„Schöpfungszeit“: Offizieller ökumenischer Gottesdienst am 11. September

Serbisch-orthodoxer Bischof Andrej leitet gemeinsam mit einem lutherischen, einem reformierten und einem katholischen Geistlichen den Gottesdienst in der Reformierten Stadtkirche in der Wiener Innenstadt – Wenn der missbräuchliche Umgang mit den natürlichen Ressourcen und die Zerstörung der Umwelt die Schönheit der Schöpfung Gottes verletzen und die Menschheitsfamilie gefährden

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Foto: © Thomas Ledl (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Attribution-Share Alike 4.0 International)

Wien, 02.08.19 (örkö) Der offizielle Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) zur diesjährigen „Schöpfungszeit“ (1. September bis 4. Oktober) findet am Mittwoch, 11. September, um 18:30 Uhr in der Reformierten Stadtkirche in der Wiener Dorotheergasse statt. Der Gottesdienst steht im Hinblick auf Kapitel 5, Vers 13 des Matthäus-Evangeliums unter dem Motto „Salz der Erde“. Der Gottesdienst wird gemeinsam geleitet vom serbisch-orthodoxen Bischof Andrej (Cilerdzic), Pfarrer Wilfried Fussenegger (Lutherische Stadtkirche); Pfarrer Harald Kluge (Reformierte Stadtkirche) und P. Nikolaus Schachtner (römisch-katholische Pfarre St. Augustin).

Die „Schöpfungszeit“ bezeichnet im Kirchenjahr die Zeit zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober. Die Kirchen sind dazu aufgerufen, in dieser Zeit besonders für „die Bewahrung der Schöpfung“ zu beten, sich auf ihre Verantwortung in diesem Zusammenhang zu besinnen und dieser Besinnung praktisches Tun folgen zu lassen. Offiziell wurde die „Schöpfungszeit“ bei der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV3) ausgerufen, die 2007 im rumänischen Sibiu stattfand. Die Initiative ging von der Orthodoxie aus. Der 1. September gilt in den orthodoxen Kirchen als der „Tag der Schöpfung“ und ist erster Tag des orthodoxen Kirchenjahres. Der 4. Oktober ist der Gedenktag des Heiligen Franziskus von Assisi, der auch wegen seiner liebe- und respektvollen Zuwendung zur Schöpfung verehrt wird.

Bereits 1989 hatte der damalige Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Dimitrios I. (1914–1991), dazu aufgerufen, den 1. September als „Tag der Bewahrung der Schöpfung“ zu begehen, Gott an diesem Tag für die Schöpfung zu danken und um ihren Schutz und ihr Heil zu beten. Patriarch Dimitrios bereits damals: „Indem der Mensch seine Sonderstellung in der Schöpfung und Gottes Auftrag missbraucht, hat er die Welt an den Rand apokalyptischer Selbstzerstörung geführt, sei es durch die Verschmutzung der Natur, die alle Lebewesen gefährdet, sei es durch die Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten oder auf mancherlei andere Weise. Wissenschaftliche und andere Experten warnen uns vor den Gefahren und weisen auf immer neue lebensgefährdende Phänomene hin, wie zum Beispiel den sogenannten Treibhauseffekt, dessen erste Anzeichen sich bereits bemerkbar machen. Angesichts dieser Situation kann die Kirche Christi nicht stumm bleiben“.

Zehn Jahre später stellte das Europäische Christliche Umweltnetz (ECEN) bei seiner zweiten Tagung im Jahr 1999 fest, dass das Thema „Schöpfung“ in manchen evangelischen Kirchen im Zusammenhang mit dem Erntegottesdienst und in der römisch-katholischen Kirche im Kontext des Gedenktages des Heiligen Franziskus von Assisi (4. Oktober) steigende Bedeutung erhalten habe. Da das Thema „Schöpfung“ allerdings bis dahin im Kirchenjahr keinen festen Platz hatte, weitete das Netzwerk den Vorschlag von Patriarch Dimitrios I. aus und forderte die Kirchen dazu auf, eine ‚Zeit für Gottes Schöpfung’ vom 1. September bis zum 4. Oktober einzuführen. Dieser Vorschlag wurde schließlich in Sibiu aufgegriffen.

Gemeinsame Erklärung der Kirchen

Die „Konferenz Europäischer Kirchen“ (CEC) und der „Rat der Europäischen Bischofskonferenzen“ (CCEE) haben jetzt im Hinblick auf die bevorstehende „Schöpfungszeit“ mit Nachdruck auf die gemeinsame Verantwortung für die Schöpfung hingewiesen und zum Gebet eingeladen. In einer gemeinsamen Erklärung erinnern sie daran, dass die „Schöpfungszeit“ „für immer mehr Kirchen in Europa ein ganz besonderer Zeitraum innerhalb ihres liturgischen Kalenders ist“.

Wörtlich heißt es in der Erklärung: „Von ganzem Herzen beten wir für die Menschen, die weltweit unter den durch Egoismus und Vernachlässigung entstandenen Umweltschäden zu leiden haben. Das Netz des Lebens darf nicht durch Gier und Gleichgültigkeit zerrissen werden“. Durch den „missbräuchlichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen, durch Zerstörung und Verschmutzung der Umwelt“ werde die Schönheit des Werkes Gottes verletzt, der Lebensstil der modernen Gesellschaften habe Auswirkungen auf die ganze Welt. Daher müsse man „den Kreislauf von Individualismus und Isolation durchbrechen und sich daran erinnern, dass wir alle Mitglieder einer einzigen Familie von Menschen sind“.

„Indem wir also um Vergebung bitten, wollen wir unsere Herzen und unser Verhalten ändern, um Samen der Gerechtigkeit zu säen und Früchte der Nächstenliebe wachsen zu lassen. So tragen wir dazu bei, die Schönheit der Schöpfung wieder herzustellen“, so die gemeinsame Erklärung von CEC und CCEE: „Wir danken Gott für die Schönheit und die Güte Seiner Schöpfung und schließen in das Gebet unsere Brüder und Schwestern mit ein, denen wir mit unserer Verschwendung, unserer Gier und oft genug auch unserer Gleichgültigkeit Leid zufügen“. Die Christen müssten – „gemeinsam mit allen Menschen guten Willens“ – ihre Verantwortung gegenüber der Schöpfung unter Beweis stellen, indem sie als ihre „guten Hüter“ einen konkreten und zielgerichteten Einsatz leisten.