Patriarch Bartholomaios I. lehnt panorthodoxe Versammlung über Ukraine-Problem ab

Absage an Vorschlag des antiochenischen Patriarchen Youhanna X. – Hinweis auf die “vom kirchlichen und theologischen Standpunkt aus grundlose” Weigerung von vier Kirchen, am Konzil von Kreta 2016 teilzunehmen

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Foto ©: Ökumenisches Patriarchat

Konstantinopel-Beirut, 04.03.19 (poi) Das Klima in der Orthodoxie hat sich neuerlich verschärft, seit ein Brief bekannt geworden ist, in dem der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. den Vorschlag des Patriarchen von Antiochien, Youhanna X., ablehnt, zur Lösung des Kirchenproblems in der Ukraine eine panorthodoxe Versammlung der Oberhäupter der autokephalen orthodoxen Kirchen abzuhalten. In dem Brief stellt Bartholomaios I. fest, er habe “gute Gründe”, von der Einberufung einer panorthodoxen Versammlung in Sachen Ukraine abzusehen. Eine solche Diskussion wäre “nutzlos”. Zugleich erinnert der Ökumenische Patriarch seinen Mitbruder in Antiochien daran, dass sich dessen Kirche geweigert habe, 2016 am Konzil von Kreta teilzunehmen.

Wörtlich heißt es im Schreiben des Ökumenischen Patriarchen: “Vier orthodoxe Kirchen haben sich – vom kirchlichen und theologischen Standpunkt aus grundlos – geweigert, beim Heiligen Konzil anwesend zu sein, wofür es keine Entschuldigung gibt. Ihre altehrwürdige Kirche war eine dieser Kirchen. Daher hat der Ökumenische Patriarch gute Gründe, von einem Treffen auf panorthodoxer Ebene abzusehen, das nutzlos wäre, da es nur zur Übereinstimmung führen würde, dass die Teilnehmer nicht übereinstimmen”. Nur aus “Liebe und Selbstverleugnung”, ohne Eigeninteressen oder Druck von außen, habe die Kirche von Konstantinopel der Kirche der Ukraine “entsprechend den kirchlichen Traditionen und den heiligen Kanones” die Autokephalie verliehen – und zwar “mit dem einzigen Ziel der Einheit des ukrainischen Volkes und der Überwindung der Spaltung und des Schismas, um Millionen von Gläubigen wieder in die Arme der kanonischen Kirche zurückzuführen, denen sie in ungerechter Weise entrissen worden waren”. Es sei die gleiche Vorgangsweise gewesen wie bei den anderen neueren Autokephalien. Auch in diesen Fällen habe es kein panorthodoxes Konzil und keine gemeinsame Diskussion mit den autokephalen Schwesterkirchen gegeben. Diese Kirchen hätten die neuen autokephalen Kirchen anerkannt und die Namen der Oberhäupter dieser Kirchen seien in die “Diptychen” (die Ehrenlisten der Oberhäupter, für die bei der Göttlichen Liturgie gebetet wird, Red.) aufgenommen worden.

Der Heilige Synod von Antiochien hatte bereits am 6. Oktober des Vorjahrs die Einberufung einer panorthodoxen Versammlung zur Behandlung des Ukraine-Problems gefordert und davor gewarnt, dass eine “einseitige Sicht der Dinge” nicht der Einheit der Weltorthodoxie dienen werde. Am 31. Dezember machte der Patriarch von Antiochien in seinem Antwortbrief auf das Schreiben von Bartholomaios I. vom 24. Dezember, in dem der Ökumenische Patriarch die Oberhäupter alle autokephalen Kirchen aufgefordert hatte, die aus dem “Vereinigungskonzil” vom 15. Dezember hervorgegangene neue “Orthodoxe Kirche der Ukraine” anzuerkennen, offiziell den Vorschlag zur Einberufung einer panorthodoxen Versammlung.

Am 29. Jänner betonte Youhanna X. bei einer Begegnung mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill, er lehne einseitige Lösungen für eine Anzahl von kirchlichen Problemen ab, weil das zur Spaltung der orthodoxen Welt führen werde. Er habe den Ökumenischen Patriarchen und andere hohe Kirchenverantwortliche immer wieder dringlich aufgefordert, vorhandene Probleme durch “Dialog, Verhandlungen, normale Gespräche” zu lösen.

Die Formulierungen im jetzt bekannt gewordenen Brief des Ökumenischen Patriarchen werden in der orthodoxen “Blogosphäre” als Bestätigung dafür empfunden, dass die Autokephalie für die aus zwei schismatischen Gruppierungen hervorgegangene neue Kirche in der Ukraine eine “Antwort” auf die Nichtteilnahme der Kirchen von Antiochien, Georgien, Bulgarien und Moskau am Konzil von Kreta sei. Auch der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion (Alfejew), hatte im September des Vorjahrs in einem Interview davon gesprochen, dass der Ökumenische Patriarch wegen der Nichtteilnahme der vier Kirchen zutiefst verletzt sei. Der Ökumenische Patriarch habe ihm selbst die Überzeugung dargelegt, dass die Nichtteilnahme der vier Kirchen von Moskau initiiert worden sei.

Tatsächlich war die Nichtteilnahme zunächst von Antiochien ausgegangen, das wegen des Streits um die kirchenrechtliche Zuständigkeit für das Fürstentum Katar die eucharistische Gemeinschaft mit dem Patriarchat von Jerusalem abgebrochen hatte. In einer Erklärung des Heiligen Synods von Antiochien hieß es damals, ein Konzil könne nicht stattfinden, wenn die eucharistische Gemeinschaft zwischen zwei apostolischen Kirchen abgebrochen sei. Eine rein administrative Teilnahme an den Sitzungen des Konzils ohne Beteiligung an der eucharistischen Konzelebration komme nicht in Frage, weil dies der orthodoxen synodalen Tradition und der orthodoxen Ekklesiologie zutiefst widersprechen würde.