Eines der Themen, die bei der Tagung „Schatz des Orients“ diskutiert wurden, ist Orthodoxes Religionsunterricht. Es gibt viele, oft kinderreiche Familien in den Orthodoxen Gemeinden. Der Religionsunterricht für die Kinder und Jugendlichen, das wurde rasch deutlich, ist ein großes Problem. In vielen Gemeinden gibt es deshalb Samstags- oder Sonntagsschulen. Pfarrer Dr. Diradur Sardaryan von der Armenischen Apostolische Kirche berichtete, dass es schwierig sei, die Kinder in den Samstagsschulen in Stuttgart, Göppingen, Karlsruhe, Kehl und Mannheim zu unterrichten, denn die etwa 5000 Armenier im Land kommen aus unterschiedlichen Diaspora-Ländern. Sie sprechen nicht mehr die gleiche Sprache und bringen einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund aus ihren Herkunftsländern mit. Jugendarbeit gibt es überhaupt erst seit einem Jahr; erstmals werden nun Jugendliche im Rahmen des Landesjugendplanes zu Jugendleitern ausgebildet. Pfarrer Ilya Limberger von der Russisch Orthodoxen Gemeinde in Stuttgart schilderte, dass Deutschland – nicht zuletzt durch die große Anzahl von Spätaussiedlern – eine größere russische Gemeinde hat als die USA. Bisher habe man eine Jugenddiözese aufgebaut, Freizeiten im Sommer und Winter organisiert, Theater, Tanz und Deutschkurse angeboten – und nicht zuletzt Mathematikkurse. Eine russisch-orthodoxe Jugendorganisation auf Bundesebene muss jedoch erst noch aufgebaut werden.
Seit mehr als zwei Jahren ist man dabei, in Baden-Württemberg orthodoxen Religionsunterricht einzuführen. Der Bildungsplan für alle Schularten ist fertig und vom Kultusministerium angenommen, seit Dezember 2016 gibt es offiziell orthodoxen Religionsunterricht – freilich bisher nur auf dem Papier. Denn ihn auch zu realisieren, ist noch nicht gelungen. Pfarrer Dr.Dr. Josef Önder von der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien, der im Hauptberuf als stellvertretender Rektor der Realschule von Eislingen/Fils tätig ist, erläuterte, dass die Kinder im Religionsunterricht offener nachfragen könnten als im Katechese-Unterricht der Gemeinden; angesichts der unterschiedlichen kulturellen Hintergründe gäbe es durchaus auch mal Spannungen bei Themen wie Freundschaft, Sexualität und Brauchtum.
Josephine Seel von der Koptisch-Orthodoxen Kirche in Heilbronn schilderte, dass ihre Söhne aus Mangel an Alternativen den katholischen Religionsunterricht besucht hätten; so ergehe es vielen Eltern. Einig waren sich die Praktiker, dass es angesichts der vielen unterschiedlichen Gemeinden sinnvoll wäre, einen einheitlichen orthodoxen Religionsunterricht anzubieten. Allerdings gibt es bisher nur eine einzige Einrichtung (in München), an der man orthodoxe Religion studieren kann. Es fehlt also auch an Lehrern.
Auf ökumenischer Ebene gibt es allerdings durchaus Bestrebungen, den Orthodoxen Kirchen zu helfen und sie zu unterstützen. So berichtete Professor h.c. Manfred Wagner vom Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung (i.R.) über seine langjährige Zusammenarbeit in sozialer Hinsicht und mit einem Stipendiaten-Programm. Pfarrer Dr. Uwe Gräbe schilderte seine ökumenischen Erfahrungen als ehemaliger Jerusalemer Propst.