Ukraine: Hoffnung auf Beendigung der staatlichen Einmischung in kirchliche Angelegenheiten

Glückwunschschreiben von Metropolit Onufrij und Patriarch Kyrill an den neugewählten ukrainischen Präsidenten Selenskij

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Foto: © Ukrinform TV (Quelle: Wikimedia: Lizenz: Creative Commons Attribution 3.0 Unported)

Kiew-Moskau, 25.04.19 (poi) Das Oberhaupt der ukrainisch-orthodoxen Kirche (des Moskauer Patriarchats), Metropolit Onufrij (Berezowskij), ist überzeugt, dass der neugewählte ukrainische Präsident Wladimir Selenskij die staatliche Einmischung in kirchliche Angelegenheiten beenden wird. In seinem Glückwunschschreiben an den neuen ukrainischen Präsidenten stellte Metropolit Onufrij wörtlich fest: „Ich vertraue darauf, dass Ihr Dienst als Präsident der Ukraine die Beachtung der Verfassung durch die staatliche Administration garantiert“. Diese Verfassung lege die Nichteinmischung des Staates in kirchliche Angelegenheiten wie auch die Rechte und Freiheiten der Gläubigen aller Religionsgemeinschaften fest. Selenskij könne auf die „bedingungslose Unterstützung“ der ukrainisch-orthodoxen Kirche bei der Festigung und Entwicklung der spirituellen und moralischen Werte der ukrainischen Gesellschaft rechnen.

Ausdrücklich wünschte der Metropolit von Kiew dem neugewählten Präsidenten den Segen Gottes für seinen verantwortungsvollen Dienst für die Ukraine und ihr Volk. Wörtlich betonte der Metropolit: „Im Namen der ganzen ukrainisch-orthodoxen Kirche wie im eigenen Namen gratuliere ich herzlich zu Ihrer Wahl zum Präsidenten der Ukraine. Ihr überzeugender Sieg in dieser Wahl zeigt, dass die Gesellschaft in der Ukraine viel Vertrauen zu Ihnen hat. Die Wahlentscheidung zeigt aber auch, dass die Prioritäten in der Entwicklung der Ukraine den Hoffnungen und Bestrebungen unseres Volkes entsprechen, das sich für das Vaterland Einheit, Frieden und Prosperität wünscht und die Vermeidung von allem, was Spaltung und Auseinandersetzung für die Ukraine bedeutet“.

Auch der Moskauer Patriarch Kyrill gratulierte Selenskij und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass unter dem neuen Präsidenten die Diskriminierung der ukrainisch-orthodoxen Kirche aufhören werde. Das ukrainische Volk habe große Erwartungen im Hinblick auf „positive Veränderungen“ seiner Lebensbedingungen. Wörtlich stellte der Patriarch in seinem Gratulationsschreiben fest: „Sie haben die historische Chance, die Nation zu einen und einen persönlichen Beitrag zur Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes, aber auch zur Überwindung bestehender Konflikte und Spaltungen zu leisten“. Der einzige Weg zur Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes sei die „Zusammenarbeit aller gutgesinnten Kräfte in der Gesellschaft und ihre volle Einbindung in den nationalen Dialog“.

Präsident Selenskij hatte im Wahlkampf die Kirchenfrage nicht berührt. Nur seine juridische Beraterin Irina Wenediktowa hatte bei einer Round-Table-Diskussion am 4. April gesagt, Selenskij werde den „Tomos“ (die Unabhängigkeitsurkunde) für die neue „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ befürworten. Die Ukraine sei ein „säkularer Staat“, aber für die Identität des Landes sei der „Tomos“ von größter Bedeutung, so Wenediktowa. Selenskij werde die Errungenschaft des Autokephalie-Tomos verteidigen, aber ohne sich „in Entscheidungen auf Pfarr-Ebene einzumengen“. Bei der TV-Diskussion mit Petro Poroschenko im Kiewer Olympia-Stadion ging Selenskij kurz auf das Thema „Tomos“ ein. Der „Tomos“ sei sicher eine der Errungenschaften Poroschenkos, räumte Selenskij ein, aber er verstehe nicht, wieso der scheidende Präsident das Verdienst ausschließlich sich selbst zuschreibe: „Der ‚Tomos‘ ist ein Sieg für die Ukraine, aber vor allem für Filaret (Denisenko), der für die ukrainische Kirche schon gekämpft hat, bevor Sie Präsident wurden, sogar in jenen Tagen, in denen Sie noch ein Pfarrkind des Moskauer Patriarchats waren“.