Georgien: Debatte über neues Schulfach „Geschichte der Religion“

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Foto ©: Paata Vardanashvili (Quelle: Wikimedia, Lizenz: Creative Commons Attribution 2.0 Generic)

(NÖK) Die georgische Regierung zieht in Erwägung, an öffentlichen Schulen „Geschichte der Religion“ als Freifach einzuführen. Der Minister für Bildung und Wissenschaft, Michail Tschchenkeli, hat eine entsprechende Initiative lanciert. Bei einem Arbeitstreffen im Jugendzentrum des georgischen Patriarchats Ende Januar haben Vertreter des Patriarchats, des Parlaments und verschiedener Religionsgemeinschaften die Einführung des neuen Schulfachs erörtert.

Im Dezember hatte der georgische Katholikos-Patriarch Ilia II. zum wiederholten Mal gefordert, dass Fragen der Spiritualität in der Schule behandelt werden sollten. In der Predigt hatte er erklärt, geistliche Bildung würde dazu beitragen, das Problem der Jugendgewalt zu lösen. Dabei griff er den Fall einer Schlägerei unter Schülern in Tbilissi am 1. Dezember auf, bei der zwei Jugendliche ums Leben gekommen waren. „Wahrscheinlich muss sich unsere Regierung darüber Gedanken machen, in der Schule sollten vermutlich Geschichte der Religion und Fragen der Spiritualität unterrichtet werden“, erklärte der Patriarch. Bereits am Tag nach der Predigt sagte der georgische Premierminister Giorgi Kvirikashvili, die Verbindung zwischen der Georgischen Orthodoxen Kirche und dem Bildungssystem sollte gestärkt werden. Die Regierung habe Ilias Predigt aufmerksam studiert und sei mit der Haltung seiner Aussagen völlig einverstanden. Selbstverständlich seien Kirche und Staat getrennte Institutionen, aber ihre Weltsichten stimmten überein, erklärte Kvirikashvili weiter. Eine Verbindung bestehe bereits und es sollte eine Priorität sein, sie in der „richtigen Form“ zu stärken.

Bei dem Arbeitstreffen Ende Januar bemerkte Erzpriester Andrea Dschagmadze, es werde eine Umschulung der Lehrkräfte nötig sein. Es sei wichtig, dass die Jugendlichen korrekte Informationen von kompetenten Menschen erhielten. Diese sollten von mehr als einer Religion eine Ahnung haben. Die Organisation der georgischen Muslime will sich aktiv in die laufenden Arbeiten einbringen. Scheich Idigov hat vorgeschlagen, eine Broschüre über die Wertvorstellungen der wichtigsten Religionen zu erarbeiten. Damit könnte man den Schülern zeigen, dass die Religionen auf ähnlichen Werten basieren. „Es ist wichtig, dass Geschichte der Religion objektiv und gleichmäßig unterrichtet wird, damit künftige Generationen ein gestärktes Mitgefühl und mehr Achtung haben“, erklärte Idigov.

Als Reaktion auf die Äußerungen des Patriarchen und Premierministers hatte schon im Dezember eine Koalition von sechs zivilgesellschaftlichen Gruppen auf Facebook ein Statement gegen die Initiative veröffentlicht. Entsprechend der bestehenden Gesetzgebung und den Prinzipien des Säkularismus sollten Schulen frei vom Einfluss von Religionen und politischen Organisationen sein. Heute lernen georgische Schüler im Rahmen des Fachs Bürgerbildung etwas über Religion. Auch das neue Fach wäre von Religionsunterricht, wie er im deutschsprachigen Raum üblich ist, noch weit entfernt. (mit Material von Kathpress)