Papst: „Kirchenrecht ist essenziell für den ökumenischen Dialog“

Begegnung mit den Mitgliedern der in Wien ansässigen „Gesellschaft für das Recht der Ostkirchen“ – „Katholiken und Orthodoxe können in allen Bereichen des kirchlichen Lebens viel voneinander lernen“

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Foto ©: Osservatore Romano

Vatikanstadt-Wien, 19.09.19 (poi) Das Kirchenrecht ist essenziell für den ökumenischen Dialog. Dies betonte Papst Franziskus bei einer Begegnung mit den Mitgliedern der „Gesellschaft für das Recht der Ostkirchen“. Die Gesellschaft mit Sitz in Wien – deren Präsidentin die Freiburger Kirchenrechtlerin Prof. Astrid Kaptijn ist (einer der Vizepräsidenten ist Patriarch Bartholomaios I.) – beging bei ihrem 24. Jahreskongress in Rom ihr 50-Jahr-Jubiläum. Die Arbeit der „Gesellschaft für das Recht der Ostkirchen“ – zu deren Mitgliedern katholische, orthodoxe und unierte Experten zählen – sei eine „fundamentale Hilfe für den ökumenischen Dialog“, führte Papst Franziskus aus und fügte hinzu: „Wieviel können wir in allen Bereichen des kirchlichen Lebens – in der Theologie, im spirituellen und liturgischen Leben, in der Seelsorge und natürlich auch im Kirchenrecht – voneinander lernen“.

Viele der theologischen Dialoge der katholischen Kirche mit der Orthodoxie und den orientalisch-orthodoxen Kirchen behandelten die Lehre von der Kirche, die Ekklesiologie, so der Papst. Sie hätten daher auch eine kirchenrechtliche Dimension, weil sich die Lehre von der Kirche in den Institutionen und im Recht der Kirchen ausdrücke. Daher sei das Kirchenrecht nicht nur eine Hilfe, sondern eine essenzielle Dimension des ökumenischen Dialogs, zugleich bereichere dieser Dialog aber auch das kanonische Recht.

Das deutlichste Beispiel sei die Synodalität, stellte der Papst fest: „Einerseits haben wir die Möglichkeit, von der synodalen Erfahrung der anderen Traditionen, vor allem der östlichen Kirchen, zu lernen.  Andererseits ist klar, dass die Art und Weise, wie die katholische Kirche die Synodalität lebt, wichtig ist für ihre Beziehungen zu den anderen Christen“. Das sei eine „ökumenische Herausforderung“. Auf der Basis des gemeinsamen kirchenrechtlichen Erbes des ersten Jahrtausends sei der aktuelle theologische Dialog zwischen katholischer und orthodoxer Kirche auf der Suche nach einem gemeinsamen Verständnis des Primats und der Synodalität „und ihrer wechselseitigen Beziehung im Dienst der Einheit der Kirche“.

Auch die Arbeit der Mitglieder der „Gesellschaft für das Recht der Ostkirchen“ habe eine „synodale Dimension“, betonte Papst Franziskus: „Die Kirchenrechtler vergleichen im Aufeinanderhören die Traditionen und Erfahrungen, um Wege zur vollen Einheit zu finden“. Für diese Arbeit sei er dankbar, weil sie die Kirchen der Erfüllung des Gebets Jesu, „dass alle eins seien,…damit die Welt glaube“ näher bringen.

Der Papst würdigte das 50-Jahr-Jubiläum der in Wien beheimateten Gesellschaft, das ihm am Dienstag die Freude der Begegnung mit seinem „lieben Bruder, Patriarch Bartholomaios“ bereitet habe. In besonderer Weise würdigte Papst Franziskus den Gründer der Gesellschaft, den slowenischen Jesuitenpater Ivan Zuzek. Der Jesuit (1924-2004) war Generalsekretär der Päpstlichen Kommission für die Revision des Kirchenrechts der Ostkirchen und wesentlich an der Ausarbeitung des neuen Kirchenrechtsbuchs für die katholischen Ostkirchen (CCEO) beteiligt. Anschließend war er auch Vizesekretär des Päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten.

Während des Zweiten Weltkriegs war Zuzek die Flucht aus dem deutsch besetzten Slowenien gelungen. Die Briten setzten ihn dann 1945 in einen Zug, um ihn an die Titokommunisten auszuliefern. In Italien sprang er aus dem Zug und brachte sich in Sicherheit. Bald darauf trat er bei den Jesuiten ein.