Weltkirchenrat verlangt wieder Freilassung der entführten Metropoliten von Aleppo

„Neuer Gesellschaftsvertrag für die ganze nahöstliche Region“ notwendig – Gleiche Bürgerrechte für alle und Freiheit von ausländischer Einmischung notwendig

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Foto: © Obersachse (Quelle: Wikimedia, Lizenz: GNU Free Documentation License)

Genf, 28.06.18 (poi/örkö) Die Freilassung der beiden Aleppiner Metropoliten Mor Gregorios Youhanna Ibrahim und Boulos Yazigi hat der Zentralausschuss des Weltkirchenrats (WCC) bei seiner jüngsten Versammlung neuerlich gefordert, wie am Mittwochabend in Genf mitgeteilt wurde. Die beiden Metropoliten waren im April 2013 auf dem Weg von der türkisch-syrischen Grenze nach Aleppo von „Unbekannten“ entführt worden. In einer entsprechenden Erklärung heißt es, die Mitglieder des Zentralausschusses erinnerten „tief betrübt“ an die Entführung der beiden Erzbischöfe: „Wir beten weiterhin für die sichere Rückkehr der beiden Metropoliten in ihre Kathedralen, ihre Gemeinschaften und ihre Familien als ein Zeichen der Hoffnung für alle Christen in Syrien und der ganzen Region“. Zugleich betonte der Zentralausschuss, dass „ein neuer Gesellschaftsvertrag für die ganze nahöstliche Region“ notwendig sei. Ein solcher Gesellschaftsvertrag müsse ein Narrativ enthalten, das von allen Gemeinschaften der Region entwickelt und geteilt wird – „auf der Basis der gemeinsamen Bürgerschaft und der verfassungsmäßig garantierten Menschenrechte“. Auf dieser Basis könnten alle nahöstlichen Gemeinschaften mit ihren unterschiedlichen ethnischen, religiösen und kulturellen Identitäten „in der von Gott allen verliehenen Liebe und Gnade“ leben und gedeihen.

Ausdrücklich erinnerte der WCC-Zentralausschuss daran, dass der Nahe Osten (Heiliges Land, Libanon, Syrien, Irak, Ägypten, Zypern) die „Wiege des Christentums“ darstellt, von wo aus die Apostel der Welt die „gute Nachricht“ des Evangeliums verkündet hätten. Seit der Zeit Jesu würden Christen im Nahen Osten leben, ihre Bedeutung könne nicht auf die von „bloßen Minderheiten“ reduziert werden. Der Beitrag der Christen für Zivilisation, Gesellschaft und Kultur des Nahen Ostens überschreite jeden „Versuch der Quantifizierung“. Trotzdem würden Gewalt, Diskriminierung, Zerstörung von Kirchen und Vertreibung die Präsenz und das Zeugnis des Christentums in seiner Ursprungsregion gefährden.

Die militärische Niederlage der IS-Terroristen reiche nicht aus, um die sichere Heimkehr der Christen in ihre Heimstätten zu garantieren, stellten die Mitglieder des Zentralausschusses fest. Auch wenn die wichtigsten Stützpunkte der Extremisten zerstört worden seien, bedeute das noch nicht, dass ihre Ideologie zerstört sei. Nächst der Sicherstellung der Heimkehr der Vertriebenen und der Wiederherstellung ihrer Wohn- und Gottesdienststätten bestehe die Herausforderung darin, die Vertreter von Radikalismus und Extremismus mit der Erziehung zu Frieden, Respektierung der Menschenrechte und der Diversität, der Akzeptanz des Dialogs zwischen Christen und Muslimen zu konfrontieren. Dafür seien gleiche Bürgerrechte für alle und Freiheit von ausländischer Einmischung wesentlich.

Der WCC-Zentralausschuss bedauerte die drastische Reduktion der Christenzahl im Irak. An die irakischen Politiker appellierte der Zentralausschuss, ein „gemeinsames Narrativ des Friedens und der Versöhnung“ zu fördern und sich für gleiche Bürgerrechte, Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie im Zweistromland einzusetzen. Gesetzliche, wirtschaftliche und soziale Sicherheit seien notwendig, um eine dauerhafte Rückkehr der Vertriebenen zu ermöglichen.

Den in „tragischer Weise“ fortgeführten Konflikt in Syrien bezeichneten die WCC-Zentralausschussmitglieder als „Verneinung der menschlichen Würde und der Menschenrechte“. Dieser Konflikt müsse beendet werden. Das syrische Volk habe ein Recht auf Frieden und auf „Befreiung von einem geopolitischen Wettbewerb, der dieses Land zerstört hat“. Auch die Syrer hätten ein Recht auf Demokratie, gleiche Bürgerrechte und Respektierung der Menschenrechte. Auch in Zukunft könnten die Christen in Syrien in einer multikulturellen Gesellschaft einen essenziellen Beitrag leisten. Der Zentralausschuss plädierte dafür, dass die Vereinten Nationen „in Übereinstimmung mit den entsprechenden Beschlüssen des Sicherheitsrats“ einen politischen Prozess zur Beendigung des tragischen Krieges einleiten.

 

Türkischer Rückzug aus Zypern verlangt

Ausdrücklich nahm der WCC-Zentralausschuss auch zur Situation auf Zypern Stellung und betonte seine Sorge über die Teilung der Inselrepublik durch die Okkupation des Nordteils durch türkische Truppen. Wörtlich heißt es in der Erklärung des Zentralausschusses: „Wir verlangen ein Ende der Okkupation und eine Wiederherstellung Zyperns als ein Staat für zwei Gemeinschaften“. Die Verhandlungen zur Erreichung dieses Ziels und zur „Bewahrung des religiösen und kulturellen Erbes der christlichen Gemeinschaft auf der Insel“ müssten wiederaufgenommen werden.