Kardinalspurpur für den chaldäischen Patriarchen Mar Louis Raphael Sako

Papst Franziskus wird den Patriarchen am 29. Juni zusammen mit 13 anderen Bischöfen zum Kardinal kreieren – Der Patriarch ist ein Freund Österreichs

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Foto ©: Mar Louis Raphael I Sako / Facebook

Vatikanstadt, 20.05.18 (poi) Eine der Zentralgestalten der orientalischen Christenheit, der chaldäisch-katholische Patriarch Mar Louis Raphael Sako, wird mit dem Kardinalspurpur ausgezeichnet. Papst Franziskus verkündete am Pfingstsonntag beim „Regina Coeli“-Gebet, dass er am 29. Juni – dem Fest der Heiligen Petrus und Paulus, der Patrone der Kirche von Rom – 14 neue Kardinäle kreieren wird. Als ersten nannte der Papst Mar Louis Raphael Sako.

Louis Raphael Sako wurde am 4. Juli 1948 in Zakho geboren (das Haus der Familie steht aber im schwer mitgenommenen Mosul). In Mosul absolvierte Sako das Seminar St. Jean, das von den irakischen Dominikanern geleitet wurde. 1974 wurde er zum Priester geweiht, bis 1979 war er als Seelsorger an der chaldäischen Kathedrale in Mosul tätig. Er studierte in Rom am Päpstlichen Orientalischen Institut und in Paris an der Sorbonne. In Rom promovierte er in orientalischer Patristik, in Paris in Geschichte. Außerdem schloss er ein Studium der Islamwissenschaft mit dem Lizenziat ab.

Von 1997 bis 2002 war er Rektor am Patriarchalseminar in Bagdad. Dann kehrte er nach Mosul zurück, wo er die Pfarre an der Kirche der Gottesmutter von der Immerwährenden Hilfe leitete. 2002 wurde er zum Erzbischof der Erdölmetropole Kirkuk erwählt, die päpstliche Bestätigung erfolgte wegen des Irak-Krieges erst ein Jahr später Die Bischofsweihe fand am 14. November 2003 statt. Hauptkonsekrator war sein Amtsvorgänger in Kirkuk, Erzbischof Andre Sana, Mitkonsekratoren waren Bischof Shlemon Warduni und der später von Islamisten ermordete Erzbischof von Mosul, Paulos Faraj Rahho.

In Kirkuk entfaltete Mar Louis Raphael Sako eine intensive Tätigkeit. Dabei ging es ihm einerseits darum, den Zusammenhalt der nach dem US-geführten westlichen Einmarsch im Irak schwer bedrängten Christen zu stärken und andererseits in der seit jeher multikonfessionellen und multiethnischen Erdölmetropole für das friedliche Zusammenleben zu werben. Er war u.a. auch Vizepräsident des Provinzrates von Kirkuk.

Zu Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan im August 2009 formulierte Sako zusammen mit anderen religiösen Führungspersönlichkeiten einen Aufruf für Frieden, Versöhnung und ein Ende der Gewalt: „Wir sind alle Brüder, Söhne des gleichen Gottes, wir müssen uns gegenseitig respektieren und zusammenarbeiten für das Wohl der Menschen und das Wohl unseres Landes. Der Irak braucht Versöhnung und Dialog“. Im Jahr 2010 erhielt Sako den Friedenspreis der internationalen katholischen Friedensbewegung „Pax Christi“ für seine interreligiöse Friedensarbeit in Kirkuk.

Am 31. Jänner 2013 wurde er in Rom nach dem Rücktritt des chaldäischen Patriarchen und Kardinals Emmanuel III. Delly von der Synode der chaldäischen Bischöfe zum neuen Patriarchen gewählt. Bereits am nächsten Tag, am 1. Februar 2013, publizierte Papst Benedikt XVI. die „ecclesiastica communio“ (Erklärung der kirchlichen Gemeinschaft) mit dem neuen Patriarchen.

Als Patriarch tritt Mar Louis Raphael Sako immer wieder durch energische Stellungnahmen zur politischen Situation im Irak und im ganzen Nahen Osten hervor. Vor allem aber verteidigt er das Lebensrecht der Christen, die in Mesopotamien eine 2.000-jährige Tradition haben, gegen die Mordkampagnen der Islamisten. Die große Bewährungsprobe kam, als die IS-Terroristen 2014 die christliche Bevölkerung aus Mosul und aus der Ninive-Ebene vertrieben (in Mosul hatte der Exodus der Christen bereits 2008 eingesetzt, als Islamisten unter den Augen der US-amerikanischen Besatzer und der irakischen Regierungsvertreter systematischen Terror gegen die Christen entfalteten). Es ist dem Patriarchen zu verdanken, dass die irakische Christenheit unter dem Terror der Islamisten nicht zusammengebrochen ist. Mar Louis Raphael Sako verfolgt ein klares politisches Ziel: Den Aufbau eines demokratischen Staatswesens, in dem alle Bürger gleiche Rechte und gleiche Pflichten haben. Seine Handschrift trägt auch die „Vienna Declaration“ des KAICIID-Dialogzentrums vom 29. November 2014 („United Against Violence in the Name of Religion“).

Mar Louis Raphael Sako, der neben Arabisch und Aramäisch zehn Sprachen, u.a. Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch spricht, hat seit vielen Jahren enge Beziehungen zu Österreich, insbesondere zu Kardinal Christoph Schönborn, zum Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer, zum Salzburger Ostkirchenfachmann Prof. Dietmar Winkler, zu „Pro Oriente“, „Christian Solidarity“-Österreich, zur „Initiative Christlicher Orient“ (ICO), zur „Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände“ (AKV) usw.  2016 brachte die Wiener Journalistin Pia de Simony ein Interviewbuch mit Patriarch Sako heraus.

2017 überreichte Bischof Scheuer in seiner Eigenschaft als Präsident der Kardinal-König-Stiftung dem Patriarchen bei einer Solidaritätsreise in Erbil den „Kardinal-König-Ehrenpreis“. Er wurde dem Patriarchen „in Würdigung seines Einsatzes für die Bürgerrechte der Christen im Nahen Osten und für Versöhnung und Dialog“ zuerkannt.

Die chaldäische Gemeinde in Wien ist dem Patriarchen ein besonderes Anliegen. Als er 2013 zum Patriarchen gewählt wurde, reiste er zunächst nach Wien und fuhr direkt vom Flughafen zur Pfarrkirche St. Benedikt am Leberberg, um mit der chaldäischen Gemeinde die Liturgie zu feiern.