Der Libanon trauert um Kardinal-Patriarch Nasrallah Boutros Sfeir

Der knapp vor seinem 99. Geburtstag verstorbene emeritierte maronitische Patriarch von Antiochien gehörte zu den Zentralgestalten der libanesischen Politik in den schwierigen Jahren des Bürgerkriegs

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Foto: © (Quelle: Wikimedia, Lizenz: GNU General Public License)

Beirut, 12.05.19 (poi) Der Libanon trauert um den knapp vor seinem 99. Geburtstag verstorbenen emeritierten maronitischen Patriarchen von Antiochien, Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir. Der Patriarch leitete von 1986 bis zu seinem altersbedingten Amtsverzicht 2011 die maronitische Kirche. Seit 2014 hatte sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. Zuletzt war er am 20. April öffentlich in Erscheinung getreten, als er – gemeinsam mit seinem Nachfolger, Kardinal Bechara Boutros Rai – anlässlich des Osterfestes Staatspräsident Michel Aoun empfing (der Präsident gehört der maronitischen Kirche an, der „Pacte national“ von 1943 sieht vor, dass der libanesische Staatschef immer ein Maronit sein muss).

Am 26. April musste sich Sfeir wegen einer Lungenentzündung in klinische Behandlung begeben. Nachfolgend erlitt er einen septischen Schock, von dem er sich nicht mehr erholte. Präsident Aoun erklärte zum Tod Sfeirs, der emeritierte Patriarch habe in seinen Stellungnahmen immer die Souveränität und die Unabhängigkeit des Libanons und die Würde seiner Bewohner verteidigt. Sfeir, am 15. Mai 1920 in dem Dorf Rayfoun nördlich von Beirut geboren, gehörte durch seine hartnäckige Opposition gegen den syrischen Einfluss im Libanon zu den treibenden Kräften der sogenannten Zedernrevolution, die 2005 den Abzug der syrischen Truppen erzwang. Im Hinblick darauf wurde er „der Patriarch der zweiten Unabhängigkeit“ genannt. 1989 gehörte er zu den Gestaltern des Abkommens von Taif, mit dem der libanesische Bürgerkrieg beendet wurde.

In Beirut verkündete Ministerpräsident Saad Hariri eine zweitägige Staatstrauer. Der Patriarch habe in einer „schwierigen Zeit für den Libanon“ Mut, Festigkeit und Leadership gezeigt, er sei ein „nationales Symbol“ geworden, betonte Hariri (der ein sunnitischer Muslim ist). Auch der drusische Fürst Walid Jumblat, der in der Zeit des Bürgerkriegs ein Gegner des Verstorbenen war, würdigte Sfeir als „Patriarchen der Versöhnung, der Nächstenliebe und des Friedens“. Der Patriarch hatte sich besonders für die Versöhnung zwischen Maroniten und Drusen eingesetzt. Kardinal Rai ordnete Trauer-Glockengeläut in allen maronitischen Gotteshäusern an. Vor wenigen Tagen hatte der Kardinal-Patriarch aufgrund des kritischen Zustands von Sfeir eine geplante Afrikareise verschoben (vor allem in französischsprachigen Ländern Afrikas gibt es eine große libanesische Diaspora).