Wieder orthodoxer Metropolit in Ankara

Patriarch Bartholomaios I. führt seine Politik des Wiederaufbaus der Eparchien im kleinasiatischen Raum konsequent weiter – Metropolit Elpidophoros würdigt „Wiederaufbau des gegenseitigen Vertrauens zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und den örtlichen türkischen Behörden und der lokalen muslimischen Bevölkerung“ in Kleinasien

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Foto: © Enpatrais (Quelle: Wikimedia; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International)

Konstantinopel-Ankara, 11.07.18 (poi) Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gibt es wieder einen orthodoxen Metropoliten von Ankara. Bei der Tagung des Heiligen Synods des Patriarchats von Konstantinopel, die am Dienstag unter dem Vorsitz des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. im Dreifaltigkeitskloster auf der Insel Chalki im Marmara-Meer stattfand, wurde der bisherige Metropolit der Schweiz, Jeremias Caligiorgis, einstimmig zum neuen orthodoxen Metropoliten der türkischen Hauptstadt gewählt. Als sein Nachfolger in der Schweiz wurde Archimandrit Maxime Pothos bestimmt. Der Archimandrit war bisher Generalvikar (Protosynkellos) in der Schweizer Metropolie.

Ankara (bis zum Ersten Weltkrieg international unter dem griechischen Namen Angora bekannt) war bis zum sogenannten „Bevölkerungsaustausch“ von 1923 eine sehr stark von griechischen und armenischen Christen bestimmte dynamische Handelsstadt mit einem intensiven Kulturleben (Symphonieorchester ab dem frühen 19. Jahrhundert). Der erst 1922 gewählte Angoraner Metropolit Konstantinos musste nach dem „Bevölkerungsaustausch“ in Konstantinopel Wohnung nehmen, wo er bis 1934 lebte.

In einem bemerkenswerten Interview hat der Metropolit von Bursa (Proussa), Elpidophoros (Lambriniadis), vor kurzem den Wiederaufbau der kleinasiatischen Eparchien des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel geschildert. Er sprach in diesem Zusammenhang ausdrücklich von einer „Renaissance des Christentums in der Türkei“. Dabei handle es sich um einen „historischen Erfolg“ von Patriarch Bartholomaios I., der sich als erster Patriarch nach der „großen Katastrophe“ von 1922/23 wieder dem Pontus, Kappadokien, Bithynien usw. zugewandt habe. Viele orthodoxe Christen aus Griechenland und der weltweiten Diaspora hätten Jahrzehnte hindurch Hemmungen und Ängste gehabt, die heiligen Stätten in Kleinasien zu besuchen. Erst Bartholomaios I. habe durch die Feier der Göttlichen Liturgie an bedeutenden Stätten Kleinasiens – von Soumela bis Myra – das Eis gebrochen.

 

2.000-Jahr-Feiern des Christentums

Metropolit Elpidophoros betonte, dass sich die „türkischen Mitbürger“ gegenüber dem Patriarchen, den ihn begleitenden Metropoliten und den Pilgern „sehr kooperativ, freundschaftlich und gastfreundlich“ erwiesen hätten. Auf diese Weise sei das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und den örtlichen türkischen Behörden, aber auch mit der lokalen muslimischen Bevölkerung wieder aufgebaut worden. Dieses Vertrauen habe heute das Niveau einer „ausgezeichneten Zusammenarbeit“ erreicht. Im Hinblick auf die bevorstehenden 2.000-Jahr-Feiern des Christentums habe der türkische Staat um die Zusammenarbeit des Patriarchats gebeten, um den „Pilgertourismus“ zu fördern. Denn das Gebiet der heutigen Türkei stelle ja die „Wiege des Christentums“ dar, erinnerte der Metropolit von Bursa. Hier habe der Heilige Paulus gepredigt, hier hätten die großen Kirchenväter wie der Heilige Johannes Chrysostomos und andere gewirkt, hier habe der Heilige Nikolaus gelebt. Es gebe eine „ungeheure Schar“ von Märtyrern und Heiligen aus Kleinasien, einem seit der Antike mehrheitlich christlichem Gebiet. Daher sei es vom spirituellen und kirchlichen Standpunkt her sehr wichtig, die Verbindung mit dieser „Wiege des Christentums“ zu erneuern.

Zugleich machte Metropolit Elpidophoros darauf aufmerksam, dass die Türkei ein bevorzugtes Einwanderungsland für slawische, rumänische und georgische Christen sei. Viele Christen kämen durch die gemischten Eheschließungen oder aus beruflichen Gründen in das Land. Daher formiere sich auf dem Gebiet von Eparchien, die nach dem „Bevölkerungsaustausch“ verwaist waren, wieder eine „christliche Herde“. Zuerst habe sich dieses Phänomen in Antalya (griechisch, italienisch: Adalia) gezeigt. Metropolit Sotirios (Trambas), der viele Jahre in Südkorea tätig war, sei 2008 in Pension gegangen und zum Titularmetropoliten von Pisidien ernannt worden. In Antalya stellte er fest, dass dort mindestens 15.000 Russen, Ukrainer usw. mit türkischer Staatsbürgerschaft leben, die durchaus pastorales, liturgisches, sakramentales Interesse hatten. Also kaufte er eine seit 1923 verlassene orthodoxe Kirche in Antalya (später auch eine in Alanya), ließ sie restaurieren und begann das seit Jahrzehnten erloschene kirchliche Leben wiederaufzubauen.

Der Metropolit von Bursa hat auch in seiner Stadt eine ähnliche Politik verfolgt. Heute gibt es in Bursa (bis 1923 eine Stadt mit orthodoxer Bevölkerungsmehrheit) rund 1.000 Familien, die zur Gemeinde des Metropoliten zählen. Bei den meisten handelt es sich um Zuwanderer aus dem russisch-ukrainischen Raum, die hierher geheiratet oder eine Arbeitsstelle angenommen haben. Metropolit Elpidophoros erwarb käuflich zwei frühere orthodoxe Kirchen – die Kirche in Sigi und die berühmte Kirche der Gottesmutter „Pantovasilissa“ in Triglia. Die Restaurierung der Kirchen und eines Pfarrhauses ist im Gang. Schon jetzt wird immer wieder die Göttliche Liturgie gefeiert, es gibt Taufen, Hochzeiten usw.

Insgesamt stellte Metropolit Elpidophoros in dem Interview mit einem griechischen Journalisten fest, man müsse zugeben, dass die Minderheiten unter Recep T. Erdogan besser leben als je zuvor. Zum ersten Mal würden Angehörige der Minderheiten als gleichberechtigte Staatsbürger angesehen. Der Ökumenische Patriarch werde – ebenso wie die anderen Kirchenoberhäupter – von den Behörden respektiert. Natürlich gebe es immer noch vieles, das zu verbessern sei, betonte der Metropolit, „aber als Menschen der Kirche müssen wir objektiv und gerecht sein, wir dürfen nicht nur unsere Beschwerden zum Ausdruck bringen und Wiedergutmachung der Ungerechtigkeiten verlangen, wir müssen auch die positiven Schritte in die richtige Richtung anerkennen“.

Zur jüngsten Amtseinführung von Präsident Erdogan am 9. Juli war der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. offiziell eingeladen. Bartholomaios I. saß beim Festakt mit dem Leiter des „Diyanet“, dem „Locum tenens“ des armenisch-apostolischen Patriarchats und dem jüdischen Oberrabbiner in der ersten Reihe.