Serbien-Besuch des Kardinal-Staatssekretärs im Zeichen des diplomatischen Fingerspitzengefühls

Orthodoxe Kirche und serbischer Staat würdigten die Haltung des Heiligen Stuhls, der auf Dialog zwischen Belgrad und Pristina statt einseitiger Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo setze

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Foto ©: spc.rs (Quelle: Webseite spc.rs, Lizenz: Erlaubnis der Redaktion)

Belgrad-Podgorica, 01.07.18 (poi)  Mit der Eröffnung und Segnung des neuen Sitzes der multinationalen katholischen Kyrill-Method-Bischofskonferenz in Novi Sad hat Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin am Sonntag seinen politisch wie ökumenisch überaus bedeutsamen Besuch in Serbien (und zuvor in Montenegro) abgeschlossen. In der Kyrill-Method-Bischofskonferenz sind die katholischen Bischöfe von Serbien, Montenegro, Kosovo und Mazedonien zusammengeschlossen. Die Eröffnung des Sitzes der Bischofskonferenz in Novi Sad zeigt das vatikanische diplomatische Fingerspitzengefühl, weil die Hauptstadt der Vojvodina politisch wie ökumenisch quasi ein „neutraler Ort“ ist. Diplomatisches Fingerspitzengefühl war Parolin beim ersten Besuch eines Kardinal-Staatssekretärs in Serbien und in Montenegro in besonderem Maß abverlangt (diesem seit langem vereinbarten Besuch zuliebe verzichtete Parolin auf die Teilnahme am Konsistorium am 28. Juni, bei dem 14 neue Kardinäle kreiert wurden). Überaus herzlich verlief in Belgrad die Begegnung des Kardinal-Staatssekretärs mit Patriarch Irinej. Parolin überbrachte eine persönliche Botschaft von Papst Franziskus, für die sich der Patriarch ebenso bedankte wie für die Position des Heiligen Stuhls, der den Dialog zwischen Belgrad und Pristina einer einseitigen Anerkennung der Unabhängigkeit der Kosovo-Provinz vorziehe.

Auch bei der Begegnung Parolins mit dem serbischen Staatspräsidenten Aleksandar Vucic spielte die Kosovo-Frage eine zentrale Rolle. Laut Kommunique der serbischen Präsidentschaftskanzlei brachte der Kardinal-Staatssekretär die Hoffnung zum Ausdruck, dass es durch den Dialog zwischen Belgrad und Pristina zu einer „wirklichen Kompromisslösung für den Kosovo im Interesse von Frieden und Stabilität“ kommen möge. Vucic habe darauf geantwortet, dass Serbien gerade im Interesse des Friedens einen Kompromiss anstrebe, aber auch „seine nationalen Interessen verteidigen“ wolle. Auch dem serbischen Staatspräsidenten überbrachte der Kardinal-Staatssekretär eine Botschaft von Papst Franziskus. Vucic dankte dem Kardinal dafür, dass der Heilige Stuhl der „territorialen Integrität und Souveränität Serbiens“ hohe Bedeutung beimesse. Der Staatspräsident brachte seine Zufriedenheit über die „positiven und stabilen Beziehungen zwischen Serbien und dem Heiligen Stuhl“ zum Ausdruck und sprach sich für deren Vertiefung im Geist von „Respekt und Vertrauen“ aus. Kardinal Parolin würdigte seinerseits, dass die serbischen staatlichen Organe bemüht seien, Leben und Arbeit der katholischen Gemeinschaft in Serbien zu erleichtern.

Auch beim Gespräch des Kardinal-Staatssekretärs mit der serbischen Ministerpräsidentin Ana Brnabic ging es naturgemäß um die Kosovo-Frage, wobei der Kardinal unterstrich, dass der Heilige Stuhl die Situation in der Region und den Dialog zwischen Belgrad und Pristina aufmerksam verfolge. Zugleich hob er hervor, welche Bedeutung für den Heiligen Stuhl die „Bewahrung des kulturellen und religiösen Erbes des Kosovo“ habe. Bei der Begegnung mit Ana Brnabic ging es auch um die gemischte katholisch-orthodoxe Kommission in Sachen Kardinal Alojzije Stepinac, die ihre Aktivität ohne konkretes Resultat beendet hat. Zwischen dem Kardinal-Staatssekretär und der Ministerpräsidentin habe aber Übereinstimmung geherrscht, dass die Kommission trotzdem eine positive Wirkung für die Entwicklung der Beziehungen zwischen orthodoxer und katholischer Kirche gehabt habe. Kardinal Parolin brachte auch die Unterstützung des Heiligen Stuhls für die europäische Integration Serbiens zum Ausdruck, die Europäische Union sei ein Friedensprojekt, das das Miteinander unterschiedlicher Religionen und Nationalitäten ermögliche.