Bagdad, 02.04.19 (poi) Die irakische Tigris-Metropole Mosul gewinnt ihr Gesicht wieder: Am Montag wurde in Anwesenheit des chaldäisch-katholischen Erzbischofs Michael Najeeb Moussa und anderer religiöser Führungspersönlichkeiten das „Francophone Kulturzentrum“ eröffnet. Erzbischof Najeeb Moussa hat als Retter der frühchristlichen Manuskripte Mesopotamiens vor dem zerstörerischen Furor der IS-Terroristen weltweite Bekanntheit erlangt. Die Einrichtung des „Francophonen Kulturzentrums“ ist dem französischen katholischen „Oeuvre d’Orient“ zu verdanken, das sich seit Jahrzehnten für die Belange der orientalischen Christen einsetzt. Die Eröffnung des Zentrums wird als Beginn der „Rückkehr der Francophonie“ in den Irak begrüßt. Bei der Eröffnungszeremonie waren daher auch der Vizepräsident der Region Ile-de-France, Jerome Chartier, und die Bürgermeisterin des 5. Pariser Bezirks (wo viele christlich-orientalische Gemeinden zuhause sind), Florence Berthout, anwesend.
Mit dem „Francophonen Kulturzentrum“ wird an eine Tradition angeknüpft, die ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Um 1870 kamen französische Dominikaner nach Mosul und errichteten u.a. die Kirche „Notre –Dame-de l’Heure“ (Unsere Liebe Frau von der Stunde) im Zentrum der Tigris-Metropole. In den 1880er-Jahren stiftete Ex-Kaiserin Eugenie (die Ehefrau von Napoleon III.) den Uhrturm, den ersten auf irakischem Boden (im späten 19. Jahrhundert gab es unter den Städten des Osmanischen Reiches einen förmlichen Wettbewerb um die Errichtung eindrucksvoller Uhrtürme).
Schon während des US-Einfalls im Irak wurde „Notre-Dame-de l’Heure“ beschädigt. Nach der Besetzung Mosuls durch die IS-Terroristen wurde die Kirche (samt dem historisch bedeutsamen Uhrturm) am 24. April 2016 – dem 101. Jahrestag des Beginns des Völkermords an den Armeniern im sterbenden Osmanischen Reich – von den IS-Terroristen vollständig zerstört. Antiquitäten und Kunstwerke wurden zwecks späterer „Verwertung“ auf dem internationalen Antiquitätenmarkt geplündert, bevor der Uhrturm mit Sprengstoff in die Luft gejagt wurde. Nach Zeugenaussagen waren Neo-Islamisten aus dem deutschsprachigen Bereich bei der Untat beteiligt, als deren Motiv die historische Beziehung des Gotteshauses zu Frankreich angegeben wurde.