Ukraine: Behörden verweigern russischem Erzbischof die Einreise

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Foto: © Falin (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

15. November 2018 (NÖK) Am Kiewer Flughafen haben die Behörden Erzbischof Amvrosij (Ermakov), dem Rektor der Moskauer Geistlichen Akademie, die Einreise in die Ukraine verweigert. Der Vorfall am 7. November 2018 steht im Zusammenhang mit den andauernden Spannungen um eine künftige Autokephalie der Ukrainischen Orthodoxen Kirche. Begründet wurde das Einreiseverbot damit, dass Amvrosij den Grund für seine Reise nicht habe belegen können. Bei seiner Ankunft wies der Erzbischof jedoch eine Einladung des Rektors der Kiewer Geistlichen Akademie vor, wo er an den Feierlichkeiten zum Gedenktag des Hl. Nestor des Chronisten – des Schutzpatrons der Akademie – hätte teilnehmen sollen. Die Moskauer Geistliche Akademie bezeichnete den Vorfall als „einen von vielen Verstößen gegen die Rechte von Gläubigen“ und als „Konsequenz der Entscheidungen von Patriarch Bartholomaios“.

Die Akademie wies zudem darauf hin, dass der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am gleichen Tag verkündetet habe, dass Geistliche der kanonischen Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Moskauer Patriarchat (UOK–MP) und der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) in der Ukraine nichts verloren hätten. Beim Auftritt an einer internationalen Konferenz mit dem Titel „Das Jahrzehnt des hybriden Kriegs: Lektionen für einen erfolgreichen Weg vorwärts“ hatte Poroschenko gesagt, weder die russische Kirche noch russische Streitkräfte noch russische Waffen hätten in der Ukraine etwas zu suchen, und forderte Vertreter der ROK (und UOK–MP) auf, nach Russland zurückzukehren. Aus dem Moskauer Patriarchat hieß es daraufhin, die Geistlichen der UOK–MP seien mehrheitlich Ukrainer, von einer „Rückkehr“ nach Russland könne daher keine Rede sein. Zudem umfasse die UOK–MP Millionen ukrainischer Bürger, es frage sich, ob Poroschenko diese auch aus dem Land vertreiben wolle. Außerdem widerspreche diese Haltung früheren Garantien des Präsidenten, dass die Gläubigen frei ihre Kirche wählen könnten. Am 13. November hätten sich die Bischöfe der UOK–MP mit Poroschenko treffen sollen, das Treffen kam jedoch nicht zustande.

Anfang November hatten Poroschenko und der Ökumenische Patriarch Bartholomaios ein Kooperationsabkommen unterzeichnet, das den Prozess der Autokephalie-Zuerkennung regeln soll. Poroschenko sprach von einem historischen Moment für den lange gehegten Wunsch der Ukrainer nach einer unabhängigen Kirche. Bartholomaios betonte, die Ukraine habe ein Recht auf eine autokephale Kirche, ebenso wie „andere Nationen auf dem Balkan“ dieses Recht gehabt und dann die Autokephalie von der Mutterkirche erhalten hätten. Die Gewährung der Autokephalie sei ein „exklusives Recht der Mutterkirche“. Das Moskauer Patriarchat hätte diesen Schritt in der Ukraine schon längst vollziehen sollen, habe es aber versäumt. So sei es jetzt an Konstantinopel als höhere Instanz und ursprüngliche Mutterkirche, der Ukraine zu ihrem Recht zu verhelfen, so Bartholomaios.

Der russische Patriarch Kirill hatte Ende Oktober bestritten, dass es einen Konflikt zwischen Konstantinopel und Moskau gebe. Moskau verteidige lediglich „unerschütterliche kanonische Normen“. Wenn eine Kirche Schismatiker unterstütze und Kanones verletze, sei sie keine orthodoxe Kirche mehr. Er betonte zudem die Einheit der Völker der alten Rus‘ – des mittelalterlichen Reichs, dessen Zentrum Kiew war –, weil man damals nicht zwischen Ukrainern, Weißrussen und Russen unterschieden habe. Heute wirkten „große geopolitische und finanzielle Kräfte auf die Ukraine“, um den „historischen Raum der Heiligen Rus‘“ zu zerreißen. Am „Glaube und Welt“-Festival warf Kirill dem Ökumenischen Patriarchat jedoch vor, Teil der Bemühungen zu sein, die „Insel der Freiheit“, die die ROK sei, zu zerstören. Es gehe um die Zerstörung der einzigen mächtigen orthodoxen Kraft der Welt. Die Orthodoxie sei eine Insel der Freiheit, weil sie frei von „globalen Fälschungen“ und „fremdem Gedankengut“ sei.

Die Bischofsversammlung der UOK–MP hat am 13. November beschlossen, wie Moskau die Kirchengemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat abzubrechen. Zudem will sich die UOK–MP mit allen rechtlichen Mitteln dagegen wehren, dass ihr Name mithilfe eines umstrittenen Gesetzesentwurfs geändert wird. Auch gegen andere mögliche Formen der Diskriminierung auf rechtlicher Ebene will die UOK–MP vorgehen.

Der Bruch zwischen Moskau und Konstantinopel hat zur Folge, dass die zahlreichen russischen Pilger auf dem Berg Athos, der dem Ökumenischen Patriarchat untersteht, die dortigen Klöster zwar noch besuchen, aber keine Sakramente mehr empfangen dürfen. Betroffen sind auch im Ausland lebende Russen, die bisher die Liturgie in zu Konstantinopel gehörenden Gemeinden besucht haben. Ihnen wird der Besuch von anderen orthodoxen Lokalkirchen empfohlen, was aber in der Türkei und auf einigen griechischen Inseln nicht möglich ist, weil es dort keine Alternative gibt. Die ROK plant, so bald wie möglich Gemeinden an den entsprechenden Orten einzurichten. In Istanbul hat ein neu aus Moskau entsandter Priester am 11. November für die Russen der Stadt in der historischen Kirche der einstigen russischen Botschaft die Liturgie gefeiert.