Eiszeit zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel

Heilige Synod der russisch-orthodoxen Kirche bekundet „entschiedenen Protest und tiefe Empörung“ über die Ernennung von zwei konstantinopolitanischen Exarchen für Kiew

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Foto: © Vadim Chuprina (Quelle: Wikimedia: Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International)

Moskau-Kiew, 09.09.18 (poi) Der Heilige Synod des Moskauer Patriarchats hat am Samstag eine Protesterklärung gegen die Ernennung von zwei Exarchen des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel für die Ukraine veröffentlicht. Wörtlich heißt es in der Erklärung: „Der Heilige Synod der russisch-orthodoxen Kirche drückt seinen entschiedenen Protest und seine tiefe Empörung angesichts des am 7. September veröffentlichten Kommuniques des Chefsekretariats des Heiligen Synods des Patriarchats von Konstantinopel über die Ernennung von zwei Hierarchien dieser Kirche als ‚Exarchen‘ für Kiew aus. Diese Entscheidung wurde ohne Übereinkunft mit Patriarch Kyrill von Moskau und ganz Russland und Metropolit Onufrij von Kiew und der ganzen Ukraine getroffen, sie stellt eine grobe Verletzung der kirchlichen Rechtsbestimmungen dar, die es Bischöfen einer Ortskirche verbieten, in das innere Leben und die Angelegenheiten einer anderen Ortskirche einzugreifen (Zweites Ökumenisches Konzil, Kanon 2; Konzil ‚In Trullo‘, Kanon 20; Konzil von Antiochien, Kanon 13; Konzil von Sardica, Kanones 3, 11 und 12). Die Entscheidung widerspricht der bisher unveränderlichen Position des Patriarchats von Konstantinopel und von Patriarch Bartholomaios I. persönlich, der wiederholt festgestellt hat, dass er Metropolit Onufrij als das einzige kanonische Oberhaupt der orthodoxen Kirche in der Ukraine anerkennt.

Die Entscheidung des Patriarchats von Konstantinopel, die Prüfung der Frage der Gewährung der Autokephalie an ‚die orthodoxen Gläubigen der Ukraine‘ zuzulassen, wurde gegen den Willen des Episkopats der ukrainischen orthodoxen Kirche getroffen, der sich einstimmig für die Beibehaltung seines bisherigen Status ausgesprochen hat. Um die Einmischung in die Angelegenheiten einer anderen Ortskirche zu begründen, hat der Patriarch von Konstantinopel falsche Interpretationen historischer Fakten vorgelegt und sich dabei auf seine angeblichen außerordentlichen Befugnisse berufen, die er nicht hat und niemals hatte.

Diese Aktionen führen zu einem Stillstand in den Beziehungen zwischen der russischen Kirche und der Kirche von Konstantinopel und schaffen eine reale Gefahr für die Einheit der ganzen Weltorthodoxie. Der Heilige Synod der russisch-orthodoxen Kirche stellt fest, dass die volle Verantwortung für diese unkanonischen Aktionen persönlich bei Patriarch Bartholomaios und jenen Personen in der Kirche von Konstantinopel liegt, die diese Aktionen unterstützen. Die Reaktion des Moskauer Patriarchats wird zum ehestmöglichen Zeitpunkt erfolgen“.

Poroschenko „betet und hofft“

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte seinerseits am Samstag in einem Interview mit dem in Schytomir beheimateten TV-Sender „CK1“ erklärt, er bete und hoffe auf Gottes Gnade, dass die „Autokephale Orthodoxe Ukrainische Kirche“ auf Grund des „Tomos, den wir vom Ökumenischen Patriarchen erwarten“, ein weiterer Faktor „in der Einheit des Landes“ sein werde. Im Hinblick auf das Datum des „Tomos“ sagte Poroschenko, er habe viele Anstrengungen unternommen und unternehme sie weiterhin. Vor einem halben Jahr habe noch niemand geglaubt, dass man so nah an den „Tomos“ herankommen könne: „Die Ukraine kehrt zu ihrer Mutterkirche – dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel – zurück“.

Große Beachtung fanden die Worte des Präsidenten, dass man keine der bestehenden Kirchen in der Ukraine in die „Autokephale Ukrainische Kirche“ umwandeln werde: „Wir schaffen – oder besser gesagt, wir restaurieren – die ukrainische autokephale orthodoxe Kirche nach 300 Jahren, weil das eines der wichtigsten Attribute eines unabhängigen Staates ist“. Das entspreche voll den Kanones, den kirchenrechtlichen Vorschriften.

Wörtlich sagte Poroschenko abschließend: „Wenn wir beten und kämpfen, wird die Ukraine den ‚Tomos‘ und die Autokephale Orthodoxe Kirche früher erhalten als alle erwarten. Wie im Fall von NATO und EU werden wir Putin und Kyrill nicht um Erlaubnis fragen, wie wir beten sollen, welche Kirchen wir besuchen sollen, wohin wir gehen und wie wir leben sollen“.