Papst Franziskus erflehte Segen für Rumänien

Messfeier in der katholischen Josephskathedrale in Bukarest am Freitagabend – Hommage des Papstes an die „einfachen Menschen, die inmitten der kommunistischen Verfolgungen auf Gott vertraut haben“

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Foto: © (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Bukarest, 31.05.19 (poi) Segen für Rumänien erflehte Papst Franziskus bei der Messfeier in der katholischen Josephskathedrale in Bukarest am Freitagabend. Eindringlich appellierte er an die katholischen Rumänen: „Seid die Förderer einer Kultur der Begegnung, die die Gleichgültigkeit und die Spaltung Lügen straft und die es diesem Land möglich macht, kraftvoll die Barmherzigkeit Gottes zu besingen“. Der Gottesdienst stand im Zeichen der Freude. Der Papst verwies auf das biblische Beispiel Marias, die bei ihrer Begegnung mit Elisabeth die Größe Gottes preist, obwohl sie selbst klein und demütig ist aber in der Freude bleibt, weil sie in allem auf Gott vertraut. Wörtlich fügte Papst Franziskus hinzu: „Denken wir an die großen Zeugen dieses Landes: einfache Menschen, die inmitten der Verfolgungen auf Gott vertraut haben. Sie haben ihre Hoffnung nicht auf die Welt, sondern auf den Herrn gesetzt und sind so vorangegangen“. Er wolle diesen „demütigen Siegern“ danken, diesen „Heiligen von nebenan, die uns den Weg weisen“. Ihre Tränen seien nicht unnütz gewesen, „sie waren Gebet, das zum Himmel aufgestiegen ist und die Hoffnung dieses Volkes gespeist hat“.

Der Blick auf Maria erlaube es, den Blick auf die vielen Frauen, Mütter und Großmütter zu richten, die mit „Opferbereitschaft und Selbstlosigkeit, Entsagung und Einsatz die Gegenwart gestalten und die Träume für Morgen entwerfen“. Ihre Sache sei eine ausdauernde und unbeachtete stille Hingabe, die nicht davor zurückschrecke, „die Ärmel aufzukrempeln“ und sich schwere Lasten aufzuladen, um das Leben der Kinder und der ganzen Familie voranzubringen und dabei „gegen alle Hoffnung“ zu hoffen. In Rumänien sei die Tatsache in lebendiger Erinnerung, dass im Volk ein starker Sinn für Hoffnung lebt, „über alle Bedingungen hinaus, die die Hoffnung zu verdunkeln oder auszulöschen suchen“. Im rumänischen Volk gebe es Raum für die Hoffnung, deshalb laute auch das Thema des Papstbesuchs „Gehen wir gemeinsam“.

Die Begegnung der jugendlichen Maria und der im vorgerückten Alter stehenden Elisabeth zeichnete der Papst auch als Sinnbild der Begegnung der Generationen nach: „Junge und Alte begegnen einander, umarmen sich und werden fähig, dass einer das Beste des anderen erweckt“. Das sei das von der „Kultur der Begegnung“ hervorgebrachte Wunder, „wo niemand ausgesondert oder mit einem Etikett versehen wird, wo vielmehr alle gesucht sind, weil sie notwendig sind, um das Antlitz des Herrn sichtbar zu machen“.

„Kultur der Begegnung“ war das Stichwort der Predigt des Papstes. Für den Christen sei es der Heilige Geist, der ermutige, aus den Abschottungen und Eigenheiten herauszugehen, über den äußeren Schein hinaus zu schauen. So ergebe sich die Möglichkeit, von den anderen gut zu sprechen, „sie zu segnen“, besonders die vielen Brüder und Schwestern, „die den Unbilden des Lebens weiter ausgesetzt sind, denen es vielleicht nicht nur an einem Dach und etwas Brot fehlt, sondern an der Freundschaft und der Herzlichkeit einer Gemeinschaft, die sie umarmt, die sie beschützt und sie aufnimmt“. Diese „Kultur der Begegnung“ lasse auch das „Wunder der Mütterlichkeit der Kirche“ erfahren, die ihre Kinder „sucht, schützt und vereint“. Wörtlich fügte der Papst hinzu: „Wenn in der Kirche verschiedene Riten einander begegnen, wenn nicht zuerst die eigene Zugehörigkeit, die eigene Gruppe oder Ethnie kommt, sondern das Volk, das gemeinsam Gott zu loben weiß, dann geschehen große Dinge“.

Die Josephskathedrale wurde 1875–1883 nach Plänen des Wiener Dombaumeisters Friedrich von Schmidt erbaut. Im Februar 1884 erfolgte die Weihe durch Erzbischof Ignazio Paoli. Die römisch-katholische Gemeinde in Bukarest war seit Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem durch Zuwanderer aus Mittel- und Südeuropa stark angewachsen. Daher erhob Papst Leo XIII. das Apostolische Vikariat der Walachei zur Erzdiözese. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kathedrale 1944 durch die alliierten Bombenangriffe schwer in Mitleidenschaft gezogen. Auch beim Erdbeben von 1977 war sie betroffen. Ab 2005 gab es heftige Auseinandersetzung mit den Eigentümern und Erbauern eines benachbarten „Wolkenkratzers“, der die Kathedrale statisch und optisch in schwere Gefahr gebracht hatte.

In der Kathedrale wurde Papst Franziskus auf die Reliquien des Fürsten, Priesters und Märtyrers Vladimir Ghica (1873-1953) aufmerksam gemacht, der 2013 selig gesprochen worden ist. Ghica entstammte einem albanischen aristokratischen Geschlecht, das ab dem 17. Jahrhundert eine große politische Rolle in der Walachei und dann in Rumänien spielte. Er wandte sich in jungen Jahren der katholischen Kirche zu, der Erzbischof von Paris schenkte ihm kurz nach der Weihe zum katholischen Priester 1923 eine Reliquie aus der in Notre-Dame verehrten Dornenkrone. Ghica bewahrte diese Reliquie immer bei sich, auch nach seiner Verhaftung durch die „Securitate“ 1952 und seiner Haft im Gefängnis von Jilava. Seinem Schüler Ionel Cofariu gelang es, die Reliquie zu bewahren. Nach vielen Umwegen wurde sie 1993 dem heutigen lateinischen Erzbischof von Bukarest, Ioan Robu, übergeben.