber der Blick auf den dreifaltigen Gott zeige, das auch die Kirchen  Gemeinschaft sein müssen. Gemeinschaft unter den Kirchen sei das ökumenische Ziel, aber es gehe auch darum, Zeichen für die weitere menschliche Gemeinschaft zu sein.

Der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Pfarrer Olav Fykse Tveit, unterstrich die Bedeutung des Mottos der 15. CEC-Generalversammlung – „Ihr werdet meine Zeugen sein“ – in einer Zeit, in der es in Europa „so viele neue Trennlinien und polarisierende Kräfte“ gibt. Die Kirchen seien dazu berufen, ausgehend von der Liebe Christi, gemeinsam ein kraftvolles Zeugnis gegen diese Tendenzen abzugeben. Dazu gehöre es auch, jene willkommen zu heißen, die durch Krieg, Terror und Gewalt aus ihrer Heimat vertrieben wurden, zum Aufbau eines gerechten Wirtschaftssystems beizutragen, den Einsatz im Bereich der Bildung zu stärken und eine Umgebung herzustellen, in der Diskriminierungen aller Art der Vergangenheit angehören. Wörtlich sagte Fykse Tveit: „Wir teilen die selbe Vision der Einheit und Zusammenarbeit in Europa, aber auch die Herausforderungen und Chancen, mit denen die europäischen Kirchen konfrontiert sind“.

Die Hauptreferate bei der CEC-Generalversammlung halten der syrisch-orthodoxe Patriarch Mor Ignatius Aphrem II. (Gastfreundschaft und Flüchtlingskrise), Lisa Schneider vom Ecumenical Youth Council in Europe (Gerechtigkeit) und die evangelisch-lutherische Erzbischöfin von Uppsala, Antje Jackelen (Zeugnis). Am Sonntag nehmen die Delegierten an den Gottesdiensten in den Gotteshäusern unterschiedlicher Konfession in Novi Sad teil, am Nachmittag sprechen der anglikanische Primas, Erzbischof Justin Welby, und die deutsche evangelisch-lutherische Bischöfin Petra Bosse-Huber über „Die christliche Präsenz in der Zukunft Europas“. Am Sonntagabend ziehen die Delegierten in Prozession zur Zezelj-Brücke über die Donau, die 1999 bei den Angriffen der NATO auf Jugoslawien zerstört wurde. Der Bau der neuen Brücke wurde heuer fertiggestellt. Bei der Brücke werden sich die Delegierten der Kirchen zu einem ökumenischen Gebet versammeln, die neu errichtete Brücke soll dabei als Symbol des Friedens und der Schaffung neuer Verbindungen zwischen dem Balkan und dem übrigen Europa bewusst gemacht werden.

Die statutarische CEC-Generalversammlung beginnt am Montagnachmittag.