Poroschenko will am 13. November mit allen ukrainischen Bischöfen des Moskauer Patriarchats zusammentreffen

Keine Angaben über Tagesordnung des Treffens – In Kiew wird vermutet, dass es um den Versuch geht, die Fauxpas-Formulierung „die russisch-orthodoxe Kirche hat in der Ukraine nichts zu suchen“ auszubügeln

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Foto: © Koch /MSC (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution 3.0 Germany)

Kiew, 11.11.18 (poi) Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko möchte am Dienstag, 13. November, mit allen Bischöfen der kanonischen ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats zusammentreffen. Die Kanzlei der Kirchenleitung in Kiew machte keine Angaben über die Tagesordnung des Treffens und lehnte auch jede Stellungnahme ab. Ebenso wurde nicht mitgeteilt, ob das Oberhaupt der ukrainisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Onufrij (Berezowskij), an dem Treffen teilnehmen wird.

In Kiew wird vermutet, dass es um den Versuch geht, eine Formulierung gegen die von Metropolit Onufrij geleitete Kirche vom vergangenen Mittwoch „auszubügeln“. Bei einer internationalen Konferenz unter dem Titel „Lektionen eines hybriden Jahrzehnts“ hatte Poroschenko u.a. ein apokryphes angebliches Putin-Zitat verwendet, dass Russland auf „zwei Säulen, der russisch-orthodoxen Kirche und den Atomwaffen“, beruhe. Im Anschluss sagte der ukrainische Staatschef wörtlich: „Ist es normal, wenn der russische Sicherheitsrat unter dem Vorsitz von Putin mit dem einzigen Tagesordnungspunkt zusammentritt, wie die russisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine zu schützen ist? Ich sage, mein Lieber, Sie haben hier nichts zu suchen. Ihre Kirche hat hier nichts zu suchen, Ihre Armee hat hier nichts zu suchen, Ihre Waffen haben hier nichts zu suchen. Go home, Russland“.

Das Moskauer Patriarchat antwortete auf niedriger hierarchischer Stufe. Der für interorthodoxe Beziehungen zuständige Sekretär des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Erzpriester Igor Jakimtschuk, brachte die „Sorge“ zum Ausdruck, dass es Pläne der ukrainischen Behörden gebe, die Auseinandersetzung um die kirchliche Zukunft in der Ukraine mit Gewalt zu lösen. Die Worte Poroschenkos vom Mittwoch stünden im Gegensatz zu seinen früheren Versicherungen, dass alle orthodoxen Gläubigen in der Ukraine das Recht haben würden, sich für eine Kirche ihrer Wahl zu entscheiden und dass niemand gezwungen sein werde, sich der geplanten neuen autokephalen Kirche anzuschließen. Die Ukraine sei die Heimat der Gläubigen der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, niemand von ihnen wolle das Land auf eigenen Wunsch verlassen.

Wladimir Legojda, Leiter der Moskauer Synodalabteilung für Kirche, Gesellschaft und Beziehungen zu den Medien, erklärte: “Wenn Poroschenko meint, die russisch-orthodoxe Kirche habe in der Ukraine nichts zu suchen, was meint er dann? Und wen meint er? In der Ukraine existiert die kanonische ukrainisch-orthodoxe Kirche. Ihr Primas, Metropolit Onufrij, sein Klerus und sein Kirchenvolk sind alle ukrainische Bürger. Meint der ukrainische Präsident sie? Millionen von ukrainischen Bürgern?”

Der Pressereferent der ukrainisch-orthodoxen Kirche, Wasilij Anisimow, bezeichnete die Äußerungen Poroschenkos als „völlig absurd“: „Die ukrainische Verfassung garantiert den Schutz der Kirche, vor allem jener, die in der Ukraine entstanden ist, die hier 1.000 Jahre existiert hat, die das Volk begleitet und durch Metropolit Agafangel von Winnitsa 1991 die Geburt des unabhängigen ukrainischen Staates begrüßt hat“. Die ukrainisch-orthodoxe Kirche sei um Jahrhunderte älter als der ukrainische Staat. Derzeit gebe es den fünften ukrainischen Präsidenten, aber den 152. Metropoliten von Kiew, der Unterschied sage alles.

Am vergangenen Mittwoch war es auch zu einem Zwischenfall auf dem Flughafen Kiew-Schuljani gekommen: Die ukrainische Grenzpolizei verweigerte dem Rektor der Moskauer Theologischen Akademie, Erzbischof Amvrosij (Jermakow), die Einreise. Ein Mitarbeiter des Leiters der Grenzpolizei erklärte vor Journalisten, dem Erzbischof sei die Einreise verweigert worden, weil er den Zweck seiner Reise nicht habe angeben können und auch, weil die Grenzpolizei eine „Anordnung einer staatlichen Behörde befolgt“ habe, Jermakow am Betreten ukrainischen Territoriums zu hindern. 

Erzbischof Amvrosij sollte das Höhlenkloster in Kiew und die dort beheimatete Theologische Akademie besuchen, um an den Feiern zum Fest des Heiligen Nestor, des Patrons der Kiewer Akademie, teilzunehmen. Der Moskauer Erzbischof zeigte bei der Passkontrolle die Einladung des Rektors der Kiewer Theologischen Akademie vor, erhielt aber keine Antwort. Auf dem „Telegram“-Account der Moskauer Akademie berichtete der Erzbischof, dass „Personen, die für eine neue autokephale Kirche in der Ukraine eintreten“, interveniert hätten, um seine Einreise in die Ukraine zu verhindern. Unter anderem sei er der Zusammenarbeit mit dem – 1991 aufgelösten – KGB beschuldigt worden.

Die Moskauer Theologische Akademie stellte eine Verbindung zwischen der Einreiseverweigerung für ihren Rektor und den Äußerungen Poroschenkos her. Laut der Akademie habe Poroschenko auf seinem persönlichen „Facebook“-Account die Repräsentanten der russisch-orthodoxen Kirche aufgefordert, die Ukraine zu verlassen und nach Russland zurückzukehren. Bischöfe und Priester der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats seien aber Ukrainer, daher sei eine Aufforderung zur „Rückkehr“ nach Russland sinnlos.