Kairo-Wien, 30.07.18 (poi) Tiefe Betroffenheit herrscht bei der Stiftung „Pro Oriente“ über die Ermordung des Abtes des St. Makarios-Kloster im Wadi Natrun, Bischof Epiphanios. Der Bischof war seit heuer Mitglied der neuen „Pro Oriente“-„Commission for Ecumenical Encounter between the Catholic Church and the Oriental Orthodox Churches“ (CEE), die vom Salzburger Ostkirchen-Experten Prof. Dietmar W. Winkler geleitet wird. Bereits früher hatte sich Bischof Epiphanios am inoffiziellen ökumenischen Dialog von „Pro Oriente“ beteiligt. Als Abt von Der Anba Maqar (so der Name des Klosters auf arabisch) kam der 1954 geborene Epiphanios aus der Schule des berühmten Mönchs Matta al-Maskin (Matthäus der Arme), der eine von Mönchen getragene kirchliche Erneuerungsbewegung initiiert hatte und weltweit bekannt war – auch als geistlicher Schriftsteller (etwa mit seinem Werk „Die Erfahrung Gottes im Leben des Gebets“.
Die Leiche des Abtes wurde am Sonntag in den frühen Morgenstunden von den Mönchen von St. Makarios in einer Blutlache entdeckt; Bischof Epiphanios war offenbar auf dem Weg von seiner Zelle zur Klosterkirche, wo er am Mitternachtsgebet teilnehmen wollte, überfallen und erschlagen worden. Die ägyptischen Sicherheits- und Justizbehörden haben umfangreiche Erhebungen eingeleitet; derzeit gibt es noch keine greifbaren Ergebnisse und auch keine Hypothesen über die Täterschaft. Der koptisch-orthodoxe Papst-Patriarch Tawadros II. würdigte den ermordeten Bischof als „bescheidenen und sanftmütigen Mönch und Gelehrten“ und sprach der Klostergemeinschaft sein tief empfundenes Beileid aus.
Durch die Gestalt von Matta al-Maskin hat das Kloster St. Makarios, das auf das 4. Jahrhundert zurückgeht, für die koptische Kirche besondere Bedeutung, wenngleich es unter dem früheren Patriarchen Schenuda III. Spannungen zwischen der Kirchenleitung und dem charismatischen Mönch gab. Matta al-Maskin (1919-2006) war ursprünglich ein erfolgreicher Apotheker. Beeindruckt von der Begegnung mit dem aus Äthiopien stammenden Asketen Abd-al-Masih al-Habashi entschloss er sich 1948, Mönch zu werden. Er trat in das Kloster Der Anba Samuel in Mittelägypten ein, später wechselte er in das Kloster Der al-Surian im Wadi Natrun. 1960 ging er mit elf jungen, akademisch gebildeten Mönchen in die Einsamkeit des Wadi al-Rayan, wo sie ein streng asketisches Leben nach dem Vorbild spätantiker Wüstenmönche führten. 1969 entsandte der damalige Patriarch Kyrollos den Mönch und seine Mitbrüder in das kirchengeschichtlich bedeutende, zum damaligen Zeitpunkt aber nur noch von wenigen Mönchen besiedelte Makarios-Kloster. Matta, der sich jetzt al-Maskin („der Arme“) nannte, widmete sich dem Wiederaufbau der Klosteranlage und der Revitalisierung der Mönchsgemeinschaft. Die Zahl der Mönche im Der Anba Maqar stieg in den Folgejahren auf rund 130 an, ausnahmslos alle akademisch gebildet, das Leben im Makarios-Kloster ist geprägt durch die harmonische Verbindung von Gebet und Liturgie mit händischer und geistiger Arbeit. Für die wirtschaftliche Grundlage sorgt eine entwickelte Landwirtschaft; besondere Bedeutung hat das im Makarios-Kloster beheimatete Schriftenapostolat.
Bischof Epiphanios gewann durch seine offene und bescheidene Art in der „Commission for Ecumenical Encounter between the Catholic Church and the Oriental Orthodox Churches“ (CEE) viele Sympathien. Die Kommission wurde im November 2015 begründet, um dem inoffiziellen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen neuen Auftrieb zu geben. Dieser Dialog bildete ab 1970/71 einen Hauptakzent der Arbeit von „Pro Oriente“. Insbesondere die fünf „Wiener Konsultationen“ (1971, 1973, 1976, 1978, 1988) führten zu einer Annäherung zwischen katholischer Kirche und orientalisch-orthodoxer Kirchenfamilie. Eine besondere Rolle spielte die bei der Konsultation von 1971 entwickelte „Wiener Christologische Formel“, die vielen gemeinsamen Erklärungen von Päpsten und Patriarchen als Basis diente. Durch die Überwindung von terminologischen und kulturell-politisch bedingten Missverständnissen konnte der Versöhnung zwischen römisch-katholischer Kirche und orientalisch-orthodoxen Kirchen ein Weg gebahnt werden. Studienseminare und Regionalsymposien (u.a. im Wadi Natrun, in Kerala und im libanesischen Kaslik) dienten der Weiterarbeit an den Themen der Konsultationen und der Rezeption der Ergebnisse. Von 1988 bis 1997 sorgte ein „Standing Committee“ für die Weiterführung des inoffiziellen Dialogs zwischen römisch-katholischen und orientalisch-orthodoxen Theologen.
Ab 1997 wurde der Dialog aber ausgesetzt; Gründe waren zwischenkirchliche Spannungen, aber auch der Beginn des offiziellen Dialogs zwischen römisch-katholischer Kirche und den orientalisch-orthodoxen Kirchen ab 2004. Mit dem Beginn dieses offiziellen Dialogs gingen manche Verantwortungsträger in den Kirchen davon aus, dass ein inoffizieller Dialog nicht länger von Nöten sei. „Dass dem nicht so ist, zeigt der zaghafte Fortschritt des offiziellen Dialogs. Auch wenn die Vertrauensbasis und das Klima unter den teilnehmenden Kirchen an diesem offiziellen Dialog ausgesprochen positiv ist, so wird dennoch kein wirklicher Neuansatz gewagt, vielmehr werden Ergebnisse der siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts wiederholt und gefestigt. Gerade hier bedarf es der effektiven Unterstützung seitens eines wagemutigen inoffiziellen Dialogs“, betont Prof. Winkler. Mit der neukonstituierten Kommission möchte „Pro Oriente“„frischen Ideen und einem jugendlichen Geist“ Raum schaffen. Der offizielle Dialog soll durch die Kommission begleitet und unterstützt werden. Insbesondere werden drei Ziele angestrebt: 1. Reflexion über die Resultate des offiziellen Dialogs, um sie in den Kirchen stärker zu verbreiten, 2. Studium der nichttheologischen Faktoren, die eine Annäherung der Kirchen bremsen, auch im Zusammenhang mit Diaspora, Migration und Integration, 3. Vorbereitung der nachwachsenden Generationen für den ökumenischen Dialog.