Papst Franziskus gab jungem irakischem Christen Botschaft für die Jugend an Euphrat und Tigris mit

Der 26-jährige Safa al-Abbia hatte am Donnerstag die am meisten mit Applaus bedachte Rede bei der Bischofssynode über die Jugend gehalten – Beeindruckender Bericht über die vielen Märtyrer der letzten 15 Jahre im Zweistromland

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Foto: © Johannes Müller (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Vatikanstadt, 13.10.18 (poi) Papst Franziskus hat am Samstag einen jungen irakischen „Auditor“ bei der Jugend-Synode – Safa al-Abbia – überraschend in der Casa Santa Marta empfangen und ihm eine Botschaft für die jungen Christen im Irak mitgegeben. Der 26-jährige Zahnarzt Safa al-Abbia musste vorzeitig nach Hause zurückkehren, um seine krebskranke Mutter zu betreuen. Der junge Iraker – der Mitglied der chaldäisch-katholischen Kirche ist – hatte den Wunsch geäußert, vor seiner Abreise noch den Papst grüßen zu dürfen, Papst Franziskus stimmte sofort zu. Bei der besonders herzlichen Begegnung überreichte Franziskus dem jungen Iraker einen Rosenkranz für die Mutter und gab ihm eine Botschaft für die jungen Christen des Zweistromlandes mit: Er trage die jungen Christen an Euphrat und Tigris ständig im Herzen und sei sich ihres großen Leids bewusst. Zugleich ermutigte er die jungen Christen im Irak, Vertrauen in die Zukunft zu haben und sich durch die schmerzliche Vergangenheit und die harte Gegenwart nicht entmutigen zu lassen. Christus gehe mit ihnen. Zum Abschluss der Botschaft versichert der Papst die jungen Christen im Irak seiner Gebete und seines Segens. Die Fotos von der Begegnung des Papstes mit dem jungen Iraker wurden auf dem offiziellen Twitter-Account der Synode (@Synod2018) verbreitet.

Safa al-Abbia war am Donnerstag in der Synoden-Aula mit seinem Bericht über die vielen Märtyrer aufgefallen, die in den letzten 15 Jahren im Irak wegen ihres Glaubenszeugnisses für Christus den Tod erlitten haben. Für die irakische Jugend seien heute „der Frieden, die Stabilität und das Recht auf ein Leben in Würde“ die größten Herausforderungen. Abschließend rief der junge Iraker zum Gebet für alle Christen auf, die unter Verfolgung leiden, nicht nur im Irak. Und er brachte den Herzenswunsch vieler junger Christen an Euphrat und Tigris zum Ausdruck, „dass wir eines Tages den Papst bei uns, in unserer Heimat, sehen“. Nach Angaben von Synodenmitarbeitern war der Beitrag von Safa al-Abbia die am meisten mit Applaus bedachte Rede bei der Synode. Weihbischof Everardus de Jong aus dem niederländischen Roermond sagte im Gespräch mit Journalisten, er sei durch das persönliche Zeugnis des 26-jährigen Irakers so aufgewühlt worden, dass er sich spontan entschlossen habe, in Roermond eine Solidaritätsbewegung für die verfolgten Christen ins Leben zu rufen.

Im Gespräch mit „Vatican News“ sagte Safa al-Abbia, es sei ihm darum gegangen, darauf aufmerksam zu machen, dass es im Irak viele großartige junge Christen gibt, die trotz der „traurigen und oft erbärmlichen Lebensbedingungen“ einen „starken Glauben leben und bezeugen“. Was die jungen Christen im Irak wollten, sei einfach, „unter würdevollen Bedingungen“ in ihrem Land leben zu können. „Betet für uns, wir beten auch für euch“, appellierte Safa al-Abbia an die jungen Christen in den Ländern, in denen es keine Verfolgung gibt.

Auch ein weiterer junger Christ aus dem Irak – von dem die Nachrichtenagentur “Aleteia” nur den Vornamen Aziz angab – berichtete den Synodalen von seiner Flucht vor den IS-Terroristen. Aziz lebt heute in Frankreich, studiert und sagt, dass es ihm gelungen sei, den IS-Leuten zu vergeben. “Ich bin nicht hier, um euch schreckliche Geschehnisse zu erzählen, sondern um euch zu sagen, dass mich Jesus Christus gerettet hat”, stellte er fest.

Aziz hatte in einer Kleinstadt der Ninive-Ebene das Leben eines normalen 18-jährigen geführt, die Familie hatte ein Haus, er ging zur Schule und war ein guter Sportler. Dann kamen die IS-Terroristen, Militär und Polizei flüchteten; Aziz und seine Angehörigen wurden wie alle Christen vor die Alternative gestellt: Bekehrung zum Islam, Zahlung der Dschizya (Sondersteuer für Christen im klassischen Islam) oder Tod. Die Familie flüchtete nach Erbil, in die Hauptstadt der autonomen kurdischen Region. Die “Reise” dauerte zwölf Stunden statt der halben Stunde wie in normalen Zeiten. In der Synodenaula herrschte Schweigen und tiefe Betroffenheit, als der junge Christ berichtete, wie er die Angst der Leute miterlebte, die nicht nur alle Besitztümer, sondern auch alle Sicherheiten verloren hatten, das Weinen und die Verzweiflung der Vertriebenen und Flüchtlinge, die im Freien übernachten mussten.

In sehr berührender Weise schilderte Aziz, wie er zu verstehen begann, dass er sich nicht in das Leid vergraben dürfe, weil es sonst kein Weiterkommen gebe. Er begann an Jesus am Kreuz zu denken, wie es ihm ergangen ist: “Und dann habe ich mich ganz ihm anvertraut und beschlossen, dass ich diesen gegenwärtigen Augenblick für ihn leben werde”. Aziz kümmerte sich in der Folge um jesidische Jugendliche, die völlig traumatisiert waren, weil sie mitansehen hatten müssen, wie die IS-Terroristen in ihrem Heimatdorf die Männer töteten und die Frauen vergewaltigten. Der junge Christ tröstete seine jesidischen Alterskollegen und überwand so seine eigenen Sorgen.

Nach zwei Monaten beschlossen die Eltern von Aziz, dass die Familie nach Frankreich emigrieren sollte: “Die Franzosen haben uns aufgenommen und uns geholfen. Wir haben gespürt, dass es Gott selbst ist, der durch diese freundlichen Menschen wirkt”.

Im Orient wächst “Neues”

Im Hinblick auf diese Berichte junger orientalischer Christen in der Synodenaula widmet die katholische Nachrichtenagentur “AsiaNews” am 16. Oktober an ihrem römischen Sitz in der Via Barrili ihr diesjähriges Herbstsymposion den “Jungen Leuten, die Widerstand leisten”. All das, was im Westen an der Jugend von heute beklagt wird – Individualismus, Einsamkeit, komplettes Abtauchen in die virtuelle Welt – gebe es zwar im Orient auch. Aber es gebe dort – und in einigen anderen Weltgegenden – auch Situationen von Krieg, Unterentwicklung, Leben in Megastädten, wo “etwas Neues wächst, das vom christlichen Glauben gestärkt wird”. Dieses “Neue” aus dem Orient könne auch im Westen eine mitreißende Wirkung entfalten. Unter den Referenten ist auch ein chaldäisch-katholischer Priester aus der Ninive-Ebene, P. Paul Thabet Mekko, Pfarrer in Karamles.