Stellungnahme der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland

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Foto: © Православный храм в Каннах from Cannes, France (Максим Массалитин) (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic)

Die Russische Orthodoxe Diözese des orthodoxen Bischofs von Berlin und Deutschland (KdöR) nimmt die Stellungnahme des Metropoliten Augoustinos, Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Metropolie von Deutschland und Exarch von Zentraleuropa des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, vom 18. September d. J. mit tiefstem Bedauern zur Kenntnis.

Unsere Diözese ist die älteste orthodoxe Diözese in Deutschland. Sie steht in einer jahrhundertealten Tradition in diesem Land und vereint seit 1917 die russischen-orthodoxen Gemeinden, die dann 1926 eine eigenständige Diözese im Verband der Russischen Auslandskirche bildeten. Seit 1980 steht die Diözese unter Leitung des Erzbischofs Mark (Arndt), der in Chemnitz in einer deutschen Familie geboren wurde und in Westdeutschland aufgewachsen ist.

Der Diözesanrat äußert sich zum Erscheinen der o.g. Stellungnahme wie folgt:

In der Stellungnahme ist eine einseitige Parteinahme hinsichtlich einer schwierigen kirchlich-kanonischen Diskussion und Situation unverkennbar. Dies ist einem einseitigen Vorgehen des Patriarchats Konstantinopel mit dessen eigener Interpretation seiner Stellung innerhalb der Orthodoxie geschuldet.

Das Oberhaupt der rechtmäßigen Ukrainischen Kirche, der Seligste Metropolit Onufrij, der einer überwältigenden Mehrzahl der orthodoxen Gläubigen in der Ukraine vorsteht, wies allerdings jegliche Politisierung zurück und sagte am 14. September in einem Interview:

„Wir sind eine eigenständige Kirche. Und wir haben alle Attribute der Unabhängigkeit, die heute für den normalen Dienst an Gott und dem Volk notwendig sind. Wir haben eine eigene Geheiligte Synode, die von niemandem abhängig ist, wir haben ein eigenes Bischofskonzil, das von niemandem abhängt. Die Beschlüsse unseres Konzils sind endgültig, niemand kann sie bestreiten, Berufung oder ein Veto dagegen einlegen. Wir haben das Kirchengericht der UOK, das die höchste Instanz ist. Wir haben die ökonomische und administrative Unabhängigkeit. Der Tomos  [das Dokument der Autokephalie – d. Übers.]wird unsere Freiheit, die wir heute haben, einschränken.“

Metropolit Augoustinos erwähnt in seiner Stellungnahme leider mit keinem Wort diesen Hierarchen, welchen doch der Patriarch Bartholomäos noch vor einem Jahr als einzigen rechtmäßigen Vorsteher der Ukrainischen Kirche benannte, den er anerkennen würde (daran erinnert auch der Serbische Patriarch Irenäos in seinem jüngsten Brief an den Patriarchen von Konstantinopel). Der Patriarch von Jerusalem Theophilos III. rief am 7. September 2018 die Gläubigen der Ukraine dazu auf, sich an den Vorsteher der Ukrainischen Kirche, Metropolit Onufrij zu halten, für den er inständig bete. [Internet-Quelle: pravmir.ru/patriarh-ierusalimskiy… – 11.09.2018]

Uns ist klar, dass in der heutigen Großwetterlage immense politische Interessen zur Durchsetzung anstehen. Wir unterstreichen: Dies hat mit der Kirche und der Orthodoxie am wenigsten zu tun und fügt der Kirche letztlich Schaden zu. Einer solchen Instrumentalisierung kirchlicher Fragen ist, nach unserer Auffassung, nicht durch vordergründige Polemik Vorschub zu leisten. Unsere Vertreter werden sich deshalb weiterhin um einen innerdeutschen Dialog, u.a. mit Metropolit Augoustinos persönlich, bemühen, zumal – wie dieser zu Recht unterstreicht – die Kooperation im letzten Jahrzehnt sich gerade in Deutschland eigentlich gut entwickelte.

In den fast fünfzig Jahren seines Bischofsdienstes in Deutschland hat sich Metropolit Augoustinos unermüdlich für die Gesamtheit und Einheit der Orthodoxie in Deutschland bemüht. Unter dem Vorsitz des Metropoliten wurden im Rahmen der OBKD wichtige panorthodoxe Initiativen ins Leben gerufen und umgesetzt:

– Übersetzungskommission und Theologische Kommission

– Jugendarbeit

– Priesterkonferenzen in den Großstädten

– Schulischer Religionsunterricht in Baden-Württemberg und Erweiterung desselben in Bayern

– Integrationsarbeit

Aus der Stuttgarter Gegend können beispielhaft Initiativen angeführt werden:
– Orthodoxe Altenpflegestation in einem Evangelischen Altenpflegeheim (u.a. regelmäßige gemeinsame Liturgie, Feste etc.)
– Jährlicher Orthodoxer Jugendtag, an dem junge Menschen aus allen orthodoxen Kirchen teilnehmen (der nächste am 22.9.)
– Jährliches orthodoxes Kulturfest, organisiert von der OGS = Orthodoxe Gemeinschaft Stuttgart
– Vier unserer Dependancen in Heilbronn, Künzelsau, Kirchheim/Teck und Reutlingen sind in griechischen Kirchen untergebracht
– persönliche gute und freundschaftliche Beziehungen zu griechischen Priestern, die sich auch in der Institution der ständigen panorthodoxen Pfarrkonferenzen niederschlagen.

Wir beten und hoffen, dass die Spannungen, die die Synode der Russischen Orthodoxen Kirche zur – vorläufigen – Aufkündigung der Konzelebration und Zusammenarbeit auf der Ebene der obersten Hierarchie zwangen, mit Gottes Hilfe und dem Wohlwollen aller Beteiligten bald gelöst werden können.

Wir appellieren an Metropolit Augoustinos und seinen Klerus, in ihrem Einsatz für die Einheit der Orthodoxie im Dienste der Kirche Christi in Deutschland nicht nachzugeben.

Wir hatten – in der sog. Orthodoxen Diaspora in Deutschland – die Möglichkeit, einander vertieft kennenzulernen, und sind aufgerufen, Seite an Seite zu leben, im Gebet und Dialog das Verständnis füreinander zu fördern mit dem Ziel des gemeinsamen fruchtbaren pastoralen Wirkens. Diese Aufgabe sehen wir als unsere Pflicht sowohl gegenüber dem orthodoxen Glaubensvolk, als auch zum Wohl des gesamten deutschen Volkes.

Berlin – München 

25. September 2018 

Erzpriester Nikolai Artemoff 

Diözesansekretär