US-Bischof: „Für das Heilige Land ist die Zwei-Staaten-Lösung die einzige Friedenshoffnung“

Katholische Bischöfe aus Europa, Nordamerika und Südafrika auf Solidaritätsbesuch im Heiligen Land - „Dialog ist unverzichtbar“

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Foto ©: Andrew Shiva (Quelle: Wikimedia, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International)

Jerusalem, 16.01.18 (poi) Die „seit jeher“ vom Heiligen Stuhl unterstützte Zwei-Staaten-Lösung für das Heilige Land sei die einzige Möglichkeit zur Beendigung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Dies erklärte der Bischof von Las Cruces (Bundesstaat New Mexico), Oscar Cantu‘, Vorsitzender des „Komitees für Gerechtigkeit und Frieden“ der US-Bischofskonferenz, im Gespräch mit der italienischen katholischen Nachrichtenagentur SIR. Cantu‘ hält sich derzeit als Mitglied der „Holy Land Coordination“ (HLC) zu einem bis 18. Januar anberaumten Solidaritätsbesuch in Israel und den Palästinensergebieten auf. Der HLC-Delegation gehören 15 katholische Bischöfe aus Europa, Nordamerika und Südafrika an.

Bischof Cantu‘ betonte im SIR-Interview seine Überzeugung, dass „der Dialog unverzichtbares Element aller Überlegungen sein muss“. Die Jerusalem-Entscheidung von Präsident Donald Trump sei vermutlich auf innenpolitische Erwägungen im Hinblick auf die evangelikalen Wähler in den USA zurückzuführen, die im Zusammenhang mit der Beherrschung von ganz Jerusalem durch Israel „endzeitliche Erwartungen“ hegen. Für die katholische Kirche und die meisten anderen christlichen Kirchen müsse Jerusalem aber eine für alle offene Stadt sein, in der Gläubige aller drei monotheistischen Religionen Heimatrecht haben, „keine geteilte Stadt“.

Große Sorge bereitet dem Vorsitzenden des „Komitees für Gerechtigkeit und Frieden“ der US-Bischofskonferenz der Exodus der Christen aus dem Nahen Osten „und auch aus Teilen des Heiligen Landes“. Damit würde „das Leben der Mutterkirche von Jerusalem gefährdet“. Es sei notwendig, dass Bedingungen geschaffen werden, damit die Christen weiterhin in ihrer Heimat bleiben können. Die Hilfsorganisationen aller Kirchen müssten ihre Anstrengungen für die Nahost-Christen verstärken, denen in allen Ländern des Nahen Ostens das volle Bürgerrecht zustehe. Für die Zukunft der jungen Generationen gehe es vor allem um die Sicherung von Arbeits- und Wohnmöglichkeiten. Ablehnend äußerte sich Cantu‘ zu Überlegungen im Hinblick auf die Schaffung von Sicherheitszonen für Christen in Syrien oder im Irak: „Das wären Ghettos. Die Christen müssen mitten unter den Anderen leben, damit sie als Sauerteig wirken. Aber um das sein zu können, brauchen sie volle uneingeschränkte Bürgerrechte“. Es sei aber auch notwendig, dass sich Nahost-Christen stärker im politischen Leben ihrer Heimatländer engagieren, um zum Aufbau einer „gerechteren, inklusiven und am Gemeinwohl ausgerichteten“ Gesellschaft beizutragen.

Der diesjährige Solidaritätsbesuch der HLC-Bischöfe begann bereits am Abend des 12. Januar in Jerusalem, wo die bereits eingetroffenen Bischöfe die Möglichkeit hatten, bei der Shabbat-Feier der „Kol Haneshama“-Synagoge anwesend zu sein. In Gaza besuchten die Bischöfe am 14. Januar die katholische Pfarrgemeinde Heilige Familie (die auf das Wirken eines österreichischen Priesters im 19. Jahrhundert zurückgeht) im Stadtteil al-Zeitun. Die heute von dem brasilianischen Ordensmann P. Mario Da Silva geleitete Pfarre zählt offiziell nur mehr zirka 140 Gläubige. Insgesamt wird die Zahl der Christen in Gaza (Orthodoxe, Katholiken, Anglikaner) auf 1.000 geschätzt, vor sechs Jahren waren es noch doppelt so viele. P. Da Silva betonte im Gespräch mit SIR, dass die Christen zum Bleiben entschlossen seien: „Aber wir wollen uns nicht mit dem Mangel an Freiheit und würdigen Lebensbedingungen abfinden. Wir brauchen materielle und spirituelle Hilfe“. Wie der Pfarrer berichtete, gab es im Vorjahr in der Gemeinde Heilige Familie eine Trauung, ein Begräbnis und drei Taufen.

Junge Christen aus Gaza berichteten den HLC-Bischöfen über ihre schwierige Situation, die vom Mangel an Arbeitsplätzen, Schwierigkeiten bei der Wohnraumbeschaffung, dem Druck von Fundamentalisten im Hinblick auf eine Konversion zum Islam und den allgemeinen schlechten Lebensbedingungen in Gaza gekennzeichnet seien. Viele junge Leute seien daher entschlossen, den Gaza-Streifen zu verlassen und sich im Ausland ein neues Leben aufzubauen. Derzeit nehmen 30 junge Christen an Arbeitsprogrammen des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem und der Caritas Jerusalem in Gaza teil. „Ohne diese Hilfe hätten wir hier in Gaza schon zusperren müssen“, sagte P. Da Silva lakonisch.

Bei der Messfeier am Sonntag sagte der Erzbischof von Kapstadt, Stephen Brislin, den Katholiken von Gaza: „Ihr seid nicht allein“.  Auch manche der bischöflichen Teilnehmer der HLC-Delegation kämen aus Ländern, die von der Erfahrung von „Krieg, Unterdrückung, Hass und Diskriminierung“ gekennzeichnet waren. Aber man müsse die Hoffnung aufrechterhalten und dürfe angesichts des Unrechts nicht schweigen. „Der Gewalt und dem Hass setzen wir eine Kultur des Friedens und der Versöhnung entgegen“, betonte Erzbischof Brislin.

Die HLC-Bischöfe besuchen auch christliche Schulen in den beiden Kleinstädten Beit Jala und Beit Sahour bei Bethlehem, sie treffen mit christlichen, jüdischen und muslimischen Studenten zusammen und haben Begegnungen mit religiösen und politischen Führungspersönlichkeiten. Auch ein Besuch in Qubeibeh (möglicherweise das neutestamentliche Emmaus) ist vorgesehen, das Städtchen ist durch den Bau der Trennmauer zwischen Israel und Cisjordanien in eine überaus schwierige Lage geraten.