Orthodoxie: Bukarest drängt auf Verständigung

Heiliger Synod der orthodoxen Kirche von Rumänien ruft die Verpflichtung zur Synodalität in Erinnerung – Heiligsprechung des bessarabischen Bischofs Dionisie (Erhan)

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Foto ©: Razvan Socol (Quelle: Wikimedia, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Bukarest, 27.10.18 (poi) Der Heilige Synod der orthodoxen Kirche von Rumänien hat im Hinblick auf die Ukraine-Krise die beiden Patriarchate von Konstantinopel und Moskau zu einer Verständigungslösung eingeladen und zugleich die Verpflichtung zur Synodalität in Erinnerung gerufen. Wörtlich heißt es in der Erklärung des Heiligen Synods, der unter dem Vorsitz von Patriarch Daniel getagt hatte: „Im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen in der ukrainischen Kirchensituation erinnert der Heilige Synod von Rumänien an seine Empfehlung vom 24. Mai, dass das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel und das Patriarchat von Moskau eine gemeinsame Lösung finden sollen, die sowohl die Einheit des Glaubens als auch die administrativ-pastorale Freiheit bewahrt, die ein charakteristischer Wesenszug der Orthodoxie ist“. Zugleich unterstreicht der Heilige Synod der rumänischen Kirche, dass die Einheit durch „Mitverantwortung und Kooperation“ der orthodoxen Ortskirchen bewahrt werden muss – „durch Pflege des Dialogs und der Synodalität auf panorthodoxer Ebene“. Dies sei eine „ständige Notwendigkeit im Leben der Kirche“. Weiter heißt es in der Bukarester Erklärung: „Die Einheit der Kirche ist eine Gabe Gottes, aber ebenso eine große Verantwortung der Hierarchen, des Klerus und aller loyalen Gläubigen“. Deshalb rufe der Heilige Synod zu intensiveren Gebeten um die Einheit auf – „und zum Dialog und zur Versöhnung im Geist der brüderlichen christlichen Liebe, die wahre Freiheit schenkt“.

Die Bukarester Erklärung hat weltweit in der Orthodoxie größtes Interesse ausgelöst, nicht zuletzt wegen des Hinweises auf die Synodalität (bekanntlich hatte Patriarch Daniel auch beim Konzil von Kreta auf regelmäßige panorthodoxe synodale Vorgänge im Abstand von wenigen Jahren gedrungen). Der Heilige Synod hat aber auch eine Heiligsprechung vorgenommen, die einen Hierarchen aus Bessarabien betrifft, jenem Gebiet, das über 200 Jahre hinweg zwischen Moskau und Bukarest umstritten war und wo es heute zwei parallele orthodoxe Jurisdiktionen gibt, obwohl das – wie in anderen Gebieten, z.B. Estland – dem orthodoxen Kirchenrecht dramatisch widerspricht. Heilig gesprochen wurde Bischof Dionisie Erhan (1868-1943), der immer die Anliegen der rumänischen Bevölkerung in Bessarabien vertreten habe. Seine Heiligsprechung steht im Zusammenhang mit dem 100-Jahr-Gedenken der „Großen Union“, mit der 1918 Siebenbürgen, das östliche Banat, die Bukowina und Bessarabien mit dem Königreich Rumänien zusammengeschlossen wurden.

Dionisie (Erhan) wurde 1868 in Bessarabien geboren, das damals ein Teil des russischen Kaiserreichs war. Mit 15 Jahren trat er 1883 in das Kloster Suruceni unweit von Chisinau ein (dort wurde im Juli des heurigen Jahres auch sein unverwester Leib gefunden). 1908 wurde der Mönch zum Abt von Suruceni gewählt. Im Juli 1918 wurde er zum Auxiliarbischof von Chisinau bestimmt und in der Kathedrale von Iasi geweiht. 1934 wurde Erhan zum Diözesanbischof von Cetatea Alba (das von den Kommunisten nach der Abtretung an die Ukraine 1945 in Bjelgorod Dnjewstrowskij umbenannt wurde) und Ismail gewählt. Diese Funktion im damals rumänischen Bessarabien behielt er bis 1940 bei, als Bessarabien auf Grund des Ribbentropp-Molotow-Paktes an die Sowjetunion abgetreten werden musste. Mit vielen rumänisch denkenden Funktionären, Priestern usw. flüchtete auch Erhan in die Walachei, wo er in Pitesti als Seelsorger wirkte. Nach dem Angriff der rumänischen Truppen über den Pruth im Juni 1941 kehrte Erhan in seine Eparchie zurück, starb aber 1943 im Zentralkrankenhaus von Chisinau.

Das Eparchialgebiet des jetzt heilig gesprochenen Bischofs wurde von den sowjetischen Kommunisten nach 1945 unter dem Titel „Budzak“ der Ukraine einverleibt. Von dort stammt auch der heutige ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der in Bolgrad, einem Städtchen unweit von Reni, mitten im „Budzak“, geboren wurde.